13.12.2020 (Lukas 1, 67-79): Ritus - Benedictus

67    Sein Vater Zacharias wurde mit dem Heiligen Geist erfüllt und begann als Prophet zu sprechen:

68    "Gepriesen sei der Herr, Israels Gott! / Er hat sein Volk wieder beachtet / und ihm die Erlösung gebracht:

69    Aus Davids Geschlecht ging ein Starker hervor, / ein Retter aus dem Haus seines Dieners.

70    So hat er es uns vor sehr langer Zeit / durch heilige Propheten gesagt.

71    Er ist die Rettung vor unseren Feinden, / vor unserer Hasser Gewalt.

72    So zeigte sich sein Erbarmen an uns, / das er schon unseren Vätern erwies, / so bestätigte er seinen heiligen Bund

73    und den Eid, den er unserem Stammvater Abraham schwor.

74    Befreit aus der Hand unserer Feinde / dürfen wir ihm nun ohne Furcht dienen,

75    in Heiligkeit und Gerechtigkeit, / so lange wir am Leben sind.

76    Und du, mein Kind, wirst ein Prophet des Höchsten sein, / ein Wegbereiter des Herrn.

77    Du wirst sein Volk zur Einsicht bringen, / dass die Vergebung der Schuld ihre Rettung ist.

78    Weil unser Gott voller Barmherzigkeit ist, / kommt das Licht des Himmels zu uns.

79     Es wird denen leuchten, / die im Finstern sitzen und in Furcht vor dem Tod, / und uns wird es leiten, / den Weg des Friedens zu gehen."

 

 

1.       Einleitung

Und – Wie ist das gerade mit dem Willkommen und dem Besuch?

Können Sie Menschen aktuell unter den Bedingungen freudig begrüßen, einladen und als willkommene Besucher hereinbitten?

Oder haben Sie sich mit Corona in eine Burg zu Hause verwandelt?

My home is my castle – Mein Zuhause ist meine Burg. Da meint man doch, dass der Erfindung Coronageschädigt war oder?

Bestimmt die Angst vor diesem Virus unser Leben und vielleicht aus sogar unseren Glauben? Sehen wir die Angst mehr, stärker und tatkräftiger an als die Hoffnung in Christus.

2.       Predigttext

Der heutige Predigttext ist der Text des Evangeliums.

Dieser Text ist eines der drei Lieder, Hymnen oder lateinisch cantica aus dem Lukasevangelium. Die drei Lieder, Lobgesänge – also der Maria (dem Magnificat – Lukas 1, 46-55 in der Vesper [Abendgebet]), und des Zacharias (unserem heutigen Benedictus – Lukas 1, 68-79 in den Laudes [Morgengebeten]) und des Simeon (dem Nunc dimittis – Lukas 2, 29-32 in der Komplet [Nachtgebet]) sind Teile der Stundengebete. Mit diesen alltäglichen Gebeten, dies sowohl im Orthodoxen, Katholischen, Anglikanischen als auch Protestantischen gibt, wird der Tag mit einer Liturgie der Andacht gedacht.

Das Benedictus (nach dem lateinischen Anfangswort des heutigen Textes im Vers 68 (Benedictus Dominus Deus Israel, quia visitavit et fecit redemptionem plebi suae) oder zu deutsch nach Luther: „Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk“ oder im Original als o altgriechisch:

/ [Lautsprache: Eulogētos Kyrios ho Theos tou Israēl hoti epeskepsato kai epoiēsen lytrōsin laō autou].

Wenn ich dies bewusst in drei Sprachen und Sprachformen gesprochen haben, soll dies deutlich machen, wie wenig „verständlich“ im rationalen Sinne dieser Lobgesang des Vaters von Johannes dem Täufer, also dem Zacharia, ist.

Auch wenn wir heute im Evangelischen diesen Tages-Ritus kaum noch pflegen und häufig unser Morgen und Abendgebet - nach Luther – schon kaum hinbekommen (auch wenn das Bettgebet [Komplett] wir noch gelernt habe), sind derartige wiederkehrende, alltägliche Riten ein wesentlicher Bestandteil menschlicher Existenz; meist ohne christlichen Bezug.

Häufig haben sich heute alltägliche Riten sich in unser Leben eingewöhnt, damit wir ein Gefühl der Sicherheit bekommen. Die Zeitung beim morgendlichen Kaffee, die immer gleichen Bewegungen im Bad, die Riten beim Gang, Fahrt zur Arbeit, der obligatorische Kaffeebecher, das Morgen-Müsli oder Platz beim Mittagessen. Oder auch die Struktur wie ich mit dem Einkaufswagen durch den Laden fahre, geregelte Essens- oder Ruhezeiten, das Herauslegen von Kleidung vorab oder der Gang ins Bett.

Der heutige Predigttext ist zu einem solchen Ritus geworden. Als Teil des morgendliche Gebetes, um Gott zu preisen, gilt als Einstieg in den regulären Tag.

