18.11.2018 (Lk. 16, 1-9): Die Dummheit überwinden

Lk 16, 1-13 (nach Luther 2017): Seit dem 16. Jahrhundert falsch überschrieben: Vom ungerechten Verwalter;
korrekt: Vom dummen Eigentümer

Lukas 16 - NT Graece

1 Er sprach aber auch zu den Jüngern: Es war ein reicher Mann, der hatte einen Verwalter; der wurde bei ihm beschuldigt, er verschleudere ihm seinen Besitz.

2 Und er ließ ihn rufen und sprach zu ihm: Was höre ich da von dir? Gib Rechenschaft über deine Verwaltung; denn du kannst hinfort nicht Verwalter sein.

3 Da sprach der Verwalter bei sich selbst: Was soll ich tun? Mein Herr nimmt mir das Amt; graben kann ich nicht, auch schäme ich mich zu betteln.

4 Ich weiß, was ich tun will, damit sie mich in ihre Häuser aufnehmen, wenn ich von dem Amt abgesetzt werde.

5 Und er rief zu sich die Schuldner seines Herrn, einen jeden für sich, und sprach zu dem ersten: Wie viel bist du meinem Herrn schuldig?

6 Der sprach: Hundert Fass Öl. Und er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein, setz dich hin und schreib flugs fünfzig.

7 Danach sprach er zu dem zweiten: Du aber, wie viel bist du schuldig? Der sprach: Hundert Sack Weizen. Er sprach zu ihm: Nimm deinen Schuldschein und schreib achtzig.

8 Und der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte. Denn die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts.

9 Und ich sage euch: Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, damit, wenn er zu Ende geht, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten.

 

1Ἔλεγεν δὲ καὶ πρὸς τοὺς μαθητάς· ἄνθρωπός τις ἦν πλούσιος ὃς εἶχεν οἰκονόμον, καὶ οὗτος διεβλήθη αὐτῷ ὡς διασκορπίζων τὰ ὑπάρχοντα αὐτοῦ.

2καὶ φωνήσας αὐτὸν εἶπεν αὐτῷ· τί τοῦτο ἀκούω περὶ σοῦ; ἀπόδος τὸν λόγον τῆς οἰκονομίας σου, οὐ γὰρ δύνῃ ἔτι οἰκονομεῖν.

3εἶπεν δὲ ἐν ἑαυτῷ ὁ οἰκονόμος· τί ποιήσω, ὅτι ὁ κύριός μου ἀφαιρεῖται τὴν οἰκονομίαν ἀπ᾽ ἐμοῦ; σκάπτειν οὐκ ἰσχύω, ἐπαιτεῖν αἰσχύνομαι.

4ἔγνων τί ποιήσω, ἵνα ὅταν μετασταθῶ ἐκ τῆς οἰκονομίας δέξωνταί με εἰς τοὺς οἴκους αὐτῶν.

5καὶ προσκαλεσάμενος ἕνα ἕκαστον τῶν χρεοφειλετῶν τοῦ κυρίου ἑαυτοῦ ἔλεγεν τῷ πρώτῳ· πόσον ὀφείλεις τῷ κυρίῳ μου;

6ὁ δὲ εἶπεν· ἑκατὸν βάτους ἐλαίου. ὁ δὲ εἶπεν αὐτῷ· δέξαι σου τὰ γράμματα καὶ καθίσας ταχέως γράψον πεντήκοντα.

7ἔπειτα ἑτέρῳ εἶπεν· σὺ δὲ πόσον ὀφείλεις; ὁ δὲ εἶπεν· ἑκατὸν κόρους σίτου. λέγει αὐτῷ· δέξαι σου τὰ γράμματα καὶ γράψον ὀγδοήκοντα.

8καὶ ἐπῄνεσεν ὁ κύριος τὸν οἰκονόμον τῆς ἀδικίας ὅτι φρονίμως ἐποίησεν· ὅτι οἱ υἱοὶ τοῦ αἰῶνος τούτου φρονιμώτεροι ὑπὲρ τοὺς υἱοὺς τοῦ φωτὸς εἰς τὴν γενεὰν τὴν ἑαυτῶν εἰσιν.

9Καὶ ἐγὼ ὑμῖν λέγω, ἑαυτοῖς ποιήσατε φίλους ἐκ τοῦ μαμωνᾶ τῆς ἀδικίας, ἵνα ὅταν ἐκλίπῃ δέξωνται ὑμᾶς εἰς τὰς αἰωνίους σκηνάς.

