Thema: Bist du bereit?

 

Mt. 14, 22-33 Jesus und der sinkende Petrus auf dem Meer

22 Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe.

23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein.

24 Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen.

25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer.

26 Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht.

27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!

28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser.

29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu.

30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich!

31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?

32 Und sie stiegen in das Boot und der Wind legte sich.

33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!

 

1.        Einleitung

Die Zukunft bereitet manchen Menschen gewaltige Ängste; vor allem dann wenn wichtige Entscheidungen anstehen oder sich ankündigen.

Was wird morgen passieren? Welche Note bekomme ich in der Schule, bei der nächsten Klassenarbeit? Oder - Schaffe ich das Auswendiglernen für meine Konfirmation? Kann ich den Jungen, das Mädchen welches ich toll finde, ansprechen - ohne mich zum Affen zu machen? Was soll nur aus mir werden? Welchen Beruf, welche Lehrstelle soll ich ergreifen. Oder Abitur oder Studieren? Bin ich dafür geeignet? Wie ist das mit dem Aus- oder Zusammen- und wieder Ausziehen? Finde ich einen Partner? Welche Partnerschaft hält? Und - wie doof stelle ich mich an bei der Partnersuche, beim Flirten oder mehr?

Werde ich den Anforderungen im Beruf gerecht? Wie wird das mit den betrieblichen Veränderungen? Was erwarten die anderen von mir? Und - reicht das Geld oder erdrücken mich Schulden? Haus, Wohnung kaufen oder nur mieten?  Wie wird das, wenn mein Partner pflegebedürftig, vielleicht dement wird? Wie - wenn ich krank werde? Kommt der Krebs zurück? Was mache ich, wenn ich zu alt für die eigene Wohnung werde? Und der Tod - meine Güte Gott was soll das nur werden?

Ängste allerorts. Habe ich was vergessen?... Ah - vielleicht das Wesentlichste unter der Jugend: Was ziehe ich nur an? Sind meine Haare toll?

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die scheinbar die Zukunft nicht als Angst, sondern als Lebenselixier begreifen und aufnehmen. Dort ist keine Angst vor der Zukunft zu spüren, sondern nur eine kindliche Freude auf alles Neue. Manche Menschen streben nach der Zukunft wie nach einem phantastischen Abenteuer. Selbst in der Kita kann man schon diese Entwicklungslinien sehen, wo selbst Dreijährige Sechsjährigen mit ihrer Gedankenlosigkeit, ihrer Erkundungsfreude und ihrem Lebensdrang in den Schatten stellen. Unbändiger Drang zu erforschen, zu erkunden und alles Neue ohne Scheu aufzunehmen. Und wenn wir ehrlich sind, ist es häufig diese Anlagen aus frühster Kindheit du uns wesentlich bestimmen, bis ins hohe Alter. Der Umgang mit dem, was und wie Zukunft behandelt wird, ist und bleibt prägend.

Da steht ein Tret-Roller. Wage ich es oder tue ich es einfach. Stehe ich auch oder bin ich etwas eingeschüchtert. Und immer neue Herausforderungen im Leben: das Fahrrad, das Schönschreiben bis hin zu Bedienungsanleitung für den neuen Fernseher. Herausforderungen allerorts.

Wesentlich für unsere Existenz ist also immer dann etwas, wenn wir an einem der kleineren oder größeren Scheidewege stehen und entscheiden müssen, wollen wir diesen oder einen anderen oder eben gar keinen Weg gehen. Kinder, die mit 30 Jahren aus dem Elternhaus und dessen Bequemlichkeiten getrieben werden müssen, oder vielleicht zurück geholt werden müssen - weil sie auf einer schiefen Bahn, einem falschem Partner gefolgt, arbeitslos oder - schlicht - lebensmüde sind.

Die Zukunft ist - wenn man es evangelisch sehen will - die Herausforderung, wie wir mit der einzig wirklich wichtigen Frage im Leben umgehen müssen. Der Frage, die alles in den Schatten stellt, die wir uns und an uns gestellt werden: Die Frage: Bist du bereit? Bist du Bereit, den neuen Weg, die Herausforderung, die Einsamkeit, die Krankheit, die Ehe, das Erziehen von Kindern, das Hausbauen, das sich Scheiden, das Sterben auf dich zu nehmen? Bist du bereit?

