2020.01.05 (Jesaja 61, 1-3 [4.9] 10-11): Er-wachsene Gnade

Jesaja 61, 1-3 (4.9) 10-11 - Luther 2017 NEÜ: Die Botschaft des Messias

1 Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen;

2 zu verkündigen ein gnädiges Jahr des HERRN und einen Tag der Vergeltung unsres Gottes, zu trösten alle Trauernden,

3 zu schaffen den Trauernden zu Zion, dass ihnen Schmuck statt Asche, Freudenöl statt Trauerkleid, Lobgesang statt eines betrübten Geistes gegeben werden, dass sie genannt werden «Bäume der Gerechtigkeit», «Pflanzung des HERRN», ihm zum Preise.

4 Sie werden die alten Trümmer wieder aufbauen und, was vorzeiten zerstört worden ist, wieder aufrichten; sie werden die verwüsteten Städte erneuern, die von Geschlecht zu Geschlecht zerstört gelegen haben.

           [[5 Fremde werden hintreten und eure Herden weiden, und Ausländer werden eure Ackerleute und Weingärtner sein. 6 Ihr aber sollt Priester des HERRN heißen, und man wird euch Diener unsres Gottes nennen. Ihr werdet der Völker Güter essen und euch ihrer Herrlichkeit rühmen. 7 Dafür, dass mein Volk doppelte Schmach trug und Schande ihr Teil war, sollen sie doppelten Anteil besitzen in ihrem Lande und ewige Freude haben.
8 Denn ich bin der HERR, der das Recht liebt und Raub und Unrecht hasst; ich will ihnen den Lohn in Treue geben und einen ewigen Bund mit ihnen schließen.
]]

9 Und man soll ihr Geschlecht kennen unter den Heiden und ihre Nachkommen unter den Völkern, dass, wer sie sehen wird, erkennen soll, dass sie ein Geschlecht sind, gesegnet vom HERRN.

10 Ich freue mich im HERRN, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet, wie einen Bräutigam mit priesterlichem Kopfschmuck geziert und wie eine Braut, die in ihrem Geschmeide prangt.

11 Denn gleichwie Gewächs aus der Erde wächst und Same im Garten aufgeht, so lässt Gott der HERR Gerechtigkeit aufgehen und Ruhm vor allen Heidenvölkern.

1 Der Geist von Jahwe ruht auf mir, / denn Jahwe hat mich gesalbt.[1] / Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen / und zerbrochene Herzen zu verbinden; / den Gefangenen zu verkünden: "Ihr seid frei!" / und den Gefesselten: "Ihr seid los!";
2
 um auszurufen das Gnadenjahr Jahwes[2] / und den Tag der Rache für unseren Gott, / um alle Trauernden zu trösten
3
 und den Trauernden Zions Freude zu bringen. / Schmuck bekommen sie anstelle von Schmutz, / Freudenöl statt Trauersack, / Jubellieder statt Mutlosigkeit. / Man nennt sie "Terebinthen der Gerechtigkeit", / eine Pflanzung Jahwes, die seine Herrlichkeit zeigt.

       4 Die uralten Trümmerstätten bauen sie dann auf, / stellen die wüsten Orte wieder her. / Die zertrümmerten Städte bauen sie neu, / alles, was Generationen lang Ruine war.

5 Dann nehmen Fremde euch die Arbeit ab, / sie weiden eure Herden, / bestellen euer Land / und werden eure Weingärtner sein. 6 Und euch wird man "Priester Jahwes" nennen, / "Diener unseres Gottes" sagt man zu euch. / Ihr werdet genießen, was die Völker besitzen, / denn ihre Schätze gehören jetzt euch. 7 Statt des Doppelmaßes eurer Schmach, / statt der Schande, die als euer Anteil galt, / wird euer Teil am Land nun doppelt so groß; / ewige Freude wird euch geschenkt. 8 "Denn ich, Jahwe, ich liebe das Recht / und hasse den gemeinen Raub. / Weil ich treu bin, belohne ich sie / und schließe mit ihnen einen ewigen Bund.

       9 Ihre Nachkommen sind unter den Stämmen bekannt, / ihre Sprösslinge unter den Völkern. / Wer sie sieht, erkennt gleich: / Das sind die, die Jahwe gesegnet hat."

10 Überaus freue ich mich über Jahwe! / Meine Seele jubelt über meinen Gott! / Er kleidet mich in Gewänder des Heils / und legt mir den Mantel der Gerechtigkeit um. / Wie ein Bräutigam bin ich festlich geschmückt, / wie eine Braut, die ihr Geschmeide anlegt.
11
 Denn wie die Erde Pflanzen hervortreibt, / wie ein Garten die Saat wachsen lässt, / so bringt Jahwe, der Herr, unsere Gerechtigkeit hervor, / unser Lob bei allen Völkern.