 

Erklärung: Mammon (ungerechtfertigte, unmoralische Bereicherung oder Handlung) SIEHE

Ausführliche Forschungsgeschichte zu MAMMON: Jochen Weiss, Mammon - eine Motivgeschichte zur Religiosität des Geldes, Diss. 2004 (3 MB)

 

1.      Einleitung

Sonja ist eine der schönsten Frauen gewesen, die ich in meiner bisherigen Leben kennenlernen durfte. Sonja war auch die Patentante meines Sohnes. Sonja ist mit 52 Jahren an der Krankheit „Huntington“ gestorben. Wir haben Sie im letzten Monat beerdigt. Diese Krankheit ist ja einigen Serienfreaks aus der TV Serie Dr. House bekannt. Die schöne Ärztin Dr. Hadley, gespielt von Olivia Wilde, genannt 13 –litt an dieser genetischen Erkrankung, die zu 50% an die Kinder vererbt wird.

Was ich aber eigentlich erzählen will, ist nicht der Verlauf der tragischen Krankheit Sonjas, die aufgrund eines genetischen Defekts im Hirn das Striatum, also die Schaltzentrale für Muskeln im Gehirn langsam aber unwiederbringlich bis zum 55. Lebensjahr ausschaltet. Dann tot.

Was ich eigentlich von Sonjas Fall erzählen will, ist der Krieg zwischen den beiden Kindern von Sonja (heute 18, 22) und der Schwester. Sonja hatte der Schwester die komplette Vollmacht über sich und ihr Vermögen erteilt. Aus dieser notariellen Vollmacht heraus entstanden dann höchst seltsame Themen, Auseinandersetzungen und Begebenheiten, die Sonja nicht mehr mitbekam – weil sie in den letzten 3 Jahren komplett abgemagert, zerfallen in einem Heim versorgt wurde. Die Auseinandersetzungen mit den damals minderjährigen Kindern, angefangen vom Raussetzen der Kinder aus dem Haus der Mutter, den Diebstahlsanzeigen, weil angeblich der Sohn einen Schrank beim Auszug widerrechtlich mitgenommen habe, dem Versuch des Verkaufs des Hauses – was durch ein Gerichtsverfahren letztlich der Schwester untersagt wurde - und weiteren Ereignissen haben letztlich bis zum Grab geführt. Die Schwester bestimmte Art, Ort und Weise der Bestattung. Und selbst dem Pfarrer –wie sollte es anderes sein – gelang es eher übel den gut, Worte bei der Bestattung zu finden. Alle die dort saßen, wussten um den Krieg zwischen Tante und den Kinder sowie der Familie des Ex-Ehemannes. Die Fronten waren nicht nur verhärtet, sondern in Stellungskriegen eingegraben. Dem Pfarrer muss man anlasten, dass er – gut pastoral, aber wenig evangelisch heute, leider – trotz der Kenntnis der Realsituation versucht hat, in der Bestattung irgendwie den Ponyhof vom Himmel herab zu predigen, statt Ross und Reiter und die Situation ungeschönt als Ausgangspunkt der Predigt im Angesicht des Todes, dessen von Sonja und unseres Eigenen, evangelisch Klartext zu reden.

Klartext: So ist heute die Frage, wie wir evangelisch mit Realsituationen umgehen. Wie verhalten wir uns? Wie dumm oder intelligent sind wir als Evangelische, wenn es darum geht uns, mit Realitäten des Lebens, der Welt, egal ob Berufs-, Sport-, Rechts-, Privat-, Familenwelt oder wirtschaftlichen Welt oder der Realität beim Sterben oder Erben zu machen.

2.      Bibeltext

Deshalb habe ich abweichend auch vom vorgeschlagenen Predigttext aus der Offenbarung 2, 8-11 nun den Predigttext erneut genommen, über den Kai Merten an gleicher Stelle beim letztjährigen Herbstbasar gepredigt hat. Die, die damals dabei waren, haben vielleicht noch seinen Anfangssatz im Ohr, dass er gerne eine Predigt von mir dazu hören oder lesen wolle. Das mache ich gerne, weil – wie ich damals am Ende deutlich machte, die Sicht von Theologen, der ich auch bin, häufig getrübt ist durch die teils Jahrtausend lange Interpretationsgeschichte. Wenn man zu lange auf eine Stelle schaut, sieht man die Klarheit nicht mehr.

Und dieser Predigttext aus dem Lukasevangelium im 16 Kapitel (übrigens mein Lieblingskapitel in der Bibel überhaupt) trägt alle Traditionsfehler in sich, die meines Erachtens einer verkomplizierenden und vergreisenden Theologie entspringen. Das ist ein Mangel an Ausbildung nicht an Kai, wenn die Theologie sich nur noch mit sich selbst beschäftigt.

