Thema: Leben ist einfach (1. Advent, 2. Dezember 2001)

Hebräer 10, (19-22) 23-25

1.         Einleitung

Das Leben ist ein Horror. Wer das anders sieht, sollte mal den neuen Videorecorder programmieren, die Funkuhr einstellen, den Computerherd bedienen oder versuchen, 5 Sockenpaare im Schongang zu waschen. Die Bedienungsanleitungen scheinen alle aus dem Mittelalter zu stammen. Vielfach fehlen die Umlaute wie Ä, Ü, Ö. Solche Sätze sind dann zu lesen: „<ffnen Sie das Frontblech and dr-cken Sie uber dem ersten Schalter A den VPS, um den Programm eindr-cken.“ Klasse. Die Bedienung eines Fotoapparates, eines Rasierapparates, eines Mixers gerät zum Erlebnis mit der Begegnung einer anderen Art. Glücklicherweise haben die Autos neben den 6 Airbags, EPS, GPS, PSS und anderen Schweinkram, dessen Namen man nicht aussprechen kann, ein Lenkrad an dem man sich festhalten kann. Das Radio zu bedienen, erfordert einen Hochschulstudium. Leben ist ein Horror und am ersten Advent merken wir das wieder. Denn es gilt die Geschenke auszusuchen. Das werden UMTS Handys gewünscht, DVD Writer (ist das ein Pferd?), oder PC mit DDR Ram gewünscht. Scheinbar erhält die DDR Technik, ist die nicht Vergangenheit, ein neue Chance. Und überhaupt der PC, mit seinem Mainboard und CPU (Central Processing Unit) und was sonst noch. Advent ist also der besondere Horror des Jahres. Denn es gilt sich durch die Massen an Menschen zu drücken, Geschenke zu suchen und das Chaos zu erleben. 20 % aller Geschenke werden umgetauscht. Selbst Geldgeschenke verderben und den Spaß, weil die nun auch dummerweise nach 7 Tage in Euro umgetauscht werden müssen. 40% aller anderen Geschenke verstauben irgendwo oder werden nach einer Anstandszeit von 6 Monaten weiterverschenkt. Leben ist gerade an Weihnachten ein Horror. Selbst die Wissenschaftler beklagen die steigende Komplexität der Welt. Alles wird digital, das heißt elektronisch, statt analog, das heißt mechanisch. Irgendwie ändert sich alles und alles wird unüberschaubarer. Wie eine Puppe funktioniert war früher einfach. Heute ist die Beschreibung für das Mikroprozessor gesteuerte heulende, pinkelnde, bettelnde Etwas dicker als eine Bibel. Das einzige, was sich scheinbar nicht verändert ist, der Mensch. Das sind Sie und ich. Wir bleiben analog, das heißt wir sind was zum anfassen. Die Welt wird komplizierter und irgendwie unheimlicher. Das Leben scheint eine Abfolge von immer chaotischer werdenden Tagen zu werden und die Überschaubarkeit ist unmöglich. Allein die Anzahl der Programme im Fernsehen ist einfach verwirrend. Um es einfach zu machen, springen wir – wie im richtigen Leben – von einer TV Sendung zur Anderen und von einem Aspekt zum anderen. Jetzt mache ich aber Schluss mit der Aufzählung.
Sicher ist: Das Beständige geht verloren und wir müssen uns irgendwie immer an neue Dinge gewöhnen.

2.         Textbezug

Der Predigttext spricht auch von Neuerungen und veränderten Lebenssituationen. Dort laufen die Menschen der Gemeinde weg. Gott scheint nicht mehr attraktiv zu sein oder es gibt vielleicht zuviel von dem Neuen. Der Hebräerbrief ist eine Sammlung von Paulinischen Gedanken, die scheinbar einer der Schüler des Paulus verfasst hat. Sicher geht er nicht an die Judenchristen oder an die Hebräer. Der Brief will vielmehr die Bedeutung von Gottes Tat in Jesus Christus verdeutlichen und damit die Menschen aufrufen an dem Glauben an Christus auch in chaotischen Zeiten festzuhalten. Die Fragen sind: Wer ist dieser Jesus, dem wir glauben sollen? Ist er mehr als Mose? Gott oder Mensch? All diese Fragen bewegen die Gemeinde, an den der Brief geschrieben ist. Chaotische Zustände, Verwirrung scheint sich breit zu machen. Unserer kleiner Text für die Predigt hat dabei eine Schlüsselposition. Es ist ein Appell in den chaotischen Zeiten am Bekenntnis festzuhalten. Es ist das Bekenntnis der Hoffnung. Bekenntnis der Hoffnung – was will das sagen?
In der Zeit damals recht eindeutig: Lauft nicht hinter allen möglichen Ideen her. Macht das Leben nicht komplizierter als es ist. Das Bekenntnis der Hoffnung ist die Erkenntnis, dass das Leben im Horizont Gottes einfach ist. Dieses Opfer, diese Tat in Jesus Christus ist die Brille für das Leben. Das Leben erhält damit eine einfache Deutung in chaotischen Zeiten. Die Lebensdeutung ist es, die einfach ist:

Lebe im Bekenntnis der Hoffnung, dass Gott sich für dich und mich als Mensch einsetzt und eingesetzt hat in Jesus Christus. Dann wird Leben einfach, dann ist Leben einfach.

