Thema: Des Glaubens Kern

Predigttext: Johannes 20, 11-18

1.         Einleitung

Lassen Sie uns auf den Punkt kommen. In die Mitte der Sache. Was nicht sein kann, darf auch nicht sein. Auferstehung!? Was naturwissenschaftlich in Frage steht, kann nicht real sein. Was unser rationaler aufgeklärter Kopf nicht versteht, ist auch schwer verständlich. Wir befinden uns da in guter Gesellschaft.

Die Unsterblichkeit ist nicht jedermanns Sache“, so hat es Kurt Schwitters mal ausgedrückt.

Statistisch gesehen liegen wir auf der sicheren Seite. Nach einer Umfrage des EMNID-Instituts vom Mai 1997 stimmte jeder zweite der Aussage zu, dass mit dem Tod alles aus sei (52,5%). Der Glaube an ein Leben nach dem Tod scheint mit dem aufgeklärten Bewusstsein moderner Menschen nur noch begrenzt vermittelbar zu sein. ... Die Gegenfrage "Es gibt ein Leben nach dem Tod" fand immerhin bei 43 % der Befragten Zustimmung, und sogar 52,6% konnten der deutungsoffenen Formulierung "Ich glaube, dass meine Seele in irgendeiner Form weiterlebt" zustimmen. Von Belang ist die Auswertung der weiter differenzierenden Nachfragen. Dem Satz "Ich glaube an die Auferstehung der Toten" stimmte lediglich 29,5% der Befragten zu. Das ist wenig in einem Land, in dem das Christentum über einen langen Zeitraum einzige Religion war und in dem immer noch eine deutliche Bevölkerungsmehrheit Mitglied der christlichen Kirchen ist. Heute an Ostern von Auferstehung zu berichten, passt das noch? An Wunder glauben – wer braucht das heute noch? Oder bleibt vielleicht noch der Kindglaube? Ich hab’ da mal ein Wunder mitgebracht. (Osterhasen zeigen)
Putzig, nicht? Hoppelt so über das Feld. Ist doch nett anzuschauen und Selbst Wunder werden mit diesem kleinen Kerl vollbracht.
Er legt ein Ei. Wer will da behaupten, dass es keine Wunder mehr gibt, wenn ein Säugetier Eier legt. Und sogar noch bunte. Fruchtbarkeit symbolisiert der kleine Freund hier. Na, dann wollen wir mal sehen wie das sich dieses Jahr auswirkt.

Der Deutsche im Wunderglaube an den Osterhasen, aber die Unsterblichkeit, das Leben nach dem Tod – das geht nicht. Ostern ohne den Hasen, was bleibt da über? Ostern ohne die Eier, die Schokolade, die Geschenke, die Wanderungen – was bleibt? Was ist der Kern der Sache, um die es geht. Fest zum feiern oder Fest zum Urlaub machen oder Fest des Unglaubens oder das Fest der Auferstehung – was ist Ostern?

2.         Textbezug (Bibeltext verlesen)

Der Text mit Maria Magdalena ist einer der jüngeren Zeugen über das besondere Ereignis an diesem Ostermorgen. Hier ist es die Frau, die die Osterbotschaft verkündet. Eine Frau, die in der damaligen Gesellschaft nicht als Zeugin angesehen wurde. Maria von Magdala, vielleicht jene, die Jesus von geheilt wird oder jene, die als Sünderin von Jesus angenommen wurde. Wir wissen es nicht. Und manches mehr wissen wir auch nicht. Es hat vor Jahre eine ziemlich heftige Diskussion gegeben, ob es einen historischen Beweis für die Auferstehung gäbe. Das letzte, was sich nach den Zeugnissen der Bibel aussagen lässt und von rational denkenden Menschen akzeptiert wurde, ist das leere Grab. Das leere Grab, von dem Markus und Johannes berichten. Aber ist es wirklich historisch bewiesen? Die Grabesgeschichte finden sich 20-30 Jahre nach den ersten Osterzeugnis des Paulus im 1. Korintherbrief 15, 3-9. Dort zählt Paulus all jene auf, denen Jesus erschienen ist. Von einem leeren Grab berichtet er nicht. Für Paulus ist die Aufforderung zur Verkündigung die eigentliche Botschaft des Auferstandenen. Die Verkündigung einer Botschaft, die einfach unglaublich ist. Johannes verknüpft hier die Verkündigung, Maria soll den Jünger die ‚Himmelfahrt Jesu’ berichten, mit der späten Geschichte des leeren Grabes. In der Forschung ist der historische Beweis an ein Ende gekommen. Es gibt eine Grenze, die wir als rationale Menschen nicht überschreiten können, wenn es um Ostern geht. Auferstehung – was immer uns die Urchristen dort mit sagen wollen – entzieht sich unserem Verstand. Ist es damit unverständlich für uns heute?

Was ist die Botschaft, die Maria uns mitbringt?

Was ist der Kern der Botschaft, das was unseren Glauben ausmacht?

3.         Des Glaubens Kern

Was ist das für ein Kern, der sich dem eigenen Denken und Handeln verschließt und dennoch die Welt in ihrem innersten bewegt hat? Maria berichtet den Jüngern von dem Auferstandenen als dem, der in den Himmel auffährt „zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott“. Der Mensch Jesus von Nazareth wird als der Messias, als der Christus bezeichnet. Weihnachten – Geburt, Karfreitag – Tod des Menschen. Das ist alles verständlich. Auch das gute Leben Jesu, dem man nacheifern kann. Und doch ist das nicht der Kern der Osterbotschaft. Es geht nicht darum, Jesus als gutes Vorbild zu sehen.

