15.10.2017  - 18. So. n. Trin.

Thema: Vermögen - Die Fähigkeit zur Klarheit

Markus 10, 17-27

Reichtum und Nachfolge

17 Und als er hinausging auf den Weg, lief einer herbei, kniete vor ihm nieder und fragte ihn: Guter Meister, was soll ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?

18 Aber Jesus sprach zu ihm: Was nennst du mich gut? Niemand ist gut als der eine Gott.

19 Du kennst die Gebote: »Du sollst nicht töten; du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemanden berauben; du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.«

20 Er aber sprach zu ihm: Meister, das habe ich alles gehalten von meiner Jugend auf.

21 Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin, verkaufe alles, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben, und komm, folge mir nach!

22 Er aber wurde betrübt über das Wort und ging traurig davon; denn er hatte viele Güter.

23 Und Jesus sah um sich und sprach zu seinen Jüngern: Wie schwer werden die Reichen in das Reich Gottes kommen!

24 Die Jünger aber entsetzten sich über seine Worte. Aber Jesus antwortete wiederum und sprach zu ihnen: Liebe Kinder, wie schwer ist's, ins Reich Gottes zu kommen!

25 Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, als dass ein Reicher ins Reich Gottes komme.

26 Sie entsetzten sich aber noch viel mehr und sprachen untereinander: Wer kann dann selig werden?

27 Jesus sah sie an und sprach: Bei den Menschen ist's unmöglich, aber nicht bei Gott; denn alle Dinge sind möglich bei Gott.

 

 

1.       Einleitung

Es gibt Menschen, die wollen viel. Sie wollen, dass man Sie bewundert, belobigt und - wie man bei uns im Hinterland sagt - ästemiert.

Astimare - lat. Wertschätzung zeigen.

Es gibt diese Menschen, die nicht ohne die Bestätigung der Anderen leben können und ständig darauf aus sind, dass man deren Handlungen, Denken und selbst deren bloße Existenz als ein Gnadenakt der Geschichte ansieht.

Das müssen nicht nur die sein, die ganz oben sind und scheinbar ständig nach Aufmerksamkeit und Bestätigung gieren.

Nein nicht nur ganz oben. Denn in vielen von uns steckt auch dieser Wunsch beachtet, geachtet, gewertschätzt und letztlich geliebt zu werden. Sicher auch in mir: Denn, was könnte es Größeres geben als ein Lob für die eigene Arbeit, eine Zusprache für eine Predigt oder gar ein bewundernder Blick für Dinge, die man macht. Irgendwie scheinen wir alle diesem Drang zu unterliegen, nach Beachtung und Bewunderung zu streben. Manche kaum, manche überborden.

Und wenn eine solche Person uns gegenübertritt (nicht nur im Spiegelbild), dann ist taktieren angesagt. Manche Dinge sind heiße Eisen.

Denn wie soll man auf die Fragen reagieren: Ist meine Frisur schön? Wie passt die Hose? War das nicht gut? Oder auch nur: Hat dir mein Kuchen geschmeckt?  Und selten kommen Antworten vor wie: Frisur - genannt Wischmoplook. Ist die Hose aus Strech? Kuchen - ganz o.k., aber etwas trocken und zu kurz gerührt.

Als ich mich aus meiner letzten Pfarrstelle im Gottesdienst verabschiedet habe, kam eine Frau zu mir, die immer am Ausgang sagt: Ach Herr Pfarrer, war das wieder schön? Da schwellt die Brust und ich hielt mich für den besten Prediger. Bei diesem Abschied kam wieder der Satz und natürlich: Wie schade, dass sie hier aufhören. (echt - es gibt Menschen die so was sagen; selten aber..) Ich habe mich überwunden und fragte dann, was denn so toll sei. Antwort: Sie lassen die alten Lieder singen. BOOM.

Man sollte nicht fragen, wenn man die Antwort nicht vertragen kann. Oder man sollte sich vielleicht angewöhnen, weniger diplomatisch und mehr klar, offen und ehrlich zu sein. Eine wirklich nicht einfache Aufgabe.

Als wir vor vier Wochen der offene Brief an die Stadt und den BGM geschrieben haben, hagelte es - neben vielem Lob - auch Kritik, weil wir nicht Diplomatisch seien und es einer Kirche nicht zustehe, so was zu machen. Aber was soll man tun, wenn die Paulusgemeinde durch Menschen zurück gesetzt wird, weil auf Anfragen schlicht nicht geantwortet wird. Ein wesentlicher Aspekte zwischen Menschen ist die offene und klare und eindeutige Kommunikation. Verweigert sich jemand, dann ist es keine Bagatelle, sondern ein Zeichen von Überheblichkeit.