2.       Predigttext

Bist du bereit, Petrus? So scheint uns der Bibeltext auch für uns zuzurufen. Bereit, die Balken im Wasser des Sees zu sehen? Bereit das Neue , die unsichtbare Hoffnung und Zukunft in die eigene Hand zu nehmen? Bereit, den Boden unter deinen Füssen, sei es auch Wasser oder Treibsand zu betreten. Bist du bereit zur Hoffnung, die in der Zukunft auf dich wartet?

Matthäus hat diese Geschichte mit viel Sinn und Verstand genau in die Mitte seines Evangeliums gesetzt. Zwischen Geburt und dem Missionsbefehl. Er bildet die Mitte in seinem Evangelium, dass vorrangig für Judenchristen geschrieben ist, um 80 nach Christi Geburt, wahrscheinlich im heutigen umkämpften Syrien. Der Text bildet nach dem bisherigen Showdown des Evangeliums, nämlich der Verwerfung Jesu in Nazareth (Mt 13, 53-58), der Hinrichtung des Johannes des Täufers (Mt 14, 1-12), der Speisung der 5000 (Mt. 14, 13-21) nun die Bekenntnismitte: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn (Mt. 14, 33).

Voran geht - unausgesprochen - nun die uns bekannte Frage an Petrus: Bist du bereit, über das Wasser zu laufen, um mir entgegen zu kommen.

Erst diese persönliche Tat, das Spüren der Macht Gottes am eigenen Körper, das Rütteln der Wellen am Boot, die Einsamkeit und das Ausgeliefert sein an die unsichere Zukunft - all das verkörpert die kleine Geschichte im Matthäusevangelium. Und Sie endet in der Erkenntnis: Du bist Gottes Sohn.

Gottes Sohn - so fasst es Matthäus für die Judenchristen komprimiert zusammengefasst. Nach der ausführlichen Genealogie - der Herkunftsgeschichte Jesu bis Abraham zurück (Mt. 1), der Bergpredigt und einer Vielzahl von Wundern und Gleichnissen, kommt in der Mitte des Evangeliums Matthäus zu seiner Botschaft: Jesus von Nazareth ist Gottes Sohn.

Der Text hat viele Besonderheiten: Jesus sucht nach den 5000 die Einsamkeit und schiebt die Jünger ab ins Boot. Die Jünger im Boot in Not. Und dann das Phantasma, Jesus wird als etwas Phantastisches, als ein Geist wahrgenommen. Und antwortet: Ich bin's, keine Angst. - Unausgesprochen: Sei ihr bereit? Dass der vorlaute Petrus einen Beweis verlangt und sich dabei selbst in den Vordergrund spielt - lassen wir mal unbeachtet. Er ist bereit und furchtlos; zu Beginn. Erst als er Zweifel hat, säuft er ab. Mitten im Vorwärtsdrang hält er inne und versinkt und benötigt die Hilfe zum weitergehen! Und so erkennen die Jünger und bekennen: Ja du bist wahrhaftig Gottes Sohn.

Was heißt das für uns heute? Du bist Gottes Sohn

3. Christus - Gottes Sohn

Mit dieser Kurzform wird in den Evangelien eines ausgedrückt: Jesus von Nazareth steht in einem unvergleichlichen Verhältnis zum Gott Israels. Als Sohn Gottes ist er unmittelbar in das Gottes Geschehen und in seine Mächte eingebunden. Er kann Kranke heilen, Tote aufwecken oder - wieder alle Physik - auch über das Wasser wandeln. Sicher für uns hört sich das alles wie Zauberwerk oder Mythen an. Die Menschen damals haben aber etwas im Umgang mit diesem Jesus erlebt, was die Physik, die Erfahren des Alten auflöst. Die Zukunft bricht - wenn Jesus dabei ist - in einer völlig neuen Wirklichkeitserfahrung auf. Sohn Gottes - das ist die unverständliche und doch zusammenfassende Beschreibung von Zukunftserfahrungen, die viel weiter und tiefer gehen als wir uns das vorstellen können.
Und irgendwie haben die Menschen, die diese Erfahrung mit diesem Christus, dem Gesalbten machen eine gänzlich andere Zukunft neu vor Augen als noch eben. Die, die diese Erfahrung machen, werden gleichsam in den Bann des Neuen, der Zukunft hineingezogen.; wenn man denn bereit ist für das Neue. Diese gebannten Menschen werden - wieder ein schönes Wort - zu Kindern Gottes, die eine Zukunft fühlen, wahrnehmen und erkennen, wie es heute manchmal rational schwierig ist; oder doch nicht.