 

1.      Einleitung

Haben Sie sich schon mal überlegt, was aus Ihnen heraus alles schon erwachen ist, ja erwachsen? Also durch Sie und ihr Handeln entstanden ist, was selbst wieder etwas hervorbringen kann?

Das fängt bei der eigenen Familie, der Erziehung, der Weitergabe von Erfahrungen an. Gut, das klappt heute nicht mehr so gut, weil ja Internet und so. Aber ganz ehrlich. Das hat schon nicht bei unseren Eltern und Groß-Eltern geklappt, dass mit der Lebenserfahrung weitergeben, weil die Epochen ihre eigene Erfahrungen und letztlich aus daraus die Anforderungen erwachsen sind.

Welche Anforderungen sind aus Ihnen erwachsen als Sie konfirmiert waren, geheiratet haben, Heim Haus oder Unternehmen und Beruf ergriffen haben? Was ist erwachsen, auf das Sie oder ich zurück blicken kann?

Was waren die Dinge, denen Sie Zukunft, eine Gestalt, eine Form und ein Werden mitgegeben haben, dass Sie sich gefreut haben.

Was konnten, können sie besonders gut, was Sie und andere mit Freude füllt?

Wie beispielsweise diese er-wachsen von leckeren Kuchen auf den eigenen Händen – weil es von der Hand geht; oder eine gerade verputzten Wand, einem neugestaltetes Bad, einem flink repariertem Auto, einer guten Predigt oder einer erfolgreichen Arbeitserledigung?

Wie erwächst das erfüllte Gefühl, was sichtbar geschafft zu haben?

Wenn man es richtig überlegt, ist die Frage der eigenen Fähigkeit, der körperlichen und geistigen Kompetenz, also das, was man besonders gut kann, was man einerseits gelernt und verinnerlicht hat, eigentlich nur eine Frage der Erwachsensein sein. Also dem eigenen Lebensabschnitt, indem ich mich der Aufgabe widme: etwas aus mir erwachsen zu lassen. Denn mit dem Erwachsen werden - entstehen Fähigkeiten oder Angelerntes, welche uns über die Runden bringt, uns Freude machen oder uns letztlich auszeichnet. Und das hat nicht immer was mit dem Beruf zu tun.

Gut Fußball spielen zu können, beispielsweise. Leckere Bratwurst machen zu können oder einen grünen Daumen zu haben. Kinder erziehen – also in den kleinen Menschen etwas erwachsen lassen, was letztlich zu der Fähigkeit der Kinder als Erwachsene führt – selbst aus sich etwas erwachsen zu lassen; für sich und auch für andere.

Konfirmation – Also aus dem Erwachsen zu lassen, dass mein eigenes Leben Sinn und Ziel haben darf, auf dem etwas erwachsen kann und wird. Erwachsen bedeutet ja nicht nur Älter und Volljährig zu werden, sondern vor allem mit den eigenen Fähigkeiten so umzugehen, dass mein Leben als Leben wachsen und gedeihen kann. Wir wissen das ist eine Idyll, denn zwischen dem Erwachsen von Zukunft kommen Kriege, Katastrophen, Trennungen, Beruflich Veränderungen, Rückschläge gesundheitlicher Natur und – immer wieder gern genommen – das Altern.

Diese Idyll vom Erwachsen der Zukunft bleibt.

2.      Bibeltext

Der heutige Bibeltext ist da nicht anders. Er ist Blumenmehr des Erwachsen von Idyll der Zukunft in einem brach liegenden Land.

Israel ist weg. Juda ist verschleppt und erst kurz wieder durch die Perser aus Babylon befreit. Die Heimat ist den Rückkehrenden Unbekannt. Die Fleischtöpfe in Babylon ist untergegangen, die Zukunft der Jugend eine ungewisse in einem fernen Land das nur die Eltern noch kannte.

Dort soll es wieder hingehen? Was soll denn in der Einöde erwachsen?

Nun, lesen wir mal Jesaja 61; 1-3

Welche eine Idylle, die Erwachsen soll aus dem zerstörten Jerusalem.

Träume Juda, träume: Die Elenden, die Gebrochenen, die Gebundenen, die Trauenden und vor allem die, die in Trümmern liegen – aus Ihnen und mit Ihnen soll eine neue Zukunft erwachsen, ein Heil der guten Botschaft der Freiheit, der Gerechtigkeit, der Gnade und der Heilung für das, was nicht erwachsen konnte. Gnadenjahr, das Jahr der Gnade bricht herein.

