08.04.2018 (Kol. 2, 6+7, 12-15): Alltagsmodus vs. Taufmodus

Christus als Grund des Lebens

6 Wie ihr nun angenommen habt den Herrn Christus Jesus, so lebt auch in ihm,

7 verwurzelt und gegründet in ihm und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und voller Dankbarkeit.

8 Seht zu, dass euch niemand einfange durch die Philosophie und leeren Trug, die der Überlieferung der Menschen und den Elementen der Welt folgen und nicht Christus.

9 Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig,

10 und ihr seid erfüllt durch ihn, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist.

11 In ihm seid ihr auch beschnitten worden mit einer Beschneidung, die nicht mit Händen geschieht, durch Ablegen des sterblichen Leibes, in der Beschneidung durch Christus.

12 Mit ihm seid ihr begraben worden in der Taufe; mit ihm seid ihr auch auferweckt durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten.

13 Und Gott hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, und hat uns vergeben alle Sünden.

14 Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn aufgehoben und an das Kreuz geheftet.

15 Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und über sie triumphiert in Christus.

Warnung vor Irrlehrern

16 So lasst euch nun von niemandem ein schlechtes Gewissen machen wegen Speise und Trank oder wegen eines Feiertages, Neumondes oder Sabbats.

17 Das alles ist nur ein Schatten des Zukünftigen; der Leib aber ist Christus eigen.

18 Lasst euch den Siegespreis von niemandem nehmen, der sich gefällt in Demut und Verehrung der Engel und sich dessen rühmt, was er geschaut hat, und ist ohne Grund aufgeblasen in seinem fleischlichen Sinn

19 und hält sich nicht an das Haupt, von dem her der ganze Leib durch Gelenke und Bänder gestützt und zusammengehalten wird und wächst durch Gottes Wirken.

20 Wenn ihr nun mit Christus den Elementen der Welt gestorben seid, was lasst ihr euch dann Satzungen auferlegen, als lebtet ihr noch in der Welt:

21 »Du sollst das nicht anfassen, du sollst das nicht kosten, du sollst das nicht anrühren« –

22 was doch alles verbraucht und vernichtet werden soll. Es sind menschliche Gebote und Lehren.

23 Diese haben zwar einen Schein von Weisheit durch selbst erwählte Frömmigkeit und Demut und dadurch, dass sie den Leib nicht schonen; sie sind aber nichts wert und befriedigen nur das Fleisch.

 

1.      Einleitung

Wie viel ist zu viel? Komische Frage oder? Wie viel ist zu viel? Wie viel ist zu viel an Selbstbewusstsein? Wie viel ist zu viel an Schönheit, an Intelligenz? Wie viel ist zu viel von Geld und Reichtum?

Nun – sie/ihr werdet nun sicher sagen: Was kann es schon zu viel an Schönheit, Reichtum, Intelligenz oder Selbstbewusst sein geben. Ich finde den Satz eine interessante Antwort. Aber – Stimmt das? Man kann nie zu viel haben, abgesehen von Kilos.

Ab wann, ab welchem Level, welchem Verständnis oder welchem Kontostand wird das, was wir haben, sind oder besitzen eigentlich zu viel.

Und mit „zu viel“ meine ich, dass dieses, was wir so haben, als selbstverständlich, als Alltäglich angesehen wird und wir uns keine Gedanken mehr machen, wie es ohne das „zu viel“ ist. Zu viel ist – kurz gesagt – Wenn wir aufgrund des Vielen in den Alltagsmodus schalten.

Der Alltagsmodus ist eigentlich nichts anderes als die Fähigkeit nur ganz entspannt im Hier und Jetzt zu sein. OHMMMM. Müsste man sagen.

Wir registrieren dann weder woher wir kommen noch wohin wir gehen. Wir gehen einfach mal so, weil es gerade der Alltagsmodus von uns verlangt. Wir gehen, wir leben, wir atmen, wir schlafen, wir whatsappen, wir lieben, streiten und alles im Alltagsmodus.