4. Bereit für die Zukunft unter Gottes Verheißung

Wer jemals das erhabene Gefühl von Zukunft erfahren hat, weiß wovon ich rede. Gefühl, das Gleichgewichtssinn trägt. Gefühl, was Liebe bedeutet. Gefühl - wie Vertrauen im Beruf Zukunft eröffnet. Gefühl - eigene vier Wände zu betreten. Sicher - rational nix von Bedeutung. Aber was ist von Bedeutung, wenn es sich nicht fühlbar niederschlägt in uns selbst; wenn es nicht uns bereit macht für eine neue Zukunft.

Bereit sein, für eine neue Zukunft, die trägt, die Wasser zu tragfähigem Grund macht, als ob wir drüber laufen könnten; oder die dem Himmel eine Leiter gibt, als ob wir fliegen könnten; oder dem morgigen Tag eine Richtung gibt, ab ob wir mit Effet der eigenen Rotation einer gewünschtes Ziel ansteuern.
Bist du bereit für die Zukunft oder klammerst du noch? Das ist die Frage, die uns der Text heute stellt. Letztlich ist es die Frage nach der glaubenden Hoffnung; kurz Vertrauen oder dem Zurückblicken auf das Gewohnte.

Im Sinne des Evangelischen ist es gerade die Kernbotschaft für unsere Existenz. Mit allen Ängsten, die uns bestimmen und vorsichtig machen, bleibt es letztlich bei der Frage: Bist du bereit - im Vertrauen auf die Gnade Gottes in Christus - Zukunft zu wagen; egal wie schlecht, wie un-glaublich, wie un-möglich, wie ir-rational dieser Weg scheint.

Müsste man diese evangelische Vertrauen mit einem Fremdwort beschreiben, so bliebe das Wort: Resilienz. Resilienz wird in vielen Wissenschaften verwendet. Es beschreibt eine Belastungsfähigkeit auch unter widrigen Zuständen.

·       Bei technischen Systemen - trotz Hindernisse und Teilausfällen nicht VOLLSTÄNDIG zu versagen.

·       Bei Materialien trotz Beanspruchung zum Ausgangszustand zurückzukehren.

·       Bei Ökosystem eine Art Selbstreinigungskräfte zu mobilisieren, um so in Krisenzeiten wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

·       Für Gesellschaften gilt Resilienz als die Fähigkeit, externe Störungen zu verkraften.

·       Und - in der Psychologie - beschreibt Resilienz eine innere, psychische Widerstandskraft, die auch bei erheblichen und teils massiven (Lebens-, Existenz-) Bedrohungen die Zukunft des eigenen Lebens positiv sieht und somit Handlungsfähigkeit garantiert.

Im Evangelischen ist - wie ich schon am Mittwoch in meinem Vortrag ausführte - diese Belastungsfähigkeit, die wesentliche Erfahrung, die sich in der Gnadenzusagen Gottes in Christus in uns hinein festsetzt, befreit und letztlich zu Leistungen über die eigenen Grenzen hinaus anleitet.

Egal - wie das Leben sich entwickelt, egal ob wir vor scheinbar unlösbaren Aufgaben stehen oder uns Anfeindungen ausgesetzt sehen - in der geglaubten Hoffnung, das ist nun mal Vertrauen, werden wir in Christus getragen. Wir sind bereit: Heute, Morgen und über unser Leben hinaus.

Amen.

Herr, schenke uns Kraft, Mut und Zuversicht bereit für deine Zukunft zu sein. Amen.