2019.01.01 (Josua 1, 1-9): Zukunft und Salutogenese

Neue evangelistische Übersetzung

Kap. 1.

1Nachdem nun Mose, der Diener2 Jahwes, gestorben war, sagte Gott zu Josua Ben-Nun, dem Helfer von Mose:

2 "Mein Diener Mose ist gestorben. Mach dich jetzt mit dem ganzen Volk bereit, den Jordan zu überqueren und in das Land zu ziehen, das ich den Israeliten geben will.

3 Jedes Stück Land, das ihr betretet, wird euch gehören – wie ich es Mose versprochen habe –,

4 und zwar von der Wüste im Süden bis zum Libanongebirge3 im Norden. Euer Land wird nach Osten zu das ganze Gebiet der Hetiter4 bis zum Euphrat umfassen und im Westen bis ans Mittelmeer reichen.

5 Dein Leben lang wird sich kein Feind gegen dich behaupten können. So, wie ich Mose beistand, werde ich auch dir beistehen. Ich werde dich nie im Stich lassen, dich niemals vergessen.

6 Sei stark und sei mutig! Du wirst diesem Volk das Land, das ich ihren Vorfahren unter Eid versprochen habe, als bleibenden Besitz austeilen.

7 Halte dich mutig und fest an das Gesetz, das mein Diener Mose dir übergeben hat! Weiche weder rechts noch links davon ab, damit dir alles gelingt, was du unternimmst.

8 Du sollst die Weisungen dieses Gesetzbuches immer vor dir hersagen und Tag und Nacht darüber nachdenken, damit dein Tun ganz von dem bestimmt ist, was darin steht. Dann wirst du Erfolg haben, und was du anpackst, wird dir gelingen.

9 Ich habe es dir gesagt! Sei stark und sei mutig! Lass dir keine Angst einjagen, lass dich nicht einschüchtern, denn Jahwe, dein Gott, steht dir bei, wo du auch bist."

 

1.      Einleitung

In meiner Kindheit und Jugend faszinierte mich - in trauriger Weise - eine Frau. Ich sah diese Frau nicht häufig, einmal im Monat vielleicht.

Aber diese Frau stand immer an der gleichen Stelle in Wallau unter der Brücke, eine kleine Tasche in der Hand und sie ging langsam hin und her, schwarz gekleidet. Und jedes Mal wenn ich an dieser Stelle vorbeikam, was ca. 10-15 Jahre gewesen sein dürfte, war fast immer diese Frau dort. Diese Frau hatte immer ihre kleine Reisetasche dabei und ging gemächlichen Schrittes die vielleicht 10 m überbrückte Strecke hin und zurück.

Meine Eltern hatten mir sehr früh mitgeteilt, dass die Lebensgeschichte hinter dieser Begebenheit ein trauriger Fall sei. Denn, diese Frau hatte ihren Mann durch einen Autounfall just an dieser Stelle verloren.

Sie warte darauf, dass sie ihr Mann abhole. Er habe es ihr versprochen. Das musst in den Jahren 1970 bis 85 gewesen sein. Heute sehe ich diese Frau nicht mehr. Ich weiß nicht, was mit ihr passiert ist.

Der Tod eines Menschen, eines geliebten Menschen oder die Entwurzelung durch Krankheit, Vertreibung, der Verlust des Arbeitsplatzes; der Zusammenbruch der eigenen familiären Welt durch Trennung oder auch den Auszug der Kinder - all dies kann dazu führen, dass Menschen damit nicht klar kommen und die Verdrahtung in unserem Hirn seltsam werden. Wir wollen uns nicht eingestehen, dass dieses geschehen ist, kann. Wir können es nicht verstehen, selbst wenn es Erklärungen für Krebs, für Herzinfarkt, für betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten, für Unfälle gibt. Das Verstehen mit dem Herzen, das Fühlen mit den Augen und das Hören mit den Händen sind etwas anders als das, was uns in der so verständigen Welt vorgegaukelt wird. Liebe in uns fühlen; Zuneigung mit den Augen sehen, spüren; jemanden erspüren können - ist etwas, was nie allein mit Denken, Verstehen erfasst werden kann.

Wenn nun Schicksale eintreten, ist auch immer die Frage, ob wir uns selbst wieder auf die Spur des Lebens zurück bringen können.

Das moderne Wort für diese Störung des Lebens, des Körpers lautet: Posttraumatische Belastungsstörung, kurz: PTBS. Darunter versteht man die anhaltende Lebensstörung mit einem traumatischen Ereignis oder Erlebnis umzugehen, wie Krankheit, Krieg, sexuelle Übergriffe, Gewalt, Unfall oder die Todeserfahrung z.B. eines Kindes, des Mannes.

„Kriegszitterer“ war der Name nach dem ersten Weltkrieg, nun bekannt aus dem TV Serie Babylon. Ab dem zweiten Weltkrieg wird nun diese pathologische Belastungsstörung als psychische Krankheit einordnet.

Eine „Lösung“ des Körpers, der Psyche ist den gleichen Tagesablauf, die immer wiederkehrende gleiche Handlung vorzunehmen.

Im Kleinen kennen wir das alle. Wir verkriechen uns, gehen bei Stress denselben Wanderweg, kuscheln uns in eine spezielle Decke, Kissen und Lageform. Wir versetzen uns in Gedanken und den Körper in einen „heilen“ Zustand. Diese Lösung ist für Außenstehende oft irrational.

Und je nachdem wie man fähig ist, mit Belastungen umzugehen, also modern resilienz-, belastungsfähig ist, trifft es einem mehr oder weniger. Uns wohnt zwar alle ein „Überlebensdrang“ inne, aber ebenso auch ein Drang sich einzuigeln, Wirklichkeiten aus dem Leben auszublenden. Und das hat nichts mit „WOLLEN“ zu tun. Der Körper macht es einfach.

Auch wir angeblich normalen Menschen stehen immer wieder an einem Scheideweg, an einer Lebenskreuzung oder vor dem Abgrund.

Wie kommt man dann aber zurück zum Leben?

Denn das normale Leben ist kein Mehr desselben von gestrigen Handlungen, sondern immer neu, immer anders. Auch wenn wir Gewohnheiten an den Tag legen, sind es gerade diese kleinen Tagesriten, die uns auch für die Zukunft fit halten, damit wir nicht komplett den Boden verlieren.

Was können wir tun in solchen Fällen; für uns, für andere?

 

2.      Bibeltext

Auch der heutige Predigttext beschreibt eine solche Krisensituation. Belastungssituation, weil der große Führer, der Befreier aus Ägypten tot ist. Mose ist gestorben. 40 Jahre des Nomadendaseins unter Mose haben das Volk auch letztlich an die Grenze gebracht. Denn die israelitischen Nomaden waren ca. 200-600.000 Männer, mithin bis zu 3 Mio. Menschen. Die 5 Bücher Mose sind zuende. Nun schreibt der neue Anführer Josua ein neues Buch. Ich lese die im ersten Kapitel des Buches Josua.

Josua 1, 1-9 aus NeÜ lesen

Faszinierend wie Josuas Gottesrede die Belastungsstörung überwinden will. Eine starke Rede der Einfachheit und Klarheit.

6. Sei stark, sei mutig. 7. Halte dich mutig, fest an das Gesetz. Weiche weder rechts noch links davon ab, damit dir alles gelingt, was du unternimmst. 8 Dann wirst du Erfolg haben, und was du anpackst, wird dir gelingen. 9. Ich habe es dir gesagt! Sei stark und sei mutig! Lass dir keine Angst einjagen, lass dich nicht einschüchtern, denn Jahwe, dein Gott, steht dir bei, wo du auch bist."

Dieser Josua könnte heute ein TOP-Motivationstrainer sein. Oder?

Aber der Reihe nach. Josua ist der Nachfolger von Moses. Josua ist schon als Begleitperson am Berg Sinai dabei. Er ist schon im 4. Buch Moses als sein Nachfolger ernannt. Die Sache ist scheinbar klar:

Der Aufbruch ins Land Kanaan, die sogenannte Landnahme des Volkes Israel hört sich sehr harmlos an. Ist es aber nicht. Denn der Aufruf von Josua ist schlicht eine nationale Kriegserklärung zur Eroberung eines fremden Landes. Ob sich das wirklich so zugetragen hat, wird heute bezweifelt. Also ob wirklich zur Eroberung von Jericho die Schofar, die Posaunen die Mauer zum Einsturz gebracht haben, wird archäologisch eher ausgeschlossen. Heute wird eher von der „Einsickerung, Asimilierung der israelitischen Stämme in das Land Kanaan“ ausgegangen. Ungeachtet dessen, beschreibt die Bibel die Eroberung und Vertreibung der Bewohner des Landes Kanaan als Ziel und Aufgabe für die Zukunft des Volkes. Josua hatte schon vor der 40-jährigen Wanderung durch die Wüste von der gewaltsamen Eroberung gesprochen. Aber Mose hatte dies abgelehnt. Um nun eine weitere Belastungsstörung der umherirrenden Israelitennomaden zu verhindern, ist für Josua Aktionismus angesagt. Überleben um jeden Preis auch gegen die Lebenswelt der anderen. Damals bis heute eine Devise auch im heutigen Israel. Wir, nicht die anderen – so die Devise des Bibeltextes -  sind zum Überleben, zur Zukunft bestimmt.

3.      Christus – die Salutogenese schlechthin

Als Christen sehen wir dies etwas anders. Denn der Gott des Volkes Israel offenbart sich uns, die wir keine Israeliten oder Israelis sind kompletet anders. Nicht der Kriegs-, der Motivations-, der Sieges-Gott wird in Jesus von Nazareth am Kreuz und in der Auferstehung offenbart, sondern die Umkehr zum Menschen an sich. Hin zum Innersten von uns. Hin zu unserer Psyche. Kein Schreien zu Sieg mehr, keine Propagandareden, um die eigene Belastungsstörung durch den Aktionismus einer kriegerischen Belastung für andere zu lösen. Keine Zukunft auf Kosten anderer mehr. Dies ist die neue Devise, die neue Motivation, die mit Christus in die Welt und in unsere Herzen kommt. Keines Siegestheologie, keine Gewinnerpropaganda, die dann die Scheiben der Pfarrkirche mit Toten füllt.