3.         Im Leben einfach hoffen

Dass das Leben nicht einfach ist, dass wissen wir alle. Da gibt es viele Dinge zu tun und zu lassen. Sich mit Neuem und Altem auseinander zusetzen. Es gibt vieles zu lernen, vieles zu erfassen. Leben ist nicht einfach; oder doch? Die Antwort, die wir als Christen erhalten, ist so total anders als die, die wir im Leben haben. Im Leben reden wir von dem, was wir täglich erleben. Es sind die Kleinigkeiten des Lebens. Es sind die Bedienungsanleitungen, die Neuerungen, die uns das Leben schwer machen können.
Die christliche Antwort fragt nicht nach den kleinen Dingen des Lebens. Sie gibt Antwort auf die Lebenseinstellung. Und je nachdem, wie die eigene Lebenseinstellung aussieht, ist Leben einfach oder chaotisch. Ich weiß nicht, zu was sie sich bekennen. Welche Lebensphilosophie oder Lebenssinn sie sich auf die eigenen Fahnen geschrieben haben. Ich weiß nicht, welches Ihre Sehnsüchte, Visionen des eigenen Lebens sind. Alle diese Sehnsüchte sind nichts weiter als der Versuch, sich in dem Chaos der Alltagsdinge zurecht zu finden. Es sind teils konkrete Überlegungen, Maßnahmen und Planungen, was und wie etwas passieren soll. Ob es die Karriere oder der private Wünsch nach Familie oder eigener Wohnung ist. Der Wunsch vielleicht geliebt oder angenommen zu werden. Oder sind es vielleicht verborgene und selbst eher unbekannte Sehnsüchte, die das Leben bei Ihnen einfacher machen sollen:
Der tägliche Ablauf muss geordnet sein. Die Wohnung sauber und meine Job ordentlich erfüllt sein. Oder die Sehnsucht nach mehr action, Bewegung oder Geld.
Die eigenen Sehnsüchte sind der Versuch das Leben für ich selbst überschaubar zu machen. Das gelingt und oft misslingt dies, weil auch andere in das eigenen Leben eingreifen. Das Bekenntnis der christlichen Hoffnung ist nicht anderes als die Aussage, dass „Leben Hoffnung ist“. Das Leben ist der Schlüssel zum Bekennen zum Leben. Es ist die Lösung für das einfache Leben. Bitte nicht das hocken im Wald um das Lagerfeuer, sondern die Sicht des Lebens als ein geschenktes und gehaltenes Leben. Es ist die Lebenseinstellung. Wie ist das eigene Leben eingestellt? Es gilt das Leben zu sehen in der Ruhe des Geborgensein. Geborgen, gehalten, getragen – das ist die Losung dieses Lebens. Leben ist einfach. Das christliche Bekenntnis der Hoffnung ist die Erkenntnis, dass Gott und nicht fallen lässt. Es geht nicht um Gesundbeten, oder ohne Trauer leben, sondern es geht um die Erkenntnis, dass im Trauern und in Freude, im Leben wie im Sterben, im Gewinnen wie Verlieren, die Grundhoffung des Lebens ist.

4.         Übertrag

Unsere Gesellschaft wird immer komplizierter, komplexer. Vieles des Lebens um uns herum verstehen wir nicht mehr und können es nicht mehr aufnehmen. Es geht auch nicht um die Masse oder alles Können bei dem Bekenntnis der Hoffnung. Es ist einfacher. Es ist meine Lebenseinstellung zu mir und zu den anderen. Es ist das Lächeln an der Kasse, die aufrichtigen Worte, das Beachten und Wahrnehmen. Das heißt aber auch, sich selbst achten und wahrnehmen. Es geht um den eigenen Körper, die eigenen Gedanken, die eigenen Wünsche. Diese gilt es einfach zu halten, denn sonst werde ich griesgrämig und verbittert. Leben ist Hoffnung. Sicher, nicht immer geht es mir gut. Aber selbst in Trauer, im Leiden gibt es diese Hoffnung, die ich mir selbst sagen und zeigen kann. Leben ist einfach, weil Gott mir und dir das Leben als Geschenk übereignet hat. Das Bekennen zum Leben ist die Hoffnung auf die wir uns begründen. Wenn nicht, dann wir das Leben kompliziert und ich verliere mich im Detail. Das macht fertig, das raubt die Lebenshoffnung.

Und das ist die Botschaft für den ersten Advent im Jahre 2001: Leben in Hoffnung und gestalte daraus die Details, weil Gott uns trägt und hält. Amen

Und die Weisheit Gottes, die unbegreiflicher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unser Leben und unseren Lebenssinn in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen