Gottesdienst (Quasi modo geniti - wie neu geboren)

Thema: Fitness für die Welt

Jesaja 40, 26-31

1.         Einleitung

Ich gebe es zu. Ich bin zu dick. Einfach zu dick. Nein, ich lasse mich da von Ihnen gar nicht abbringen. Ich habe viel zu viele Kilos auf den Rippen. Irgendwie wäre eine Schönheitsoperation auch gar nicht übel. Dann könnte ich meine Röllchen – o.k., o.k. es sind schon Rollen, die ich hier unter dem Talar verdecken kann – verschwinden lassen. Nun, auch wenn es etwas kosten, das müsste ich mir doch schon wert sein, oder? Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber in jüngeren Jahren ist das mit dem Körpergefühl doch schon so eine Sache. Da laufen so knackige Jungs und Mädels, besonders jetzt wieder im Sommer, herum und zeigen den Bauchnabel, die Muskelpartien und was sonst noch. Nach meinem Body Index Mass – der heutigen Bewertung des Körpergewichts - bin ich jenseits von gut und böse. Da fühle ich mich doch schlecht, wenn eben nicht alles straff und fest ist, sondern so leicht und mehr an einem herunterhängt. Hunger dich gesund – Diäten scheinen angebracht. Und Liebkosungen meiner Freundin helfen da auch nicht, schließlich muss ich in meinem Körper leben. Fit müsste man sein. Morgen um 5 aus dem Bett aufstehen und um das Rebstockbad laufen. Tja müsste man eigentlich. Wie ist das bei Ihnen? Selbst für das Rentenalter werden Fitnesskurse angeboten, um den Traum der ewigen körperlichen Jugend zu leben. Nur wer heute fit ist, körperlich und geistig, der scheint auch in dieser Gesellschaft anerkannt zu sein. Da werden die profitabelste Kundengruppe – wissen sie wer das ist? -, die Menschen zwischen 55-70 zu allen möglichen Fitnessdingen gebracht. Es gilt eben fit im Leben zu sein. Denn nur wer fit im Leben ist, der ist auch anerkannt. Die, die nicht mehr fit sind, werden dann in Seniorenresidenzen, früher hieß das mal Heim für Alte (vergleichbar dem Kinderheim), verfrachtet. Schon meine Oma, die auf dem Land gelebt hat und 1982 schon gestorben ist, hatte immer die Angst, im Alter nicht mehr fit zu sein. Bei ihr hieß das noch, sich selbst versorgen können und niemanden zu Last fallen. Das Fit sein verfolgt einem schon. Da ist das Spiegelbild im Schaufester, dem ich verstohlen eine Blick zu werfe und mich frage; darfst du oder nicht mehr? Da ist die Körperfettwaagen, die das Drama in Prozenten und Kurven und Diagrammen bunt darstellt. Fit sein das ist das Thema, wo man nur hinschaut. Geistig alle Fragen bei Jauch & Co zu beantworten und der Eintracht mal zeigen können, wie man erfolgreich gegen einen Fußball tritt, das wäre mal etwas. Fit sein im Leben und mit der Mode gehen können. Denn Fit sein heißt anerkannt, beliebt und zukunftsorientiert zu sein. Fit wie ein Turnschuh. Fit for fun, fit for future, fit for – Fit sein für – das ist die Devise.