Aber ich erzähle den Text – bewusst mit der dummen und falschen Überschrift: Angeblich gehe es hier um den „ungerechten“ Haushalter.

Text erzählerisch vortragen (Lk. 16, 1-9)

Das, was Lukas als Komponist der Geschichten um Jesus in sein Evangelium aufnimmt, ist von ihm zusammengestellt, dass das Thema Reichtum und Umgang mit Welt immer wieder auftaucht; auch in seiner Apostelgeschichte. Dass Lukas selbst etwas – ich sage es mal vorsichtig – kommunistisch oder besser kommunitaristisch (also: Gemeinschaftsgetrieben) angehaucht ist, schwingt immer mit. Allein im 16. Kapitel hören wir vom reichen Kornbauern, der ein Narr ist, weil er sich auf Güter verlässt oder auch vom prassenden Reichen und dem Bettler Lazarus, wie es ihnen nach dem Tod ergeht. Selbst in der Apostelgeschichte berichtet Lukas von der eigentlich bankrotten Urgemeinde in Jerusalem freudestrahlend, die am finanziellen Tropf von Grundstückverkäufen oder der Kollekte hängen, die Paulus sammelt, um nicht gänzlich unterzugehen.

In der Theologiegeschichte und - ich greife gerne den Professor Adolf Jülicher auf, der die Gleichnisse Jesu historisch und textkritisch bearbeitete – gäbe es also einen sogenannten Skopus (griech. σκοπός – so viel wie „Aussicht“; „Sichtweite“, „Ziel“), also eine Absicht, eine Kern-/Zielweis­heit, die in den Gleichnisse zu finden sei. Nur diese sei wichtig.

Dummerweise hatten die vielen Theologen vor Jülicher sich schon auf die Bibelüberschrift konzentriert, die aber erst im 16. Jahrhundert hinzugefügt wurden. Das Gleichnis handle angeblich „vom ungerechten Haushalter“. Das ist nicht nur falsch, sondern dumm. Denn es geht nicht um das Handeln des betrügenden Haushalter, also Geschäftsführers einer landwirtschaftlichen Einheit, sondern es geht um das Verhalten des Eigentümers. Und – der Eigentümer ist dumm. Strunzend dumm. Denn wie irre muss man sein, wissentlich einem betrügerischen Mitarbeiter in leitender Position nicht SOFORT die Wollmacht zu entziehen, damit er nicht mehr in meinem Namen Betrug begehen kann. Jesus will also nur eine Sache mitteilen: Seid nicht dumm und erst recht nicht strunzend dumm.

Wenn ihr jemanden eine Vollmacht gebt, die dieser missbraucht, seid keine Weicheier, Zögerlinge, diese Vollmacht SOFORT diesem auch wieder wegzunehmen.

3.      Christus – Kindlich glauben, um Erwachsen zu werden

Wie passt das nun zusammen? Einerseits sollen wir Klug sein und uns Freunde machen mit dem Mammon. Andererseits sollen wir Glauben wir die Kinder. Dieser scheinbare Widerspruch bedeutet nichts anderes, als den Kern der evangelischen Botschaft: Glaube an deine Errettung durch den Herrn, ohne dass du wirr durch die Welt läufst und glaubst dass das Gute was du tust, bringt Bonuspunkte bei Gott.

Es gibt keine Paybackkarte im Himmel für bessere Plätze, die du durch gute Taten ansammeln könntest. Nein – eine Schalter für das Einlösen der guten Taten gibt es im Himmel nicht; zumindest im evangelischen.

Das Heil, dein Heil ist allein Geschenk in und durch Christus und nicht „Machbar!“. Glaube. Und glaube so, dass du die Welt und deine Zukunft ohne Angst vor Gott gestalten kannst. In Christus ist dir diese Angst endgültig genommen. Gestalte Zukunft als Christus und zwar INTELLIGENT.

Hilf der Hilfe; nicht deines Seelenheils wegen. Gib weil du im Bewusstsein der Gnade Gottes geben willst, nicht weil du dadurch besser oder frommer erscheinst. Glaube, damit du selbst deine Zukunft gestalten kannst. Wenn deine Rettung im Sterben und Tod Christus schon geschenkt, bezahlt, gemacht hat, dann kannst du befreit auftreten und mit Hirn, Verstand und offenen Augen DEINE ZUKUNFT gestalten.

Papst ade, Ablass ade, schlechtes Gewissen ade, Gutmenschentum ade! Im Glauben kann uns nichts trennen von Gott – das ist die reformatorische, evangelische Erkenntnis, die auch im Predigttext enthalten ist.

Deshalb sollen wir uns Freunde des ungerechten Mammons sein, damit wir nicht Doof in die Welt schauen, sondern die Zukunft mit Hirn und Verstand, mit evangelischer Klarheit gestalten.

