Thema: Gerechtigkeit, Friede, Freude

 

Röm 14, 17-19

 

17 Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem Heiligen Geist.

18 Wer darin Christus dient, der ist Gott wohlgefällig und bei den Menschen geachtet.

19 Darum lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander.

 

1.       Gerecht, Gerechtigkeit, Recht

Vergleicht man die Verfassungen von Ländern so fällt schnell auf, welches die wesentlichen Elemente der Ausrichtung einer Nation sind.

In Japan steht in den ersten 5 Artikel vieles über den Kaiser und die Obrigkeit und demnach wird die Bildung in der Schule nach einem Ordnungsprinzip und einem Obrigkeitsdenken ausgerichtet. Das Individuum tritt deutlich hinter die Gruppe und Gemeinschaft zurück.

Nimmt man dagegen die Verfassung der vereinigten Staaten von Amerika (1787), genauer gesagt die Unabhängigkeitserklärung von 1776 so wir deutlich, dass es um was gänzlich anderes in den USA ging und geht.

Die Macht geht von den Menschen aus, die sich zusammenschließen. "Power of the people" mit dem Ziel, dass die Menschen mit ihrem Leben sich nicht nach Anderen ausrichten sollen, sondern das Streben nach dem eigenen Glück (pursuit of happiness) Trieb- und Antriebsfeder sein soll. der Einzelne als Einzelner ist besonders im Blick. Deshalb haben auch immer noch viele Amerikaner so ein Problem damit, UNFREIWILLIG für andere die Krankenkassen, Rente oder Sozialversicherung zu zahlen. Lieber spenden, weil dass aus dem eigenen Innersten kommt und nicht eine rechtlich erzwungene Last ist. Deshalb sind so viele nach wie vor gegen das Obama Care, eine Basis-Krankenversicherung für alle.

In der DDR kam der Bauern- und Arbeiterstaat als erstes und erst viel später der Einzelne.

Und generell ist es so, dass diese ersten Artikel dann auch das Schulsystem und die Lehrinhalte bestimmen. In Japan wird das Gruppengefühl über das Individualrecht gestellt, in der DDR der Staat vor allem. In den USA geht es um die Nutzung der eigenen Chancen".

In West-Deutschland und nun in Gesamt-Deutschland beginnt das Grundgesetz mit der Würde des Menschen und nicht - wie noch die Weimarer Reichsverfassung - mit der Ordnung des Staates. Nachdem die Deutschen mit der Wahl von Nazis als pol. Führer das Tor zur Hölle aufgestoßen haben und deren faschistische Gerechtigkeit zu einem Fluch gegen ausgegrenzte Menschen wurde, haben die Grundväter und Mütter in der Bonner Republik die Würde und die Menschenrechte an den Beginn gesetzt; als Warnung, Ermahnung und als Auftrag.

Der Sozialstaat als Hilfe für Schwache und Ungebildetete.

Dass diese Form sich mit einer "sozialen Marktwirtschaft" paarte war ein Segen in den letzten 70 Jahren. Denn Leistung und Können wurde auch als Verpflichtung und Aufgabe verstanden; nicht mehr Blut, Aristokratie oder Rasse.

Und heute haben wir ein neues Problem: So gerecht die soziale Gerechtigkeit in Deutschland schien, so wenig wissen wir aktuell eine Antwort auf die Frage, was mit den Menschen machen, die gar nicht mehr aus der sozialen Hängematte einerseits herauskommen oder andererseits gar nicht heraus wollen oder diese ausnutzen.

2.       Bibeltext

Im heutigen Predigttext aus dem Brief des Paulus an die Römer wird gerade die Frage nach der Grundhaltung evangelischer Gerechtigkeit, evang. Gesinnung und dem evangelischen Friedensstrebens ausgeführt.

Der Brief des Paulus an die Römer ist - das kann man ungeschützt sagen - der wesentliche Kern des Neuen Testamentes. Warum?

Schauen wir uns zuerst mal in die Zeittafel an, die nach Jesu Tod und dem Ereignis, welches wir Auferstehung nennen, eintritt. Der Doppelklang, Kreuz und Auferstehung, ist das Grundereignis des Evangeliums wie wir es heute kennen.

Vor dem Ereignis von Kreuz und Auferstehung tritt - filtert man diese Botschaften aus den Evangelien heraus - sind das Wirken und die Wunder des Jesus von Nazareth allein als ethisches, als gutes als mitmenschliches Verhalten eins Mensch wesentlich; mit göttlichem Segen prägend.