2.         Textbezug

Im Predigttext geht es auch um diese Fitness. Laufen und nicht matt werden, Flügel wachsen, die einem Kraft geben (nicht wegfliegen). Nicht müde und matt werden – davon redet der Prophet in diesem Abschnitt. Der Abschnitt, der als Predigttext ausgewählt ist, gehört zum 40. Kapitel des Jesajabuches. Zusammengesetzt aus mehreren Epochen beschreibt dieser Abschnitt die Situation der Israeliten im babylonischen Exil. Die ersten 39 Kapitel behandelt den Propheten Jesaja, der um 700 vor Christus gelebt hat. Die Kapitel 40 bis 55 des Jesajabuches sind ungefähr 150 Jahre später geschrieben. Das Volk Israel hat kein Land mehr und ist in der Gefangenschaft. 587 vor Christus haben die Babylonier den Rest des ehemaligen israelitischen Reiches unterworfen, Jerusalem zerstört und die Menschen nach Babylon verschleppt. Ca. 40 Jahre nach der Verschleppung haben sich viele der Gläubigen abgewandt und werfen Gott nur noch Versagen vor. Sie sind nicht mehr fit im Beten, fit im Glauben, fit im Halten der religiösen Bräuche. Und der Prophet schwingt sich nun als Fitnesstrainer auf, der versucht die Menschen aus der Lethargie zu reißen. Er will den Menschen Mut machen, fit für Gott zu sein. Er will ihnen die Vorzüge Gottes aufzeigen. Aber es ist schwer, wenn ich im Dreck liege (Sklave bin im fremden Land) und alle anderen auf mir rumtrampeln auf den Gott zu vertrauen, der mich scheinbar im Stich gelassen hat. Die israelitischen Gefangenen wenden sich von ihrem Gott ab. Sie vergessen, wie man sich fühlt, wenn man im Glauben fit ist. Der Prophet, der auch der zweite Jesaja (Deuterojesaja) genannt wird, versucht deutlich zu machen, Gott hält das Heft, die Fäden in der Hand. Er will verhindern, dass die Menschen sich abwenden und den Dingen zuwenden, die scheinbar wichtig sind. Seine Botschaft vor 2500 Jahre ist einfach: Gott ist fit und er macht euch auch fit für die Zukunft, wenn ihr auf ihn vertraut. Gott wird euch wieder nach Jerusalem bringen.

3.         Oster ist die Fitness Gottes in der Welt

Als Christen haben wir kein Verlangen nach einem bestimmten Ort auf dieser Welt. Wir müssen keinen Tempel in Jerusalem oder Rom haben. Das, was uns auszeichnet, ist eine Fitness, die uns unabhängig von einem speziellen Ort geschenkt wird. Deshalb müssen wir auch keine Pilgerfahrten als evangelische Christen unternehmen. Denn Gott in Christus durch Ostern einen Lieferservice eingerichtet. So, nun bekommen wir sogar noch die Erlösung , die religiöse Fitness frei Haus geliefert und doch haben wir heute das gleiche Dilemma wie die Israeliten in Babylon vor 2500 Jahren. Wir als Kirche sind scheinbar nicht mehr fit genug für diese Welt. Gott scheint ein Verlierer zu sein, der sein Kirche und Gemeinden immer weniger werden lässt. Gut, heute sind mal ein Paar Menschen mehr im Gottesdienst, aber sonst. Die Arbeit der Kirchengemeinde ist ziemlich reduziert, um es vorsichtig zu sagen. Die Beteiligung von Menschen an der Arbeit der Kirchengemeinde scheint stetig abzunehmen. Was gab es alles schon mal? Gruppen, Kreise, Kirchenchor. Und nun; zerrissen (eigentlich schon immer) in drei Teile (hier Kuhwald, City West und Rödelheimer Landstraße), kaum sichtbare Angebote. Das Alter im Gottesdienst ist erschreckend und wir werden nicht jünger. Stirbt vielleicht sogar die Kirchengemeinde aus? Wo ist die Fitness, von der wir Christen durch Ostern eigentlich zehren? Wo ist die Energie, mit der wir Menschen bewegen und überzeugen, mitzumachen und sich zu beteiligen? Wo ist das besondere Lächeln von mir und dir als Christen, Menschen gegenüber, die uns begegnen? Wo ist die Kraft, wo sind die Flügel, die uns Gott verliehen hat? Ich bin nicht hier, um ein Rede für mich zu halten. Ich bin hier als Prediger eines Bibeltextes, der heute zu predigen ist. Fitness, unsere geistliche Fitness ist das Thema heute. Fitness, die uns Gott in Ostern schenkt, frei Haus, ohne Nachnahme, zur unentgeltlichen Nutzung anempfohlen. Die Gnade Gottes ist nichts anderes als die Energie, die Gott uns für unser Leben schenkt. Ostern, das heißt nichts anderes als die Fitness Gottes für die Welt anzunehmen und weiterzutragen. Ostern, was ist das anderes als der Einklang Gottes mit uns Menschen. Oster ist die Power, die Kraft, die Kirche erst Kirche sein lässt. Ostern das ist der Tritt in unseren Hintern, endlich dafür einzustehen, was wir als Christen sind.