Es geht nicht darum, den Menschen Jesus in der Vordergrund zu stellen, sondern es geht um eine Wahrheit, die dahinter liegt. Die sich verbirgt im Bild eines Idols oder des leeren Grabes. Ostern – das heißt nichts anderes als die Überwindung von der realen Welt und nicht-realen Welt, dem Göttlichen.

Ostern - das ist die Einheit zwischen etwas, was sich nicht zusammen denken lässt für uns aufgeklärte Menschen. Die Einheit zwischen dem Diesseits und dem Jenseits.

Es ist die Herstellung einer Einheit, die wir einmal in der Geschichte bisher erleben durften. Nicht wir direkt, sondern die Ur-Christen. Sie haben diese Einheit erlebt und es mit dem Begriff der Auferstehung weitergeben. Auferstehung – das ist die Einheit, die in dieser Welt zwischen dem realen und nicht realen geschehen ist. Ihren Ursprung nimmt dies in der Menschwerdung Gottes. Der Geburt, die wir an Weihnachten feiern. Die Menschwerdung Gottes bedeutet nichts anders als die Aufspaltung der göttlichen Einheit (im Philipperhymnus heißt es die Selbsterniedrigung Gottes), um die Grenzen zwischen Menschen und Gott zu überwinden. Gott entblößt sich selbst in den 33 Jahre der Weltgeschichte. Er stellt seine Einheit aufs Spiel für die Menschen und um der Menschen willen. Die Herrlichkeit Gottes, d.h. die Einheit Gottes wird geteilt, um den Menschen die Herrlichkeit zu zeigen. Die Geschichte erhält einen Riss in Ihrem Ablauf. Der Riss, der durch das Göttliche in der Welt, gefüllt wird. Und dieser Riss in der Geschichte wird von Gott selbst in Kreuz und Auferstehung überwunden.

Die Einheit zwischen Gott und der Welt wird hier begründet.

Das ist Ostern. das wir die Grenze zwischen realer Welt und Gott in Jesus Christus als überwunden ansehen. Dies ist für den rationalen Menschen unbegreiflich, weil der, der nur mit dem Kopf arbeitet keine Einheit wahrnehmen kann. Ich kann nicht alles mit rationalen Dingen erklären oder begreifen. Das merkt ein jeder von uns an den kleinen Sachen des Leben wie Liebe, Geborgenheit, Angst, Trauer oder Spaß. Der Kopf getrennt vom Körper, die Logik getrennt vom Gefühl – ist eine nette Vorstellung. Aber sie stellt den größten Selbstbetrug dieses Jahrhunderts dar. Das was nicht gedacht werden kann, ist nicht existent. Diese Aussage der sprachwissenschaftlichen Epoche ist zwar überwunden.

4.         Heute

Aber was heißt Ostern, Auferstehung für uns in der aufgeklärten Welt?

Einfache Antwort: Wir glauben an eine Einheit, die sich nicht beweisen lässt. Wir reden von einer Einheit, die ich nicht messen kann und die sich unserem Verstand entzieht. Sie lässt sich aber erleben und spüren. Diese Einheit zwischen Anspruch und Wirklichkeit, die Einheit zwischen Denken und Fühlen, die Einheit zwischen Verstehen und Wünschen – ist Ostern.

Ostern ist heute für uns die Überwindung des Risses in der eigenen Welt, die nicht wahrhaben will, dass es mehr als nur Verstand, Geld, Macht, Spaß gibt. Ostern heute ist die Aussage, du darfst die Einheit leben, gerade in deinem zerrissenen Leben. Du darfst Kindglauben haben und rational denken. Du darfst Menschen wahrnehmen mit ihren inneren Brüchen und Widersprüchen, weil es eine Einheit gibt, die

a)        hinter uns liegt 

Hinter uns liegt dieses Ereignis, was von der Einheit berichtet. Deshalb feiern wir Ostern, in Erinnerung, dass es diese Einheit einmal gegeben hat und weiter in die Welt hinein getragen wird durch uns Christen.

b)        vor uns liegt (Wiederkunft Christi)

Vor uns als Hoffnung, dass wir diese Einheit wieder erleben. Vielleicht nicht hier auf Erden, aber doch schon ein Stück in jedem Menschen, dem wir etwas von der Einheit vermitteln können. Anspruch und Wirklichkeit, Wunsch und Realität, Hoffnung und Erfüllung, Trauer und Freude, Denken und Fühlen – dies alles bildet in Ostern eine Einheit, auf die wir heute blicken dürfen. Ostern ist heute die Erinnerung und die Hoffnung an das, was des Glaubens Kern ist. Die Einheit von Widersprüchen unseres Lebens. Und das ist die Botschaft des heutigen Sonntags: Es ist Ostern. Lebe und verkündige die Einheit deines unvollkommenen Lebens, weil Gott selbst an Ostern diese Einheit uns zeigt.

Und die Einheit Gottes in Kreuz und Auferstehung ist größer als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Ewigkeit. Amen.