Und wenn Menschen sich über andere stellen, scheint es eine wesentliche Aufgabe des Evangelischen zu sein, Klarheit, Verlässlichkeit einzufordern.  

Denn - Sofern diese Menschen andere lediglich zu ihren Claqueuren (Volk zum Applaudieren) machen, ist es notwendig mit einer Klarheit und Deutlichkeit zu reagieren, wie Luther in Worms.

2.       Bibeltext

Auch in unserem heutigen Predigttext begegnet uns eine solche Person mit einem ausgeprägtem Geltungsbedürfnis.

Predigttext lesen: Mk 10, 17-24  

Die Geschichte im Markusevangelium ist allein schon dadurch weltbekannt, dass es diese Sentenz, diese KERNAUSSAGE mit dem Kamel und dem Nadelöhr gibt.

Aber der Reihe nach, weil diese Geschichte die Gefahr in sich birgt, zu schnell, zu vorlaut und vor allem falsch gedeutet zu werden.

Was sind die Gefahren, Fehler und Fallen, die diese Geschichte auslösen können.

1. Die Geschichte bei Markus redet NICHT von einem reichen Jüngling, wie das Matthäus tut und damit den Blick auf "unreife" Menschen zu lenken scheint. NEIN. Bei Markus geht es um einen Menschen, der herbeilief und sich hinkniet. Also ein normaler, ein Herbeigelaufener eben, während Jesus auf seiner Wandertour durch Galiläa zieht. .

2. Es geht eindeutig nicht darum, dass Reiche NIEMALS ins Himmelreich kommen. Denn, wenn es so wäre, dann könnten wir den Laden zumachen, denn niemand ist in Deutschland so arm, wie gefordert. Wir sind reich, im Verhältnis zu Hungernden, zu Menschen ohne Krankenversicherung, zu denen die kein sauberes Wasser, Straßen, Wohnung, Heizung und Sozialabsicherung habe. Sind wir reich? Sind wir vermögend?

Machen wir mal den Test. Wie viel Vermögen haben Sie dabei. Geldvermögen in Bar? Geldvermögen in Bank- oder Kreditkarten? Welche Wert haben die Schlüssel, die Sie bei sich haben? Welches Vermögen hängt daran? Ein Fahrrad, Auto oder Haus. Oder alles zusammen. Wie viel Vermögen und Reichtum ist das? Was hängt an so einem banalen Haustürschlüssel denn für ein Vermögen dran? Die komplette Wohnungseinrichtung, vielleicht sogar das ganze Haus, wenn es Ihnen gehört.

Merken Sie, was sie an Vermögen mit sich rumschleppen. Und ich wir reden nicht von wenig Vermögenswerten, die jeder von uns mit sich herum trägt. Wir sind reich. Aber - Uff. Aufatmen. Es geht in der Geschichte nicht um das Vermögen an sich, sondern vor allem um den Umgang damit. Aber es muss deutlich bleiben. Auch ein Schlüssel vom Fahrrad, Auto oder Haus wird niemals durch ein Nadelöhr gehen.

3. Nicht alle Arme kommen automatisch in den Himmel. Also auch kein Umkehrschluss. Denn Armut ist kein Freifahrtschein beim Tod.

4. Die Aufforderung Jesu, zu einem Kamel zu werden, um sich durch ein Nadelöhr zu quetschen, ist unerfüllbare Grenze. Es ist eine Ansage ohne wenn und aber. Selbst die Jünger, sind doppelt entsetzt über Jesus. V 26: Wer kann dann selig sein?

5. Aber achtung: Man sollte nicht zu schnell mit dem Recihtum liebäugeln. Denn die Gefahr ,die von dem Reichtum ausgeht ist ebenso wie bei den anderen Geschichten mit dem selbstgerechten, reichen Kornbauern oder den nur an sich selbst denkenden Pfarrern und Küstern.

Um was geht es also in der Geschichte?

3.       Christus als Nachfolge

Sei kein Geck! Sei kein Mensch, der nach Bestätigung giert und dabei vergisst, dass nicht du selbst auf Gnade und Liebe angewiesen bist. Du kann keine Liebe und Aufmerksamkeit und Beachtung durch Geckenhaftes Anbiedern erhalten, wenn du Menschen dazu nötigst, dich zu bejubeln, weil du vielleicht vermögend bist, weil du glaubst, der Tollste, der Beste, der Wichtigste, oder was auch immer zu sein.

Hier treffen wir einen Menschen, der Jesus nötigen will, der Jesus - einen Bekannten, Berühmten für seine Zwecke einspannen will. Es geht nicht um das ewige Leben ererben und was dazu getan werden muss. Und Jesus nervt es schon, dass er für so einen Mumpitz missbraucht werden soll. Die Anrede, guter Meister, ist schon eine Farce, eine Einleitung zur Inbesitznahme für den Zweck des Herbeigelaufenen. Ad hoc - Bestätigung sucht da einer. Nicht mit Jesus. Wer keine offene, ehrlich, direkte und klare Antwort vertragen kann, sollte nicht fragen.