Wann ist es zu viel des GUTEN, was wir haben - und was andere nicht haben. Merken wir den Luxus überhaupt noch, den wir haben, das Zu Viel, was uns schlicht in den Alltagsmodus lockt und darin gefangen hält?

Und eine Midlifecrisis also jene Lebenskrisen – heute nicht nur um die 40 Jahre, sondern eigentlich immer – sind schlicht nur das: Wir wachen aus dem Alltagsmodus des eigenen Lebens auf. Denn seien wir mal ehrlich. Wir sind nicht arm, oder haben zu wenig. Wir haben sauberes Wasser. Wir haben zu essen und müssen uns nicht täglich nach Essen strecken, außer wenn der Lieblingsyoghurt mal wieder nach hinten ins Kühlregal gerutscht ist. Wir sind die Reichen auf dieser Erde. Sicher gibt es Nuancierungen, feine Abweichungen im Kontostand auch hier.

Aber wir haben sauberes Wasser, konstanten Strom, Straßen und Infrastruktur, Freiheit, Mädels wie Jungs erhalten Bildung und Ausbildung.

Sicher gibt es Störungen im Betriebsablauf wie Streiks oder Unwohlsein. Aber sind das nicht Luxus-Alltagsprobleme wie auch, dass wir uns über eine Frauenquote in Vorstandsetagen oder Kitas streiten können, dürfen? Die Luxusprobleme, die wir haben, entstehen aus diesem Alltagsmodus.

Wir sind der Ansicht, das Alltäglich sei uns quasi Gott gegeben Alltäglich zugeordnet und wir hätten alles Recht der Welt an diesem Alltags-Schlummermodus; deshalb dürften wir wie bekifft durch den Alltag gehen.

Und jede Störung der Regelversorgung des Alltags wird als Angriff auf die Menschenwürde gewertet. Jeder Ausfall einer für uns normalen Regelversorgung wie Strom, Wasser, Heizung oder bei Jugendlichen gebügelte Wäsche im Schrank – bitteschön - ein Fall für das Bundesverfassungsgericht. Der Luxus der Freizeit wird zur Kunden-Bedienmentalität, während die gerade Diensttuenden schlicht wie alltägliche Diener und Dienerinnen behandelt werden. Alltagsmodus – das ist die Frage. Wie viel ist zu viel? Oder was ist richtig, angemessen? Das ist die heutige Frage.

Quasimodogeniti infantes – ist der Name des heutigen Sonntags.

Nach dem zweiten Kapitel des Petrusbriefes: „Wie die neugeborenen Kindlein seid begierig nach der vernünftigen, lauteren Milch.“

Es geht also darum, dass wir uns rückbesinnen auf die richtige Art mit uns und unserem Leben umzugehen; wie neugeborene Kinder eben.

2.      Bibeltext

Und der Predigttext für den heutigen Sonntag „Quasi modo geniti infantes“ steht im Brief an die Kolosser, im 2. Kapitel ich lese die Verse 6+7 und die Verse 12-15.

Einfach ausgedrückt geht es in diesem Abschnitt um die Frage nach dem richtigen, angemessenen Verhalten, wenn man oder frau Christ/in ist.

In den nicht gelesenen Versen 8-11 des Kapitels geht es um Fragen, welcher Lebensphilosophie mag man anhängen, wenn man Christ ist. Wie ist das alltägliche Leben eingeordnet in das Bewusstsein, getauft zu sein.

