02.04.2018: Day after, die Perspektive der Tage "danach"

1. Kor. 15, 50-58

 Die Verwandlung der Gläubigen und der Sieg über den Tod

50 Das sage ich aber, liebe Brüder, dass Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können; auch wird das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit.

51 Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden;

52 und das plötzlich, in einem Augenblick, zur Zeit der letzten Posaune. Denn es wird die Posaune erschallen und die Toten werden auferstehen unverweslich, und wir werden verwandelt werden.

53 Denn dies Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche muss anziehen die Unsterblichkeit.

54 Wenn aber dies Verwesliche anziehen wird die Unverweslichkeit und dies Sterbliche anziehen wird die Unsterblichkeit, dann wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht (Jesaja 25,8; Hosea 13,14): »Der Tod ist verschlungen in den Sieg.

55 Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?«

56 Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft aber der Sünde ist das Gesetz.

57 Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesus Christus!

58 Darum, meine lieben Brüder und Schwestern, seid fest und unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, denn ihr wisst, dass eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn.

 

1.      Einleitung

Lassen Sie uns heute über den „Tag danach“ reden, the Day after.

Die Älteren unter uns können mit dem Begriff „the Day after“ noch etwas anfangen. Es gab diesen Film von 1983 über einen Atomkrieg und die Frage, wie wird das Leben nach Atombomben-Explosionen in dieser Welt sein.

Ich möchte aber heute am Tag nach der Auferstehung des Herrn an Ostern etwas anderes ansehen, etwas anderes als Atomkrieg betrachten:

Wie ist der Tag danach? Stellen Sie sich vor, Sie sind gestorben und heute ist der erste Tag des neuen Lebens in der Auferstehung.
Jupp – Wie ist der erste Tag nach ihrem Tod. Vielleicht ist das eine etwas komische Frage, aber wir befinden uns heute an Ostermontag gerade in dieser Frage: Was ist am Tag nach der Auferstehung? Ich weiß, was fragt der da eigentlich? Mein erster Tag nach meinem Tod – wie der sei? Das ist doch Unsinn. Irreal. Absurd. Wirklich? Absurd?

Ist wirklich die Frage, nach dem ersten Tag nach dem eigenen Tod eine so un-sinnige Frage? Oder ist es nur eine ungewohnte Frage, weil wir in dieser Welt hier und jetzt uns einfach damit angefreundet haben, dass wir uns über den Tag danach keine Gedanken mehr machen.
Nach unserem Tod – sollten wir uns da nicht zunächst an unsere Hinterbliebenen denken. Sollten wir das? Werden wir das? Brauchen wir das? O.k. – vielleicht will man oder frau am Tag danach nicht jeden wiedersehen; vielleicht aber auch andere wieder ganz gern.

Vielleicht fragt sich der eine oder die andere: Was juckt mich der Tag nach meinem Tod. Da juckt nix mehr? Und – habe ich nicht genug andere Problem, dass ich mir an so was auch nur einen Gedanken verschwenden kann? Sicher diese Welt, in der wir leben, gibt es scheinbar wenig Raum für die Fragen und Gedanken für den Tag danach. Den Tag nach dem Tod, den day after und damit – ich sage das mal gänzlich ungeschützt: Den ersten Tag des neuen Lebens.

Wie wird das wohl sein, an dem Tag eins danach?

Wie wir ja als Evangelische wissen, war diese Frage in den Anfängen der Reformation ein wichtiges Thema. Was passiert nach dem Tod? Ablass und die Sünden, die dann eben nicht zur Auferstehung in die Herrlichkeit führen, sondern in die Läuterung des römischen Fegefeuers. Sie wissen ja, Fegefeuer ist der große Gasgrill Gottes, um die Menschen, die hier in diesem Leben Mist gebaut haben, nochmals gegrillt werden, um für die irdischen Sünden zu leiden. Wenn wir nach 500 Jahren Evangelisch nun ehrlich sind, hat das Luther deutlich geschafft: Das Fegefeuer als Vorstellung des ersten Tages danach ist so ziemlich das Letzte, an was ein Evangelischer denkt. Und möglicherweise ist den Römern heute auch schon die Flamme des selbst erfundenen Gasgrill Gottes ausgegangen. Es zeigt nur, wie krank menschliche Hirne sind, die Auferstehung nicht verstehen wollen.