Wer nicht damit umgehen kann, dass wir Menschen fehlen, lieben, lügen, herzen, und schlicht angewiesen sind auf die Gnade Gottes, hat das Kamel Problem. Du bist ein Kamel und deine Versuch dich durch ein Nadelöhr zu pressen, sind nutzlos. Du bist ein Kamel, wenn du glaubst, dich durch andere zu profilieren. Kamel!

Jesus verweigert sich diesem Selbstfindungstripp des Herbeigelaufenen. Und zwar in einer radikalen, direkten, offenen und entwaffnenden Art.

Gerade erst hat er die Kinder gesegnet und wir sollten so werden wie die Kinder. Nun kommt einer an, der sich als supertoller Gesetzeserfüller präsentiert. Sein Tun scheint perfekt. Was könnte der Meister sagen? Aber Jesus ist eben kein Selbsterfüllungsguru. Er führt den Blender zurück auf das, was ihn entlarvt. Deshalb liebt er ihn.

Dein Reichtum verblendet dich und hat sich zu einem Gecken gemacht. Das macht Jesus des Öfteren: An anderer Stelle beim reichen Kornbauer - dort ist es die Selbstzufriedenheit, die den Blick für die Endlichkeit, auf das Angewiesensein der Gnade Gottes aufgibt und träge werden lässt.

Bei den Pfarrern und Küstern (Schriftgelehrten und Pharisäern) ist es die angebliche Ausbildungsüberlegenheit, die den Abgrund auf macht. Den Abgrund des Geckenhaften, den Abgrund der Selbstverliebtheit, den Abgrund sich selbst zum Herrn über alles - selbst über das Leben zu machen.

Die Antwort ist einfach: Wer sich selbst erlösen will, ist ein Kamel und muss wie ein Kamel durch ein Nadelöhr. Klare Botschaft.

Denn allein Gott ist es möglich, nicht dem Menschen. Seine Gnade ist nicht verhandelbar, nicht verdienbar mit Werken und nicht käuflich mit Geld zu erwerben. Sie ist ein Geschenk, der ich mich würdig erweisen muss.

4.       Heute

Fasst man die Botschaft dieser Geschichte für uns heute zusammen, so sind zwei Aspekte ausschlaggebend.

1. SEI KEIN GECK. Stell dich nicht selbst dar. Benutze keine Anderen deinen Ruhm zu mehren. Im Angesicht Gottes und deines Todes hilft dir keine Zufriedenheit, kein Reichtum und auch keine besondere Fertigkeit; noch nicht einmal den perfekten Käsekuchen machen zu können.

Sei dir bewusst, dass du sündigst, wenn du meinst, die seiest ALTERNATIVLOS durch  deine Arbeit, dein Hirn oder dein Können. Die Alternativ ist immer da. Weil die Alternative zum Geckentum die Antwort Jesu ist: Gott ist der, der dich auf seine Waage stellt und das Urteil spricht. Also höre auf mit dem Rumgehabe, dem Wichtigsein, dem Gefallenwollen.

Tut das, was du kannst und vertraue auf Gott.

2. Wenn du Gecken begegnest - und ich gestehe - es wird nun haarig:

Sei offen, ehrlich, direkt und wirke wie ein Spiegel für den Anderen.

Sei dem anderen sein ICH. Zeige seine Selbstverliebtheit, sein Geckenhaftes Tun auf.

Dem der sich und seine Ideen als alternativlos präsentieren will, zeige ihm die Alternativen auf. Mache den Menschen deutlich, durch klare, eindeutige und unausweichliche Sprache, was das Problem von ihm ist. Jeder andere Versuch der Kontaktaufnahme darf getrost als gescheitert angesehen werden. Werde dem Geck ein Geck, damit er merkt - SO NICHT. Und die richtige Antwort auf die Alternativlosigkeit ist ein deutlichen NEIN - so nicht und du auch nicht. Wie Jesus mit dem Herbeigelaufenen.

Das ist nicht einfach, macht nicht immer Freund an mächtigen Stellen. Aber der Aufruf der heute durch die Landen geht ist eindeutig: Stelle dich der Wahrheit und Klarheit, wenn du selbst oder andere von Egennutz, finanzieller Blindheit oder auch von Unvermögen betroffen bist.

Nur so kann die Gnade Gottes uns Kamele durch das Nadelöhr bringen. Nämlich dann wenn wir diese verzwickte Aufgabe Gott allein überlassen.

Amen

Herr, schenke und Kraft unseren eigenen Geck in uns und den anderen klar und mutig zu begegnen. Amen.