Was wir bei biblischen Texten häufig vergessen, ist, dass diese hochpolitisch sind. Denn der Prophet kann dieses Idyll nur erwachsen lassen, weil es eine freie Religionspolitik durch den Perserkönig Kyros II gab. Die Babylonier durften nach dem Sturz des Königs Nabonid im Jahr 539 v. Chr. wieder dem Gott Marduk huldigen, die Judäer Jahwe und wieder nach Jerusalem ziehen. Die Strategie des Kyros war, die Menschen in ihrer Fremdheit Menschen sein zu lassen. Ihren Göttern zu huldigen und nicht deren Tradition vernichten zu wollen. Das Erwachsen einer großen Nation, dem Perserreich (550 v. Chr. bis 651 n. Chr.) ist diesem Strategiewechsel zu Beginn geschuldet, dem Fremden eine Chance zu geben und aus dieser Chance gemeinsame Zukunft erwachsen zu lassen. Unser Prophet profitiert von dieser Strategie. Denn die Wirklichkeit ist mau. Der Tempel mickrig, die Versorgung der Bevölkerung dürftig und die Enklave um Jerusalem schlicht persisches Hinterland ohne Anschluss im Reich. Die Entstehung einer guten Botschaft, des Evangeliums, trägt die Hoffnung des Erwachsens von Gerechtigkeit und Heil vor Ort; und das soll nicht vergessen werden auch für die Fremden! Denn mit dem dritten Kompositionsteil des Jesajabuches (Kap. 50-66) wird gerade diese gute Botschaft des Gottes Israels auch für die erwachsen, die nicht durch Gesetz oder Geburt am Heil dieses einen Gottes teilhaben.

3.      Christus – Erwachsene Gnade für die Fremden

Jesus liest im 4. Kapitel des Lukasevangelium (LK. 4, 16-30) unseren heutigen Text aus Jes. 61, 1-3. Es ist – heuet würde man sagen, seine erste Predigt. Folge: Jesus wird in seiner Heimatstadt Nazareth fast gelyncht und geht ins Exil nach Kapernaum.

Warum? Weil in dem Text aus Jesaja 61 Jesus die Verheißung an die Fremden erneuert und ihnen die Gnade des jüdischen Gottes zusagt.

Tja – sie wollen ihn steinigen, weil er die Gnadenbotschaft Gottes nicht exklusiv für die Juden ausführt, sondern die Freiheit des Propheten aus Jes. 61 wörtlich nimmt.

Jesus verwendet wahrscheinlich die Verse 10 und 11 aus Jes. 61:

>Ich freue mich über den Gott Israels und jubele über meinen Gott, weil er der Herr der Gerechtigkeit als Lob bei allen Völkern ist; gerade bei den Fremden. < Mit Jesus – so Lk. 4  und unser Glaube als Christen – kommt das Erwachsen der Zukunft als Gnade durch Christus auch für die Fremden in die Welt. Das ist das Scandalon des Evangeliums.

4.      Heute

Nun – das Evangelium kann heute wieder gefährlich werden, wenn wir die Gnade Gottes und die Idyll des Herrn auch über all jenen verkünden, die uns scheinbar was wegnehmen; also die Fremden.

Sicher dürfte sein, dass niemand sich auf Christus berufen kann, der die Fremden ausgrenzt von der Gnade Gottes.

Dass die Grenzen zum Fremden fließend sind, ist klar. Früher war das schon in Flörsheim ein No-go. Heute grenzen wir mehr im Kopf und am TV ab und versuchen uns als die Spezis der alleinigen Glückseligkeit zu etablieren; einige halt, die nix aus der guten Botschaft gelernt haben.

So bleibt eigentlich nur unsere Aufgabe, des Erwachsen, das Entstehen der Gnade eben uns nicht zu verhindern.

Also, was lassen wir bei den anderen entstehen? Welche Chancen und welche Zukunft verkünden wir uns, den eigenen Kindern, indem was aus diesen Menschen entstehen kann. Die Botschaft ist eindeutig. Kapselt euch nicht ein. Die Gnade Gottes gilt den Fremden und bedenke, dass du einst der Fremde warst, dem auch die Gnade zuteil geworden ist.

Wenn ich der Fremde hier bin (und nicht nur weil ich kein Raunheimer bin), sondern weil mir das Heil des jüdischen Gottes in Christus zuteil wird – und ich noch verstanden und akzeptiert habe, der wird auch dem Fremden die Gnade Gottes zugestehen und kann so zur Gerechtigkeit werden. Oder wie die Verse 10/11 ausschmücken: Du erhältst die Kleider der Heils den Mantel der Gerechtigkeit, dem hochzeitlichen Schmuck, damit aus dir uns deinem Samen die Gerechtigkeit Gottes erwachse.

Amen

Herr danke dass du uns Fremde aufnimmst, uns aus uns deine Zukunft erwachsen soll.

AMEN.