Also es geht um die Frage, ob wir noch im Alltagsmodus vor uns dahin dümpeln oder – das gilt für Christen im Besonderen: Ob wir in der Taufe in Christus aufgerichtet und ausgerichtet sind, quasi NEU GEBOREN; eben nicht alltagsgeboren oder alltagsverzogen. Es geht um die Frage der – wie ich letzten Ostermontag ausgeführt habe – um Perspektive, das DURCHBLICKEN im Horizont der Botschaft Gottes in Kreuz und Auferstehung Christi auf unser eigenes Leben.
Was macht das mit dem eigenen Leben als Menschen, wenn man nun nicht mehr nur Mensch ist, sondern im Bewusstsein der Gnade Gottes sogar getauft und Christ? Wie richtet uns die Taufe auf, zu welcher Art des neuen Lebens? Und wie werden wir ausgerichtet, wenn wir Taufe, und Christi Heilshandeln an uns ernst nehmen und ernsthaft leben?

In der Stadt Kolossä scheint es so etwas wie einen Alltagsmodus gegeben zu haben. An jedem Tag zittert man vor dem, was kommt. Man richtet sich  nach dem Schicksal aus. Man opfert den Alltagsgöttern. Man hält nach dem Omen der Sterne Ausschau, um die Götter, das Schicksal und die Zukunft – also die Angst vor dem Alltag - zu besänftigen.

Hier setzt der Brief an, der möglicherweise vor der Zerstörung von Kolossä geschrieben wurde. Ein Erdbeben hat Kolossä im Jahr 60 nach Christus zerstört. Heute liegen die Ruinen zwischen Antalya und Izmir im Hochland der westlichen Türkei in Kleinasien.

Auch wenn in der Theologie gezweifelt wird, dass Paulus den Brief geschrieben habe, also weit nach 80 nach Christus, neige ich eher dazu, den Brief VOR das Erdbeben zu setzen. Geschrieben von Timotheus und mit Ergänzungen von Paulus; denn das Erdbeben wird mit keiner Silbe im Brief erwähnt wird. Inhaltlich versucht Paulus oder Timotheus, die Leser des Briefes von Irrlehren des Alltags wegzubringen, vom Alltagsmodus.

Irrlehren der Astrologie und des täglich in das Horoskop Schauens müssen. Irrlehren - wie zu glauben, man müsse vorsichtig in die Welt gehen, um die Götter, das Schicksal oder was auch immer zu besänftigen.

In den folgenden Textversen (Kol. 2, 16ff) wird von esoterischen Lehren wie eine Verehrung von Engelsmächten gewarnt. Kommt heute auch noch vor. Gar nicht so weit weg. Mit der Vorstellung der verschiedenen Engels- oder Lichtwesen, die mit ihren eigenen Kräften und mit Farbenspiel uns im Alltag helfend zur Seite springen. Ich muss nur mein Leben danach ausrichten, um be- und geschützt zu sein. Nonsens. Werdet wie die Kinder – SEID NEUGEBOREN.

3.      Christus als Auf-, und Ausrichter

Mit der Taufe – und das ist die Botschaft des Textes – sind wir in ein neues Leben hineingeboren, wie neugeborene Kinder. Hineingeworfen in eine Welt, die uns keine Angst mehr mit dem Leben, dem Alltagsleben machen kann. Denn in Christus wird die Angst vor einem Richtergott, vor einem ungewissen Gericht gänzlich umgewandelt in eine Gewissheit für das Leben. Die Taufe ist das Symbol für dieses neue Leben. Sie ist Hoffnung und tägliche Erinnerung an diese Macht über die Angst, die Mächte der Alltagswelt. Nochmals die Botschaft des Textes:

6 Wie ihr nun angenommen habt den Herrn Christus Jesus, so lebt auch in ihm,

7 verwurzelt und gegründet in ihm und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und voller Dankbarkeit.

12 Mit Christus seid ihr begraben worden in der Taufe; mit ihm seid ihr auch auferweckt durch den Glauben aus der Kraft Gottes, der ihn auferweckt hat von den Toten.

13 Und Gott hat euch mit ihm lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, und hat uns vergeben alle Sünden.

14 Er hat den Schuldbrief getilgt, der mit seinen Forderungen gegen uns war, und hat ihn aufgehoben und an das Kreuz geheftet.