Erst Kreuz und Auferstehung machen alles Wirken, die Wunder, die Gleichnisse, das Verhalten und die Leiden Jesus als Christus, als Gottes gesandter Messias deutlich. Eins der wichtigen Themen nach den Evangelien, die ja erst ca. ab dem Jahr 70 nach Christi Geburt und somit ca. 20 Jahre nach dem Römerbrief aufgeschrieben und gefertigt wurden, ist die Gerechtigkeit Gottes und die Nähe des Gottes Reiches.

Der Römerbrief - geschrieben um das Jahr 55 - lässt sich deshalb so genau datieren, weil er auf die Anfangszeit des Kaiser Nero eingeht. Die Juden und Christen waren im Jahr 49 von Kaiser Claudius aus Rom vertrieben worden, weil sie Radau gemacht hatten. Diese Ausweisung aus Rom wegen öffentlicher Randale wegen Chrestos (Sueton, Claudius 25,4: Iudaeos impulsore Chresto assidue tumultuantes Roma expulit. Claudius vertrieb die Juden aus Rom wegen Tumulten, die andauernd durch Chrestos ausgelöst waren) wird vom neuen, noch vernünftigen Kaiser Nero aufgehoben. In diese Zeit des Neuanfangs der Juden und Christen in Rom schreibt Paulus seinen Brief. Er war noch nicht in Rom. Mit seinem Brief an die Römer stellt er sich vor und setzt die wesentlichen Botschaften seiner Verkündigung ab: Gerechtigkeit aus dem Glauben; nicht aus Werken. Gleichzeitig ruft er zur Mäßigung auf; nicht schon wieder eine Randale zu produzieren. Tja Christen; schon von Beginn an nervige Genossen. Zudem sucht Paulus ein neues Zentrum der Verkündigung. Die Jerusalemer Gemeinde ist eigentlich im Sterben begriffen, weil sie immer noch auf die unmittelbare Wiederkunft Christi wartet; schon über 20 Jahre. Sie hatten alles verkauft und kommunistisch zusammengelegt. Kaum einer ging noch einer normalen Arbeit nach. Paulus sammelt - wie wir aus den anderen Briefen wissen, immerzu Geld für die Jerusalemer.

3.       Jesus Christus, die Gerechtigkeit Gottes

Hier hinein schreibt Paulus: „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft, zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst, als auch dem Griechen. Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin geoffenbart aus Glauben zum Glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ (Röm 1,16f)

NUR durch Kreuz und Auferstehung als Einheit, als Einschnitt, als globale Zäsur wird dabei diese Gerechtigkeit offenbar. Verstehbar ist sie nicht. Es kann nur im Glauben zum Glauben hin sich als wesentlich, als evident erweisen. Gerechtigkeit, Frieden und Freude wird eben nicht ein Rechtsanspruch aus Verfassungen oder Gesetzen, sondern eine Grundbestimmung, wie wir die Welt sehen, sie verstehen und mit anderen teilen.

Das Jesusgeschehen am Kreuz wird durch das Christusgeschehen in der Auferstehung zu einem weltumspannenden, weltverändernden und weltbewegenden Einheit vernetzt. Dieser Jesus von Nazareth mit seiner irdischen Botschaft von der Nähe des Gottesreiches und der Nächstenliebe, die in der Liebe zu Gott Frieden und Gerechtigkeit in unsere Herzen pflanzt, wird durch das Aufweckungsgeschehen zu dem Symbol, zu dem globalen Ereignis, welches Gerechtigkeit, Frieden, Glück verheißt. Nichts anderes ist die gute und frohe Botschaft, das "Eu"-"Angelion", das Gute, was es zu verkündigen gibt.

4.       Gerechtigkeit, Frieden, Glück heute

Manche der Staatsverfassungen versuchen diese Gerechtigkeit nachzuempfinden und durch eine staatliche Ordnung nachzubauen. Allen voran die USA, die sich als das Land versteht, indem der Wille Gottes offenbar ist.

Das "Streben nach Glück" in der Unabhängigkeitserklärung ist der Schlüssel für das Verständnis und das Verstehen der USA. Wesentliche Bestimmung des Staates ist es, Gerechtigkeit und die freie Entfaltung des Einzelnen zu garantieren und zu fördern. Menschen dürfen nach Glück streben und müssen nicht untertan, Dienstempfänger, Sklaven sein. Und dabei ist es die Aufgabe des us-amerikanischen Staates sich möglichst rauszuhalten; aus Sozial-, Renten-, Verteilungsaufgaben.

Die Würde des Einzelnen ist das Kriterium der staatlichen Aufgabe.

