12.07.2020 (Lukas 5, 1-11): Das Netz des Vertrauens

Lukas 5, 1-11 (Luther 2017 Lukas 5, 1-11 (Neue evangelistische Übersetzung)

1 Es begab sich aber, als sich die Menge zu ihm drängte, zu hören das Wort Gottes, da stand er am See Genezareth.
2 Und er sah zwei Boote am Ufer liegen; die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze.
3 Da stieg er in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Und er setzte sich und lehrte die Menge vom Boot aus.
4 Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: Fahre hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!
5 Und Simon antwortete und sprach: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen; aber auf dein Wort hin will ich die Netze auswerfen.
6 Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische und ihre Netze begannen zu reißen.
7 Und sie winkten ihren Gefährten, die im andern Boot waren, sie sollten kommen und ihnen ziehen helfen. Und sie kamen und füllten beide Boote voll, sodass sie fast sanken.
8 Da Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch.
9 Denn ein Schrecken hatte ihn erfasst und alle, die mit ihm waren, über diesen Fang, den sie miteinander getan hatten,
10 ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen.
11 Und sie brachten die Boote ans Land und verließen alles und folgten ihm nach.

1 Eines Tages stand Jesus am Ufer des Sees Gennesaret. Die Menschen drängten sich um ihn und wollten das Wort Gottes hören.

2 Da bemerkte er zwei Boote am Ufer. Die Fischer waren ausgestiegen und reinigten ihre Netze.

3 Jesus stieg in eins der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück auf den See hinauszufahren. So konnte er sich setzen und die Menge vom Boot aus unterweisen.

4 Als er aufgehört hatte zu reden, sagte er zu Simon: "Fahr hinaus auf den See und wirf mit deinen Leuten die Netze zum Fang aus!"

5 "Aber Rabbi", wandte Simon ein, "wir haben uns die ganze Nacht abgemüht und nichts gefangen. Doch weil du es sagst, will ich die Netze noch einmal auswerfen."

6 Als sie es dann getan hatten, umschlossen sie eine solche Menge Fische, dass die Netze zu reißen begannen.

7 Deshalb winkten sie ihren Mitarbeitern im anderen Boot, sie sollten kommen und ihnen helfen. Zusammen füllten sie beide Boote bis zum Rand, sodass sie fast sanken.

8 Als Simon Petrus das sah, kniete er sich vor Jesus hin und sagte: "Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch!"

9 Denn er und seine Begleiter waren tief erschrocken, weil sie einen solchen Fang gemacht hatten.

10 Und genauso ging es Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Doch Jesus sagte zu Simon: "Du musst dich nicht fürchten. Von jetzt an wirst du ein Menschenfischer sein."

11 Dann zogen sie die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten Jesus.

Gottesdienstblatt mit Umschlagsbild als PDF

Umschlagsbild

Bild aus der Netzwerkanalyse der EKD Studie V. KMU (Vernetzte Vielfalt, Gütersloh 2015, 387),
Kirchliche Netzwerkanalyse einer ev. Kirchengemeinde in einer mittelgroßen Stadt Deutschlands)


 

1.       Einleitung

Wenn Sie nun bitte mal auf das Umschlagsbild der heutigen Gottesdienstblattes schauen, sehen Sie auf eine Kirchengemeinde, ja Kirchengemeinde.

Wenn sie gar nichts sehen oder ihnen ganz psychedelisch wird und sie sich an die Erfahrungen aus der Jugend mit allen möglichen Berauschungsmitteln erinnern oder auch nicht, dann sind sie hier und heute genau richtig.

Und nein, wenn Sie gar nichts sehen, müssen Sie auch nicht gerade mit Corona Viren infiziert sein, sondern das Bild ist nur ungewöhnlich.

Es ist eine Netzwerkanalyse aus dem Jahre 2014. Es ist die erste jemals in der größte vorgenommene Analyse wie Menschen einer Kirchengemeinde miteinander in Beziehung stehen.

Netzwerke, dass sind – so diese Untersuchung – soziale Beziehungen von Menschen zueinander; am Beispiel einer angeblich exemplarischen Kirchengemeinde einer Mittelgroßen Stadt in Deutschland.

