Thema: Die Hoffnung liegt jenseits

Hebräer 13, 12-14

1.         Einleitung

Die Welt wird unüberschaubar. Das, was gestern noch klar war, eindeutig, leicht verständlich, ist heute kompliziert und schwer verstehbar. Manchmal gibt es das, was ich noch so lange gewohnt war nicht mehr. Die Post als staatliches Unternehmen für Brief/Paketpost, Postbank und Telefon gibt es nicht mehr. Ebenso wenig ist alles einfacher geworden. Telefonieren ist heute eine Wissenschaft mit Anrufbeantworter, SMS, Handy, Bluetooth oder Bildtelefon. Die gelben Posthäuschen sind Nostaligie und die neuen Telefonzellen sehen aus wie aus amerikanischen Fernsehserien. Die Autoversicherung – früher klar einfach und logisch – bietet heute so viele Möglichkeiten der Tarifberechnung, dass man sich fragt, was hat denn eine Hausratversicherung mit der Autoversicherung zu tun. Fernsehen ist doch toll – gewesen. Zuerst nur ARD, dann schließlich drei Programme. Heute eine unüberschaubare Flut von sinnigen und unsinnigen Sendungen, die scheinbar alle nur eines Gemeinsam haben, sie rauben einem Lebenszeit, indem man wie ein Gefangener gefesselt auf dem Fernsehsessel Bilder verfolgen muss. Plato der alte Griechische Philosoph hatte das schon in seinem Höhlengleichnis beschrieben. Die Menschen sitzen in einer Höhle (Wohnzimmer) und starren gefesselt auf einen Punkt. Zwar war das bei ihm anders gemeint, aber so scheint es heute.
Und was ist mit der Familie. Früher war das Man und Frau, miteinander verheiratet und so Gott wollte Kinder und evtl. noch die Großeltern. Heute gibt es 13 Familienbegriffe: Angefangen von dem Single mit Katze bis zur Großfamilie. Dazwischen homosexuellen Paare mit adoptierten Kindern, Patchwork-Familien, also Mann und Frau zum 2 oder 3. Mal verheiratet, mit Kindern von 3 verschiedenen Männern oder Frauen und schließlich die alleinerziehenden Singles.
Die Welt wird komplizierter und das nicht nur, wenn man versucht am Automaten Geld zu bekommen oder an einem RMV Schalter eine Karte lösen möchte. Früher war die Devise, lerne einen ordentlichen Beruf. Heute ist das asozial, weil mit nur einem Beruf man im Leben nicht mehr weiterkommt. Der KFZ Mechaniker von 1960 hatte einen handwerklichen Beruf, der heutige KFZ Mensch ist Elektroniker und Autos mit Vergaser werden seit 10 Jahren nicht mehr gebaut. Alles wird komplizierter und unüberschaubarer. Deshalb versuchen viele Menschen das Leben einfacher zu sehen. Da wird in Schwarz und Weiß gedacht und sogar wieder von Schurkenstaaten gesprochen. Da gibt es die Moslems, die Reichen, die Christen, die Konzerne, die Kirche, die Politiker, die Gemeinde.
Es wird versucht, das Leben ein zu igeln, zu begrenzen und festzuhalten. Auch in der Kirche wird von notwendigen Einigeln gesprochen. da sind Worte wie Gemeindeaufbau oder Reduzieren Kernkompetenzen zu hören. Einigeln – ist das unsere Aufgabe? Ist das die Hoffnung, die Freude von der wir reden sollen?

2.         Textbezug

Auch im heutigen Predigttext geht es um diesen Versuch, die Welt zu vereinfachen und sich als Gemeinde einzuigeln. Die drei Zeilen des Predigttextes lese ich nochmals vor:

12: Darum hat Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.

13: So lasst uns nun zu ihm hinausgehen aus dem Lager und seine Schmach tragen.

 14: Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Die Gemeinde des Hebräerbriefes versucht sich einzuigeln, abzuschotten gegenüber der Welt und dem ,was da draußen vorgeht. Glauben soll nach dieser Gemeinde nur innerhalb der Gemeinde ablaufen. Die Welt außerhalb der Gemeinde entwickelt sich weiter und die Mitglieder der Gemeinde wollen wie in einer Burg keinen Stress mit denen da draußen. Das birgt die Gefahr, dass ich irgendwann meine, nur noch alleine zu wissen, was richtig und falsch ist. Die Gemeinde baut sich ein Nest und isoliert sich. Das ist die Gefahr, die der Schreiber des Hebräerbriefes sieht. Deshalb ist Hinausgehen im Hebräerbrief ein wichtiger Begriff. Hinausgehen aus dem jüdischen Tempel und aus der eigenen Isolierung der Gemeinde. Gemeinde – dass kann eben nicht mehr bedeuten wie die Schriftgelehrten sich abzukapseln und aus der Studierstube die Wahrheit zu verkaufen. Gemeinde – das bedeutet für Christen in die Welt zu gehen, weil dort und nur dort die Aufgabe zu sehen ist. Er verweist auf Jesus selbst, der diesen Weg gegangen ist. Das Leben ist die Aufgabe eines Christen, weil Jesus sich selbst in das Leben hineingesetzt hat. Er ist nicht Eremit, also ein Eigenbrötler gewesen. Er hat nicht ein Kloster gegründet, sondern seine Jünger hinaus in die Welt geschickt, um zu predigen. Einigeln ist Bequemlichkeit. Und es ist Gefahr, weil ich dann irgendwann wirklich glaube, genau zu wissen, was richtig und falsch ist ohne das Leben noch zu kennen. Einigeln, das bedeutet Lager zu bilden und andere nicht mehr hinein oder heraus zu lassen. Hinaus aus dem Lager – das ist die Devise des heiutigen Predigttextes aus dem Jahre 90 nach Christi Geburt. Die zukünftige Stadt wird hier angesprochen. Und es geht um die Stadt, die Herausforderung, die vor uns liegt. Dies es zu bewältigen gilt.