Wir in Deutschland dagegen wissen um die Gefahr sozialer Unruhen nach der Weltwirtschaftskrise 1929 und dem Erstarken der Nazi, der Terrordiktatur. Deshalb wird die Würde des Menschen mit der Sozialen Fähigkeit der Teilhabe verbunden. Nur wer Geld, Bildung und Freiheiten hat, kann gefeit sein, gegen Rattenfänger von Links oder rechts.

Für uns Christen ist das Thema deutlich geklärt: Gottes Gerechtigkeit ist nicht durch Menschen herstellbar! Und es ist die größte Illusion und Sünde, dass wir glauben, wir könnten Hunger besiegen, Erderwärmung stoppen oder durch grüne Energie nur ein Fünkchen zum Seelenheil beitragen. Pustekuchen.

Der Gutmenschen-Glaube hat mit der Botschaft des Evangeliums nichts am Hut. Er will sich selbst etablieren und beweisen. Wir als Christen entlarven das als Sünde.

Gleichwohl helfen wir, unterstützen wir, spenden wir. Nicht weil wir uns dadurch etwas bei Gott erhoffen, sondern weil der Andere mein Nächster ist wie Gott ihn an meine Seite stellt.

Und wenn wir das ernst nehmen (das Gott uns Menschen an die Seite stellt), ist es eben kein Zuckerschlecken, wie wir mit Flüchtlingen, Ausländern oder selbst Behinderten umgehen. Es ist unsere - ich sage mal - heilige - Pflicht diesem Anspruch zu genügen. Denn nur so kann die Gerechtigkeit Gottes, der Frieden Gottes und das Glück Gottes auf uns als Menschen, auch mich, auf dich oder dich übergehen. Wenn aber essen und trinken oder das Streben nach Geld im Vordergrund steht, wird das nicht gelingen können. Wenn fressen und saufen und der Schutz des eigenen Reichtums vor dem Streben nach der Gerechtigkeit für andere, dem Frieden für andere und dem Glück für andere steht, geht die Basis des Glaubens verloren. 

Und es geht nicht um Selbstaufgabe als Christen. ABER! Aber wir sind irgendwie immer nahe dran, was Gott von uns verlangt. Wir müssen nicht Jesus sein. Wir können es gar nicht. Und jede Diskussion, was und wie Christen nun tun oder lassen müssen, ist letztlich Unsinn. Viel wichtiger als diese Scheindebatten um "Nachfolge Christi", also wie, wo und wie man beten, glauben, spenden oder für andere eintreten muss, ist die Frage nach unserem Eintauchen in die Gerechtigkeit, in den Frieden und ins Glück im Heiligen Geist. Im Heiligen Geist - das bedeutet nichts anders als dies: Sich in die Pflicht nehmen zu lassen, wenn es dran ist; in der konkreten Situation die Gerechtigkeit vor das Geld, den Frieden vor die Abschottung oder das Glück des Anderen vor das Essen und Trinken zu stellen.

Im Heiligen Geist - das bedeutet immer - wenn es zwickt und wenn es dran ist. Wenn Hilfe oder Unterstützung gefordert ist; wie bei der KitaVO beispielsweise. Und es wird unsere Aufgabe sein, zu entscheiden:

Werden wir ausgenutzt oder benötigt jemand Hilfe zur Gerechtigkeit, Hilfe zum Frieden und Hilfe zum Glück. Das gilt es - je und je, hier und jetzt - zu unterscheiden. Ist der Geist am Werk, wenn es mich zwickt oder eben nicht. Nicht bei jeder scheinbaren Hilfebedürftige ist es so. Nicht jeder Asylant ist kriegsgefährdet. Nicht jede Familie verfolgt. So, und nicht anders ist die Wahrheit im Ungang mit der Gerechtigkeit, dem Frieden und dem Glück.

Also wird uns nicht erspart, zu prüfen, zu testen und zu entscheiden. Gerechtigkeit, Frieden, Glück sind keine Selbstläufer der Welt, des Geldes oder des Eigensinns.
Sondern Sie sind die göttlichen Eigenschaften des gerechten Schaffens, des friedlichen Wirkens und des glücklichen Sein. Vater, Sohn, Geist.

Auf denn zur Arbeit.

Denn - so Paulus zum heutigen Sonntag - das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem Heiligen Geist; und zwar indem wir uns der jeweils konkreten Situation stellen und diese bearbeiten. Wer darin Christus dient, der ist Gott wohlgefällig und bei den Menschen geachtet. Darum lasst uns dem nachstreben, was zum Frieden dient und zur Erbauung untereinander.

 

Amen

 

Herr, schenke uns Kraft zu Gerechtigkeit, den Mut zum Frieden und die Zuversicht zum Glück. Amen.