Ziel war es herauszubekommen wie und wie intensiv Mitglieder der Kirchengemeinde mit der Kirchengemeinde in Kontakt stehen; also mit dem was die Kirchengemeinde an Gruppen oder Angeboten oder Personen oder was auch immer anbietet.

Wenn Sie sich das Gewusel genauer ansehen, so fällt zumindest auf, dass dieses künstlich erzeugte Netzwerkbild einen Kern von Beziehungen hat. Dabei werden (links unten) vier Beziehungsgruppen oder – Personen erfasst: 1. Pfarrer und kirchliche Mitarbeiter (grünes Gewusel in der Mitte untendrunter), 2. DENSE (also die dichte) Vernetzung hier sind das die Mitarbeitenden in der Regel untereinander (192 an der Zahl und mit Blau dargestellt; ich nenne das ja die Nester der Kirchengemeinde), 3. Die weiteren Beziehungsgeflechte (die sich orange an den Rand der Kerngemeinde und deren Nester bewegen) und 4. die anderen, sonstigen Beziehungen, die auch aber überhaupt nicht mit dem Kern der Kirchengemeinde verbinden und selbst eigene Lebensbeziehungswelten jenseits der Kirchengemeinde etablieren; aber Kirchenmitglieder sind.

Insgesamt wurde von 2200 Gemeindegliedern dann 1396 Befragt, interviewt und hier ausgewertet. Eine gigantische Analyse, weil in dieser 5. Kirchlichen Mitgliedschaftsuntersuchung nun auch das Beziehungsgeflecht, das Netz des Evangelischen deutlich gemacht werden sollten.

Kurz: Wie stabil oder löchrig ist das Netz des Vertrauens in seine evangelische Kirchengemeinde? Und wo sind die Knoten, die Kernbeziehungspunkte oder HUBs (engl. Für Nabe, Knotenpunkt), wie man das heute nennt?

2.       Bibeltext

Der heutige Predigttext beschreibt auch ein Netz von Verpflechtungen, die Jesus knüpft mit der Berufung der ersten Jünger; also Simon, mit dem späteren Beinamen Petrus, und die zebedäischen Brüder Jakobus und Johannes. Also eine illustre Skatrunde, die nun mit ihren Fischernetzen was anderes fangen sollen. Fangen mit einem Netz.

Ich hatte es schon mal ausgeführt. Mit dem Netz fangen bedeutet, dass sich Fische im Netz verheddern durch die Bewegungen und damit sich selbst einfangen lassen.

Dass sollen die drei Jungs nun auch für Jesus machen.

Und Sie tun es auch, weil scheinbar das Erlebnis mit Jesus im Boot so lebensumwerfend war, dass sie ihr bisherigen Leben umwarfen und ein Neues leben an der Seite Jesu begangen.

Es sind die ersten Jünger Jesu. Zuhause in Nazareth war er nicht erfolgreich, man wollte ihn in Kapernaum sogar töten. Hier nun auch dem Weg fern der Heimat findet er Zuhörer, die auch den Zeitpunkt der Lebensveränderung wahrnehmen.

Das Wunder des Fischzugs kombiniert sich mit der Berufung, also der Ansage zu Folgen und vor allem der Offenbarung in dieser heutigen Geschichte bei Lukas. Die Fülle der Erlebnisse mit Jesus auf dem Boot lassen die drei Bootsfahrer und Berufsfischer Jakobus, Johannes und Simon eine Offenbarung zuteil werden, die so unbeschreiblich ist, dass Sie mit Jesus aufbrechen müssen.

Das Wunder (wie bei allem Wundern) ist nur ein weltliche Verschiebung bisheriger Sichtweisen (hier der traditionellen Art des Fischfangs), die Berufung ein persönlicher Akt der Bekenntnissituation, ob das Leben so wie bisher weitertrotten sollen oder ob man in dem eigenen Leben noch etwas besonders erleben kann und damit Leben in einer bisher unvergleichlichen Weise durch seinen eigenen Körper strömen lassen will.