4.      Heute

Wer also als Chef sich von seinen Untergebenen, Eltern von ihren Kindern, Kinder von ihren Eltern, Frau vom Mann oder umgekehrt, Pfarrer von der Gemeinde oder Gemeinde von dem Pfarrer vor sich her treiben lassen und für DUMM verkauft werden, für den hat Jesus eine Antwort:

Seid klug wie die Schlagen oder die Menschen mit Geschäftswissen.

Hört auf mit dem Jammern und der Leidensmine, wenn es darum geht, klare Kante zu zeigen. Hört auf mit dem Gesäusel, wenn euch Menschen vor euch hertreiben wollen; ob im Beruf, der Nachbar, die Traditionsvorstellungen, die Kinder oder Eltern, Partner oder auch die Gesetze der Kirche geschieht. Hört auf, DUMM zu sein; vor allem hört auf strunzend dumm zu sein – wenn ihr meint, es sei christlich, dass andere euch vor euch hertreiben dürfen und euch für doof verkaufen dürften.

Also: Seid klug, mach dich schlau. Schalte Hirn und Synapsen ein. Bilde dich, nutze deine Gaben, gestalte deine Zukunft. Hinterfrage. Lass dich nicht drängen oder nötigen, sofort was tun zu müssen, nur weil es gesagt wird. ÜBRIGENS: Die meisten Betrugsfälle bei Menschen geschehen durch künstlich erzeugten Druck. Jetzt müsse man dem notleidenden Enkel, der Polizei helfen und mal 1000€ rausrücken. Seid nicht dumm.

Wir lassen uns nicht voreinander hertreiben. Weder durch Gutmenschengequatsche, was man tun müsste; noch durch die eigenen Verwandten, Kinder, Partner oder Eltern, weil andere meinen uns nun Entscheidungen, Handlungen oder was auch immer aufzudrängen.

Auch hier in Raunheim. Als ich herkam, glaubte scheinbar jeder, der Kirchenvorstand sei eine Wunscherfüllungsmaschine. Da sollte sofort noch das oder jenes oder diese beschlossen, gemacht werden oder unbedingt erforderlich sein. Die Sünde des Gutmenschentums war hier weit verbreitet, dass man springen muss, wenn einer oder eine laut schreit.

Ich sage das offen, weil – diejenigen die bei meiner Einführung da waren, wissen es – der Klarheit und des Evangelischen wegen bin ich nach Raunheim gerufen worden. Der Glaube war klein, weil dieses Abhängigkeitssystem scheinbar auch von Vorgängern selbst etabliert und gelebt wurde. Statt evangelische Freiheit im Glauben zur Zukunftsgestaltung zu ermöglichen, scheinen gefällige Abhängigkeiten an der Tagesordnung gewesen zu sein. Das ist NICHT evangelisch!

Und niemand in diesem Raum und im evangelischen Raunheim sollte sich dieser Mentalität unterwerfen. Es ist dumm – im Angesicht der Botschaft Jesu, die da lautet: Kümmert euch verantwortlich um eure Zukunft, denn ich habe mich um euer Leben auch über den Tod hinaus gekümmert. Eure Aufgaben, euer Leben im Angesicht dieser Gnade ist es, klug zu sein, weil wir sterben müssen; weil wir in dieser Gewissheit neues Leben erhalten. Den Konfis bringen wir es – hoffentlich bei: Kindlich an Gottes Zusage zu glauben, ihr zu vertrauen und DAMIT – in diesem Vertrauen evangelisch erwachsen zu werden.

Sonja ist gestorben. Die Kinder haben nun geerbt. Du Närrin, die die Vollmacht hatte, was ist nun im Angesicht des Tods deiner Schwester übrig! Das wäre die Predigt am Grab gewesen.

Leider sind Pfarrer - wie ich auch - noch zu häufig Angstschisser, selbst wenn die Wahrheit uns ins Gesicht springt. Man kann doch nicht … Doch man und frau kann.  Und Jesu Aufforderung ist eindeutig: Tut es. Seid keine dummen Eigentümer der Gnade Gottes, indem ihr diese nicht lebt. Lebt klar, eindeutig, kantig, weil ihr über den Tod hinaus Leben durch Christus erlangt hat.

Warum also Angst haben? Warum sich dumm verhalten? Warum der Welt zeigen wie lächerlich, wie strunzenddumm wir uns verhalten.

Lebt! AMEN.

Herr, gibt Kraft zur Einsicht. Gibt Stärke zur Entscheidung und Mut für neue Wege. Schenke deinen Geist. Amen.