In Christus ist die Welt neu gedacht, neu geschaffen, neu erfunden.

Reich sein am Reich Gottes in uns, nicht durch Beute von anderen.

Der Aufbruch aus der Belastungsstörung führt nicht zu einer Belastung anderer, sondern zu Gott selbst.

Umkehr statt Angriff, Bekehrung statt Überfall, Gnade statt Unterwerfung.

Wir brauchen keine neuen Opfer an, durch andere, um unsere realen, vermeintlichen Störungen der Lebensbelastungen zu kompensieren, eigentlich nicht. Denn die Opfer sind in Christus hinlänglich er-, gebracht.

Salutogenese ist das Wort dazu – das Gesundwerden, das Heilwerden an Leben, an Körper an Geist. Salutogenese – Heilwerden durch Christi Tat, das beschreibt es am besten. Auch wenn das eine  Begriff aus der Psychologie ist um mit Belastungsstörungen umzugehen. Es ist der Kern des Evangeliums. Die Gesundwerdung des Menschen an Leib und im Geist; ohne Belastung oder Zerstörung der Zukunft anderer.

4.      Heute

Sicher und unwiderlegbar gibt es auch heute Belastungsstörungen, die krank, und zukunftsunfähig machen können. Sicher haben wir heute in uns selbst, haben wir in unserem Körper mit Belastungen zu kämpfen; seien es Krankheiten, Alter, Trennung, Angst, Verlust, was auch immer..

Vieles zehrt an uns. Vieles bewegt. Aber die Zukunft ist nicht die Gefahr.

Wir müssen keine Zukunft auf Kosten anderer, auf Kosten von Opfer erzwingen, erzielen oder erreichen wollen.

Reich, arm, die Wirtschaft, die Flüchtlinge nach dem zweiten Weltkrieg wie die heutige, die politischen Gegner, die Zukunft schlechthin – nichts muss geopfert werden für einen Frieden oder Gerechtigkeit; zumindest ist dass die Evangeliumsbotschaft auch für 2019.

Zukunft ist für alle erreichbar. Aber dazu benötigt es keines Aktionismus oder einer Schuld-/Opferpolitik, die andere der Zukunft beraubt.

So zweifelhaft Josua Rede im Angesicht der Bewohner Kanaans und auch aus heutiger Sicht ist, so lehrreich bleibt sie für uns hier heute.

Was auch immer das Jahr 2019 bringt. Welche Opfer, Belastungen wir selbst erfahren werden,  auch welche Freude, Glück 2019 Zukunft ist.

Christus ruft uns – mit der komplett anderen Intention wie Josua - zu, weil Christus der Heiland, die Salutogenese, das Heil-Werden, die Zukunft schlechthin darstellt: Sei stark, sei mutig. Halte dich mutig, fest, aufrecht, klar und evangelisch. Weiche weder rechts noch links davon ab, dass Gott das Opfer für jede Belastung trägt, hält und gibt. Sei stark, sei mutig! Lass dir keine Angst einjagen, lass dich nicht einschüchtern, denn dein Gott steht dir bei in Christus bei, wo du auch bist.

Und insofern können wir auch in den heimeligen Jahreslosungsspruch einstimmen: Suche Frieden und jage ihm nach! Psalm 34,15

Frieden in IHM, also in Christus, der unser Friede ist, nachjagen!

Salutogenese – das Werden deines, meines Körper, deines, meines Geistes, im Geist des Herrn Christus, des Heilandes. Amen.

Herr, gibt Stärke, Mut für das Leben in Freud und Belastung. Amen.


 

Josua 1, 1-9 (Übersetzung nach Luther 2017)

1 Nachdem Mose, der Knecht des HERRN, gestorben war, sprach der HERR zu Josua, dem Sohn Nuns, Moses Diener:

2 Mein Knecht Mose ist gestorben; so mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, gebe.

3 Jede Stätte, auf die eure Fußsohlen treten werden, habe ich euch gegeben, wie ich Mose zugesagt habe.

4 Von der Wüste bis zum Libanon und von dem großen Strom Euphrat bis an das große Meer gegen Sonnenuntergang, das ganze Land der Hetiter, soll euer Gebiet sein.

5 Es soll dir niemand widerstehen dein Leben lang. Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen.

6 Sei getrost und unverzagt; denn du sollst diesem Volk das Land austeilen, das ich ihnen zum Erbe geben will, wie ich ihren Vätern geschworen habe.

7 Sei nur getrost und ganz unverzagt, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem Gesetz, das dir Mose, mein Knecht, geboten hat. Weiche nicht davon, weder zur Rechten noch zur Linken, auf dass du es recht ausrichten kannst, wohin du auch gehst.

8 Und lass das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem Munde kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrieben steht. Dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen, und du wirst es recht ausrichten.

9 Habe ich dir nicht geboten: Sei getrost und unverzagt? Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.