3.       Jesus ist der Messias

Es ist die Offenbarung die die Augen für das Leben und für die Zukunft öffnet. Diese Offenbarung lautet ganz einfach: Er ist es. Jesus ist der von Gott berufene Heilsbringer, der Messias, der das Leben aller Menschen von Alltag auf Zukunft umstellt. Von Alltag auf Zukunft.

Wir als Christen beschreiben das mit der Hoffnung und der Gewissheit, dass das Leben mehr als nur Alltag ist, nämlich die Gewissheit, dass das Leben nicht mit dem Tod endet, sondern eingebettet ist in das Wunder Gottes in Christus. In die Berufung von uns Menschen in seine Zukunft, so dass wir problemlos und gefahrlos uns einem neuen Abschnitt im Leben nicht nur zuwenden müssen, sondern jederzeit zuwenden können und dürfen. Ob wir ins Berufs-, Partnerleben, ins neue Leben nach einer Krankheit, einer Enttäuschung, einer abgeschlossenen Sache, eines Abschnitts, der Rente oder auch dem Tod eines geliebten und vertrauten Menschen einerseits zuwenden und neu lernen müssen, bleibt die Gewissheit, dass das nun kommende Zukunft hat; selbst über den Tod hinaus. Simon, genannt Petrus, der Fels, stirbt 30 Jahre nach Jesus; und zar in der Gewissheit, dass sein eigener Tod in die Auferstehung mit Jesus einmündet.

Diese Hoffnung ist einerseits die Gewissheit der Nachfolge Jesu, nämlich die Hoffnungserfahrung, dass das Leben Zukunft hat.

4.       Heute

Wenn man es logisch beschreiben müsste, könnte damals wie heute folgendes passieren oder passiert sein: Die Berufung nach der Wunder-Erfahrung lässt einen Instinkt des Menschen verblassen oder gar verschwinden. Dieses eine emotionale Instinkt der das Leben von Menschen zu einem stupiden alltäglichem Werden lässt, weil dort die wiederkehrende Ruhe ohne diesen Instinkt bewahrt werden soll. Deshalb wollen auch viele Menschen, Ruhe vor Veränderungen haben, weil sie am Gängelband diese einen Instinktfall kleben. Diese Falle ist Angst. das Instinktgefühl „Angst“ lässt uns immer auf der Flucht sein, wenn wir diese Angst nicht bändigen können. Angst vor Krankheit, Diebstahl, dem Bösen, der eigenen wissenden Unzulänglichkeit, die Angst vor Veränderung, Bösem, Zukunft. Gerade dies lässt viele Menschen dann auch selbst zum Bösen werden, dann alle Menschen sich so verhalten müssen wie man selbst das für richtig hält.

Und lieber werden Menschen, das Glück anderer geopfert, nur damit man selbst nicht mit der Zeit gehen muss. Mit der zeit gehen. Mit Jesus gehen und zuletzt auch aus der zeit gehen muss.

Das Netz der Welt ist ein Netz, in dem man sich verschlingen, selbst einwuseln kann und wird, wenn man denn die Angst um das eigene Leben nicht in die Hände Gottes legt. So auch die EKD und ihre Netzwerkstudie, die letztlich ein ultragroßer Beschiss ist. Die mittelgroße Stadt heißt - geheim – Biedenkopf hat 5.000 Einwohner und liegt im hessischen Hinterland. Das ist ungefähr so, wie wenn man in Gummersbach eine Befragung zu Handball allgemeingültig durchführen will.

Die Kirche hat Angst. Diese Kirchenorganisation und viele der Nester der Kirche haben Angst vor Veränderung. Angst davor festzustellen, dass die Mehrzahl der Evangelischen diese, also die Nestkirche bei der 192 Menschen 90% von Kirche ausmachen, während die 90% der Mitglieder der Kirchengemeinde nur am Rande von den Kernkirchlern wahrgenommen werden.

Also lassen wir zu,. Dass wir das Wunder Christi als Berufung ansehen, die eigene Zukunft als Offenbarung zu verstehen: Denn eines wird den Jüngern bewusst, die dann die rettenden Alltagsboote verlassen.

In Christus werden wir in die Zukunft und zu einem neuen Leben getragen; über den Tod hinaus.

Herr, schenke du die Kraft, mutig, treu und lebendig zu sein. Amen.