Wir sind die Menschen, die Energie in die Welt tragen können. Wir sind die, die davon zu erzählen haben,

·         nicht dass alles super ist, der Körper nur genügend Muskeln hat und nett ausschaut

·         nicht dass wir die Mode der Welt permanent mitmachen müssen, ob beim Aktienkauf, Fernsehabend,

·         nicht dass es keine Krankheiten, Versuchungen, Fehler im eigenen Leben gibt.

Nein, das alles haben wir nicht zu verkünden und zu leben. Was wir zu erzählen haben, ist einfacher: Ostern, die Energie Gottes ist in mir, in dir und in dir. Es ist eine Energie, die anderen Menschen zeigen kann und will, was Leben wirklich bedeutet. Ostern heißt, dass Gott im Einklang mich sich und der Welt ist in Christus Kreuzes- und Auferstehungstat. Das heißt nichts anderes als, dass wir diesen Einklang der Welt vorleben und gestalten dürfen, die eigene Energie – wie groß sie auch sein mag – innen und nach außen leben dürfen. Wir dürfen zeigen, das wir im Einklang mit uns, dem Menschen neben mir und dieser Welt sind.

4.         Übertrag

Und wo kann das konkret ansetzen? Die Kirchengemeinde gilt es zu beleben, fit zu machen und Energie hinein zu pumpen. Nicht in ein paar Gemeindeglieder, sondern die ganze Kirchengemeinde. Zusammen zu finden, darum geht es. Nicht die Kuhwälder hier und die, die jenseits der großen Straße leben und arbeiten. Es gilt Projekte ins Leben zu rufen, die davon berichten, was fit durch Gott, Fitness des Glaubens bedeutet. Fitness, die es schafft, im Einklang zu leben mit sich, mit den Nachbarn, Arbeitskollegen und der Umwelt. Im Einklang leben, heißt nicht nur Friede, Freunde und ja keinen streit. Im Einklang leben kann auch bedeuten sich von einigen Dingen, selbst liebgewonnen Dingen der Kirchengemeinde zu trennen, weil diese nicht die Fitness, sondern die Lethargie fördern und das langsame Sterben. Neues muss gewagt werden, den Menschen, die hier wohnen und arbeiten eine Heimat geben zu können, die zum Leben dazu gehört. Fitness, heißt sicher auch einen fitten Pfarrer zu haben. Aber es heißt noch mehr sich mit der eigenen Fitness zu engagieren. Zeit für Menschen und Kirche aufbringen. Nur wer um 5 Uhr aufsteht und das Gefühl von Sauerstoff beim Laufen spürt, weiß wirklich, was die Fitness an Energie freisetzen kann. Selbst wenn es darum gilt einige, vielleicht auch mich aus dem Fernsehsessel zu treiben und sich einzubringen. Die Botschaft des heutigen Predigttextes ist mal wieder recht einfach: Raus aus den kirchlichen Feder der Dreifaltigkeitsgemeinde, raus aus dem bequemen Christ-Sein, raus mit der Energie, die in jedem steckt. Es gilt zu planen, zu entwerfen, einzuteilen, aufzubauen, Fehler zu machen, Erfolge zu feiern, Niederlagen aufzunehmen. Energie, das Leben mit sich, den Nächsten, der Umwelt in Einklang zu bringen – das ist die Botschaft am heutige Sonntag, der auch den Namen trägt: Quasi wie eine neue Geburt. 

Amen

Und die Energie Gottes, die er uns durch Ostern in die Herzen gelegt hat, führe, leite und trage in Christus Jesus. Amen