Bleiben wir realistisch. Die wenigsten werden diesen Hymnus singen, wenn überhaupt - ein aktuelles Song, Hit eher nur hören, der einem in den Tag hinein begleiten soll. Wann singen wir? Wann singen wir überhaupt noch? Wann drücken wir unser Lob, unsere Freude in einem Lobgesang aus? Besser noch: Wann loben wir überhaupt noch?

3.       Christus - das Lob Gottes an uns

Als Christen erhalten wir unser Lob zugesprochen. Ja, Gott lobt uns, weil wir so sind wie wir sind. Mit allen Mängeln, Schrullen oder Sünden; also jenen hilflosen Versuchen, mit dem verstand unseren instinkt nach Angst, Wut, Hass, Liebe, Zuneigung, Einsamkeit in den Griff zu bekommen.

Eigentlich wissen wir, dass das nicht gelingen wird. Immer wieder verfallen wir in eine Schockstarre der eigenen Unfähigkeit mit verstand und Sinnhaftigkeit die eigenen inneren Wünsche und Triebe zu bändigen.

Corona ist dabei ein Zeichen der Anfechtung, im Guten wie im Bösen.

Ängste die uns lähmen, Triebe, die uns raustreten lassen und nach Freiheit streben.

Die Antwort im Benedictus ist einfach: Es geht um den Besuch Gottes bei seinen Menschen unter der neuen Bedingung des Evangeliums.

Im Alten Testament ist der Besuch Gottes häufig als Gerichtsverhandlung erfolgt oder Gott in seiner Funktion als Richter beschrieben. Gott greift ein als Katastrophe: um die Sintflut zu bringen, die Plagen gegen Ägypten, gegen Israel durch die Assyrer oder durch den babylonischen Nebukadnezar als Bestrafung für Abfall des Hauses Juda oder auch durch den persischen König Kyros um die babylonische Gefangenschaft zu beenden.

Im neuen Testament – also unter Evangeliums Bedingungen, nicht unter Corona Bedingungen - wird der Besuch Gottes vom Richteramt zu Gnaden- und Erlösungsamt umgedreht. Statt Bewertung, Zurechtstutzen, Einsperren und Bestrafung erfolgt nun die gnädige Erlösung durch Christus, in dem diese selbst das Lösegeld für die Erlösung selbst ist.

Und wenn wir dieses Lösegeld für uns annehmen, dann wird Heil und Gnade zugesprochen. Diese Annahme lässt Lob, Dank, Gnade entstehen.

4.       Heute

Also, wann habe ich das letzte Mal überschwänglich diese Erfahrung in einem Lob ausgesprochen. Wann Du oder Sie?

ja, haben Sie das letzte Mal Lob überschwänglich ausgesprochen? Über ein gutes Essen, einen guten Tag, eine tolle Aufmerksamkeit. Wann ist – und das ist die Frage am heutigen dritten Advent unser Lob mehr als nur ein fades „DANKE! [Hart gesprochen] gewesen.

DANKE für den heutigen Tag. Danke für mein Leben. Danke für meine Kinder, Eltern, Partner, Freunde. Danke für das Internet in Corona-Zeiten. Danke für meine Gesundheit oder Menschen, die mir beistehen. Danke einfach mit einer der Sprach nach sinnhaften Ernsthaftigkeit.

Und betrachtet man gerade die Hektik des Corona Advents oder Weihnachtszeit im Jahr 2020. Wisst ihr was? Wir brauchen gar keine Kommerzialisierung von Weihnachten durch Einkäufe, Weihnachtsmärkte oder die vielen Weihnachtsfeiern im Dezember. Wir schaffen es sogar OHNE das ALLES uns völlig verrückt zu machen, in dem wir uns nicht mehr einfach auf uns selbst, den Alltag besinnen. Gerade dann – so scheint es gerade - verfallen wir in eine noch viel schlimmere Hektik als wenn es kein Corona gäbe oder. Lockdown light, hart, mit oder ohne Ausgangssperre.

Ausgangssperre – gerade im Kreis Groß-Gerau vom 11.12.2020 ab 21 Uhr bis morgens um 5 Uhr. Wann hatten wir in Deutschland die letzten Ausgangssperren vor Corona. Das muss so im während oder nach dem zweiten Weltkrieg gewesen sein oder?

Ausgangssperre. Ausgangssperre als deutliches Sinnbild, dass der Alltag kein Alltag ist vor allem kein nächtlicher Alltag.

Das Benedictus will Alltagstauglichkeit hervorrufen und macht dagegen eine wichtige Positive aussagen. Gott besucht uns, um uns zu erlösen; nicht um uns zu richten. Das ist die Botschaft. Und ja – as sollten wir loben auch besingen! Jeden Tag. Vielleicht so.

Lied Pentatonix: God rest ye merry gentlemen (2:40) => AMEN.

Amen.