3.         Gott ist vor uns nicht hinter uns

Was heißt das für uns Christen?

Ganz einfach: Gott ist vor uns. Gott ist nicht in dem einen oder anderen Lager der Kirche. Gott ist nicht der besonders Fromme Gott oder soziale oder politisch engagierte Gott. Gott in Jesus Christus hat uns diesen Weg gezeigt. Die Hoffnung, die wir haben und leben, ist nicht in der Vergangenheit oder in verstaubten Kirchenbücher. Die Hoffnung, die wir nach draußen tragen sollen, ist die Botschaft zum Aufbrechen. Christen sein fordert also auf andere zugehen. Nicht um Sie in unser Lager zu ziehen, sondern in normalen alltäglichen Leben, von der Hoffnung zu berichten, die jenseits unserer Grenzen liegt.

Die Kirche, ich als Pfarrer, rede ja auch oft in einer alten Sprachen. Diese gilt es auch zu übersetzen in eine lebendige Sprache, die die Menschen verstehen können. Hoffnung ist der Slogan der Kirche – oder hat er zu sein. Hoffnung auf das Leben. Durch die Tat Gottes in Jesus Christus, die wir in 14 Tagen wieder bedenken, ist uns diese Hoffnung zum Leben zugesprochen worden. Gott ist kein Stubenhocker, sondern er geht auf uns zu. Er bringt uns das Leben. Er bläst uns den Kopf frei, damit die Dinge, die uns ein-engen zur Seite zu schieben. Dieses „Sich-Ein-Engen“ das nennen wir Sünde. denn Sünde ist nicht irgendwelcher Schweinkram oder böse Handlungen. Sünde – das ist das sich entfernen von der Hoffnung des Leben, indem ich mich einigele. So einfach ist das  mit den begriffen der Kirche. Hoffnung auf Leben ist auch eine Hoffnung die jenseits meiner Vorstellungen und Möglichkeiten liegen. Denn Leben gibt es – so unsere glaubende Erfahrung – gerade nach dem Sterben und dem Tod, weil Gott eben nicht hinter uns ist, sondern vor uns.

4.         Übertragung auf heute und hier

Der Quatsch von dem Einigeln von Gemeinde, dem Aufbau einer Kerngemeinde innerhalb der Kirchengemeinde, ist die großer Gefahr vor der wir in der Kirche zur Zeit stehen. Alles wird anders. Weniger Menschen in den Gottesdiensten, weniger religiöses Interesse. Einigeln ist vielfach die Devise, wenn alte Muster und Vorstellungen nicht mehr tragen. Als ev. Kirche, als Christen hier in Frankfurt, haben wir die Aufgabe von Gott selbst übernommen, auf die Menschen zuzugehen. Hinaus aus unseren kirchlichen Grenzen hinein in das Leben, was um uns herum pulsiert. Tausende von Menschen strömen täglich hier in die Dreifaltigkeitsgemeinde ein. In die Bürohochhäuser oder in die eigenen Wohnungen. Hinausgehen, das ist die Aufgabe, die sich hier stellt. Auf die Welt und das alltägliche Leben zugehen, das ist das, was heute uns gesagt wird. Nein es wird gefordert. Das Ein-Igeln bedeutet nicht nur sich zu Tode zu verwalten, weil wir alle dann irgendwann sterben und die Kirchengemeinde vielleicht mit uns, der sogenannten Kerngemeinde. Sie werden die Frage stellen müssen, ob, wann wo wie sie die Kirchengemeinde in den zerrissenen 3 Gemeindeteilen Kuhwald, Bereich Voltastraße und Rödelheimer Landstraße zu einer Kirchengemeinde vereinen wollen. Es gilt die Hoffnung unseres Gottes hinauszutragen. Und bitte nicht nur der Pfarrer oder die Pfarrerin – das ist Einigeln und mit Geld versuchen, die eigene Verantwortung abzugeben. Hinauszugehen ist Aufgabe. Wie schaffen Sie es die modernen Menschen in den Neubauten anzusprechen? Wie sind die Angestellten der Banken und Dienstleister, die in der Kirchengemeinde arbeiten einzubinden in eine Konzeption von Kirche hier vor Ort als lebendige Kirche? Das sind die Fragen der Kirche und des Glaubens einzubinden? Sie stehen vor der Frage, was soll aus der Kirchengemeinde werden, die aus meiner Sicht dringend aus der Lethargie und Zerrissenheit mit einer klaren Struktur und Strategie geführt werden sollte. Einigeln in das Alte, was wir uns so sehr wünschen wie mehr Gottesdienstbesucher, Konfirmanden, Mitarbeiter, Kirchenchöre – all das funktioniert nicht mehr so wie man sich das vorstellt. Das Alte gilt es sicher aufzunehmen, aber die Chancen, die sich hier nun bieten, gilt es – mit wem auch immer – jetzt zu nutzen.

Denn das ist Botschaft von heute: Geht in die Welt, in das Leben hinaus und sagt dem Menschen, dass Gott es ist, der auf euch zugeht in einem Jedem, der für die Kirche unterwegs ist. Das ist die Botschaft: Denn wir haben hier keine bleibende (festgefahrene) Stadt, sondern die zukünftige suchen wir; heute und morgen hier in Frankfurt.

Amen 

Und die Hoffnung für Leben, die Gott uns zugetragen hat, weiße uns den Weg in Christus Jesus.

Amen