Also: Wie wird wohl dieser erste Tag danach aussehen?

Ich möchte euch/Sie aber mal auf diese Reise für einige gedanklichen Minuten mitnehmen und schauen wir mal, wohin uns diese Gedanken heute an Ostermontag, am Tag nach der Auferstehung, führt.

2.      Bibeltext

Nun – nicht ich bin auf diese Frage selbst gekommen, sondern mit dem heutigen Predigttext drängt sich die Frage nach dem „day after“, dem Tag nach dem Tod so förmlich aus.

Der Predigttext steht im 1. Korintherbrief des Paulus und der Text bildet er den Abschluss des ersten Briefs an die Korinther.

Ich hatte ja schon des Öfteren über das zwiespältige Verhältnis von Paulus zu „seinen“ Korinthern gesprochen; zu den ersten Christen in Korinth, jener Metropole an der Landenge zwischen nördlichem Festland Griechenlands und dem südlichen Gebietes des Peloponnes. Heute will ich nur mal auf das letzte Kapitel des Korintherbriefs eingehen. Das ganze Kapitel 15 handelt von der Auferstehung und den Fragen, die sich damit für Paulus schon um im Jahr 50 nach Christus, also vor fast 2000 Jahren ergeben. Ich kann nur empfehlen, das Kapitel vor dem Mittagsessen mal durchzulesen: 1. Kor. 15!

Zunächst (V. 1-11) geht es darum, dass Paulus ausführlich die Zeugen benennt, die Jesus als Auferstanden, Auferweckten gesehen haben.

Dann (V. 12-19) geht er auf das Leugnen der Auferstehung von Zweifeln ein. Dagegen betont Paulus: Christus ist auferweckt (V: 20-28) und kommt dann zu der Spekulation (29-49), wie das leben aus der Auferstehung ist, wie wir uns auch heute auf diesen Weg machen. Letztlich gibt Paulus eine einfache Antwort: Wer sich zuviel Gedanken macht, wird es nicht kapieren. Ich würde es vergleichend so ausdrücken: Wer sich zuviel Gedanken macht über Vertrauen, Liebe und Auferstehung, der verpasst Vertrauen, Liebe und Auferstehung, weil er sich zu viel Gedanken macht.

Nun folgt der heutige Predigttext bei Paulus. Ich lese die Verse 50-58.

Tod – Wo ist dein Stachel? Tod, wo ist dein Sieg?

Das ist die Frage, der wir uns eben auch heute beschäftigen.

3.      Christus, Tod und das Leben danach

Auferstehung – was das ist, das kann ich kurz machen. Denn ich hatte ja schon vor einem Jahr ausgeführt, dass nichts Problematisches dabei zu verstehen ist, was Auferstehung ist. Tod, nun wieder lebendig. Das ist nun wirklich kein riesiges Problem zu denken oder zu verstehen. Und die ganzen theologischen Bedenkenträger hinsichtlich der einer realen Auferstehung sind – ich gestehe das – aus evangelischer Sicht eigentlich nicht zum Pfarramt geeignet, denn Ohne Auferstehung ist alles (auch das Kreuz) nichts. Dann wäre unser Glaube kein Glaube, sondern eine Philosophie für das Schöner Leben im Leben. Also nett, aber auch nicht mehr als nett. Es wäre ein Gedankenspiel, nicht verstehbar aber vielleicht nocht interessant. Und wenn man Auferstehung nicht „glauben“ kann, sollte man sich eigentlich abwenden von evangelischen Glauben und Kirche.