15Er hat die Mächte und Gewalten ihrer Macht entkleidet und sie öffentlich zur Schau gestellt und über sie triumphiert in Christus.

4.      Christen im Alltag des Taufmodus

Testen wir mal Ihre/Eure evangelische Alltagstauglichkeit.

Ich teile nachher einen Fragebogen aus und Sie können /Ihr könnt dann die Punkte am Ende zusammen zählen, und anhand der Punktzahl feststellen, ob Sie im alltäglichen Schlafmodus sind, im Alltags-Krawallmodus, im alltäglichen Happy-Happy Modus, im evangelischen Alltagsmodus. …
Spaß beiseite – so einen Test gebe ich natürlich nicht aus. Weil … ich ja dann auch Lernseminare anbieten müssten wie: in sieben Schritten zum evangelischen Alltag oder achte Wege zum evangelischen Glück..

Aber machen Sie mal diesen Gedankentest:

Alltagen Sie noch oder leben sie schon evangelisch?

Nehmen Sie sich 1-3 Minuten morgens um den Blick und den Kopf für das eigene Leben zu klären. Können sie genießen? Kaffee, Frühstück oder sich selbst?

Sind Sie fähig mal eine Stunde früher aufzustehen? Einfach mal eine Woche so? Und so zu merken, was dieses Leben so lebenswert macht?

Sehen Sie das Essen, was Sie auf dem Weg zur Arbeit, mittags oder wann auch immer - als einen Moment des Glücks und der Gnade anzusehen? Beten Sie vor dem Essen um DANKE zu sagen?

Als ich letztes Jahr bei den Jugendlichen die Frage stellte, Essen/Beten, erhielt ich zur Antwort: Beten? Immer, damit die Chipstüte im Jugendraum nicht von anderen geleert wird. Nun – so geht es auch.

Oder - Sehen Sie den Menschen gegenüber an, nehmen Sie ihn war? Registieren Sie seine/ihre Augenfarbe? Wie ist er oder sind sie drauf? Freudig, interessiert, abgestumpft, oder beobachtend?

Wie ist das mit dem Alltag, wenn der Körper eben nicht mehr alles so einfach alltäglich mitmacht. Dankbar für den Rest? Geduldig für das Leben? Offen für das Leben, welches uns nach dem Tod als neues Leben erwartet?

Ich breche mal den Test ab.

Paulus/Timotheus wollen, dass die Kolossäer sich dieser Aufgabe als getauften Christen schlicht bewusst sind; DAS LEBEN KOMMT DIR JEDEN TAG VON VORNE AUS DEINER ZUKUNFT ENTGEGEN; und zwar im und trotz des Alltagsmodus.

Hört auf mit dem Alltagsmodus, als ob ihr immer neu gerettet, immer neu geboren, immer neu das Leben verdienen müsstet.

Hört auf. haltet inne. Sucht den Knopf für den Alltagsmodus und schaltet um, auf den Taufmodus. Taufmodus – das bedeutet: Ihr seid begnadet, beschenkt, Auf- und Ausgerichtet auf das neue Leben, durch Gottes Heilstat in Christi Leiden, Sterben und die Auferstehung.

Taufmodus statt Alltagsmodus, jetzt, hier heute beginnen. Denn jeder Tag ist kein ALLerweltstag, sondern ein Tauf-TAG in der Gewissheit auf das neue Leben. Wir dürfen, sollen und können uns freuen. So Paulus, Timotheus.

Was könnte ich da mehr sagen als dieses beiden? Nichts!

Und deshalb ist auch heute der Erinnerungstag an die Taufe, die eigene Taufe, weil jeder Tag ein neuer Tag ist, denn als quasi Neu-Geborene wie Kinder aber wahrnehmen dürfen.

Um dies auch emotional zu spüren, möchte ich Ihnen mal den Introitus/den Einleitungsgesang, den lateinischen Introitus mitgeben auch als Anschlussgebet der Predigt.

Quasi modo geniti infantes, Halleluja.

Hier hören!

AMEN.