Denn wir können auch nicht Liebe, Geborgenheit oder Vertrauen Glauben, wenn wir es nicht in unserem Inneren als Hoffnung erlebt haben. Wenn wir nicht mal verstehen, was Liebe, Geborgenheit oder Vertrauen ist, wie sollte man dann Auferstehung verstehen können, wenn man keine Hoffnung in sich trägt. Das ist wie über Liebe und Vertrauen reden, aber überhaupt nicht fühlen, spüren, erfahren und in sich aufnehmen können.

Was ist und wird also mit der Auferstehung des Jesu von Nazareth uns zugesagt? Was versuchen uns die Frauen als erste Osterverkündigerinnen als die Ur-Apostelinnen und in der Nachfolge die männlichen Apostel zu sagen mit: „Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden“?

Letztlich ist auch das ganz easy, einfach simpel: Tod-Lebendig.

Auferstehung hat zwei, nur zwei wichtige Aspekte. Denn diese beiden Aspekte sind die Botschaft die den Tag danach, die Tage danach, the day and all days after easter-message.

1. Das Leben geht weiter, auch nach dem Tod. Durch Christi Auferstehung sind wir gerufen, Tod nicht als die Letzte Antwort des Lebens anzusehen. Wir müssen und brauchen den Tod nicht zu akzeptieren.

2. Mit der Auferstehung wird jede Art von Tradition, also dem wie es bisher war, völlig auf den Kopf gestellt. Nichts ist mehr wie gestern und soll und kann nicht  mehr wie gestern sein. Davon berichtet die Osterbotschaft. Gottes Zusage ist nicht mehr nur für Israel, sondern neu - für alle.
Gottes Zusage ist nicht mehr nur für die, die meinen, die richtige Glaubensauffassung zu haben. Gottes Gnade ist nicht mehr nur für die Kirchgänger, sondern für alle Welt geöffnet. Mit der Auferstehung wird der menschlichen Vorstellung wie Gott agiert, also die menschliche Verfügbarkeit über Gott als Illusion kranker Gehirne entlarvt.
Wer glaubt zu wissen, besser als Gott zu wissen, ist verloren. Wer gnädig annimmt, ist gerettet.
Letztlich beendet die Auferstehung jede Tradition. Das schließt Diskussionen um nur diese Kunstrichtung, Lieder oder Verhaltensweisen ein. Kurz: das Kleinkarierte hat seine Linien verloren durch die Auferstehung. Die Grenzziehungen bisheriger Lebensvorstellung sind im Denken, im Handeln und bei Gott schlicht verschwunden.

4.      Heute – Tage danach

Also: Wie leben wir unser Leben im Bewusstsein, dass wir einen Tag danach, nach unserem Tod zu leben haben und im Bewusstsein, dass alle menschlichen Traditionen und Annahmen im Angesicht der Auferstehung Schall und Rauch und schlicht Nonsens sind?

Heute würde wir sagen: Wie siehst du deine Perspektive im Bewusstsein an die Gewissheit der Auferstehung?
Wie verändert sich der Blick, wenn ich glaube und weiß, dass mit dem Tod die Gnade Gottes seine Erfüllung im Weiterleben hat? Wie locker, wie freudig erregt, wie gelassen, kann ich evangelisch sein, weil das Evangelium mich trägt im Alltag, in den Sorgen, in der Freude und letztlich im Bewusstsein, dass ich hier sterben muss?

Evangelium und Auferstehung ist letztlich nur eines: PERSPEKTIVE.
Per-Spicere – lateinisch für HINDURCHSEHEN. Den Durchblick haben.
Wir haben in und durch die Auferstehung Perspektive, den Durchblick durch den Tod hindurch zum Leben.

So ist die Botschaft für den Tag danach recht einfach:
Mut besiegt Angst. Perspektive besiegt Tradition. Und Hoffnung ist die Verheißung heute, am Tag nach der Auferstehung, und seither alle Tage seit der Auferstehung. Amen.

Herr, schenke uns Gelassenheit für das eigene Leben, Gewissheit für das Leben im Tod und Hoffnung, Perspektive für heute und morgen. Amen.