Predigt am 16.Sonntag nach Trinitatis (15.September 2002, 10.00 Uhr) in der Gemeinde Wippershain

 

Proprium: Auferstehung von den Toten

 

Text. Johannes 11,1.3.17-27

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Hl. Geistes sei mit uns allen.

Amen.

 

Joh 11,1

Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf  Marias und ihrer Schwester Marta.

Joh 11,3

Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank. 

Joh 11,17-27

Als Jesus kam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen.

Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa eine halbe Stunde entfernt. Und viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, sie zu trösten wegen ihres Bruders. Als Marta nun hörte, dass Jesus kommt, geht sie ihm entgegen; Maria aber blieb daheim sitzen.Da sprach Marta zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben. Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. Marta spricht zu ihm: Ich weiß wohl, daß er auferstehen wird - bei der Auferstehung am Jüngsten Tage. Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt;und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Die Erfahrungen der Menschen zu allen Zeiten sind ähnlich gewesen und geblieben . Die, die uns der Tod nimmt oder die sterben mussten bzw. müssen, reißen ein großes Loch in unser Leben. Der Tod nimmt uns die, die wir lieben. Die wir noch bräuchten, die uns so viel Gutes getan haben. Der Tod ist gnadenlos, und er kommt häufig unangemeldet, er macht keinen Unterschied zwischen arm und reich, alt und jung oder hochgestellt oder sozial schwachgestellt. Der Tod ist erbarmungslos, er ist ein Gleichmacher und er tötet fast immer das, was wir lieben. Auch die Vorstellungen über den eigenen Tod macht uns Angst und häufig ratlos. Das Leben ist nicht fair.

Mit dieser Angst, mit der Angst und Sorge um den eigenen Tod und der Sorge um geliebte Menschen, müssen auch Maria und Marta, die beiden berühmten Frauen, zu Jesus gekommen sein. Sie weinten und trauerten um ihren geliebten Bruder Lazarus, der durch den Tod jäh aus dem Leben entschwand. Dieses Gefühl kennen wir alle und wenn wir es noch nicht kennen, so wird uns der Tod eines Tages Angst machen.

Was die Angst, Trauer und Hilflosigkeit durch den Tod eines geliebten Menschen bei jedem von uns persönlich anrichtet, das weiß jeder von uns aus eigener leidvoller Erfahrung und Schmerzen selbst am besten.

 

Träume platzen jäh, Hoffnungen werden kleiner, so dass man fast Hoffnungslosigkeit spürt, der Glaube fängt an zu wanken, die Liebe wird auf eine schmerzliche Leidensspur gebracht, Trauer und Verlassenheit stellt sich ein, Unverständnis und Verzweiflung rauben einen manchmal fast den Verstand und Trost wird häufig als Vertröstung empfunden.

 

Was der Tod eines geliebten Menschen bewirkt, hat der Musiker Herbert Grönemeyer beispielhaft für viele trauernde Angehörige auf der ganzen Welt plastisch hinterlassen. In dem Lied „der Weg“ beschreibt er auf wunderschöne und sehr poetische Weise, was der Verlust seiner geliebten Frau, die an Krebs starb, für ihn bedeutet.

Und wahrscheinlich gilt das auch für die vielen trauernden Angehörigen Menschen, die in New York und Washington im letzten Jahr am 11.September ihre Angehörigen verloren:

„Es war ein Stück vom Himmel, dass es dich gibt. Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet. Hast jeden Verdruss ins Gegenteil verkehrt. Nordisch nobel deine sanftmütige Güte, dein unbändiger Stolz. Das Leben ist nicht fair.“

Und dann schreibt er später:

„Dein aufrechter Gang, deine wahren Gedichte, dein unerschütterliches Geschick. Du hast der Fügung die Stirn geboten...

Ich gehe nicht weg. Hab meine Frist verlängert. Neue Zeitreise, unbekannte Welt. Habe dich sicher in meiner Seele. Trag dich bei mir bis der Vorhang fällt. Trag dich bei mir bis der Vorhang fällt“

 

Auch die Schwestern von Lazarus, Marta und Maria, liebten ihren Bruder. Deswegen baten sie Jesus, dass er Lazarus auferwecke vom Tod.

Und der Evangelist Johannes hat uns eindrücklich überliefert  und ausgeschmückt, wie der Verstorbene Lazarus von den Toten auferweckt wurde. Fast bis ins Übertriebene und Unglaubwürdige hat es der Evangelist beschrieben. Vier Tage soll er schon tot gewesen sein, bevor Jesus ihn von den Toten auferweckte.

Dies ist eine Wundergeschichte, die missionarischen Charakter hat. D.h. die Geschichte von der Auferweckung des Lazarus wollte den damaligen Zuhörer dazu bewegen, nachzuvollziehen, dass dieser Jesus von Nazareth, der Herr über Leben und Tod ist. Dabei ist in der Absicht des Evangelisten Johannes das eigentliche Wunder gar nicht so wichtig, sondern vielmehr der Glaube bzw. die gläubige Antwort der Marta, dass Jesus der Christus, der Gottes Sohn ist, der in die Welt gekommen ist, um die Menschen zu erlösen.

Und der Erlösungsglaube hat seine Spitze, seinen Höhepunkt, in der gewaltigen Selbstaussage Jesu Christi:

"Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt;

und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben."

Dieser faszinierenden Aussage, die das Wichtigste über unseren Erlöser Jesus ausdrückt, folgt die Frage:

Glaubst du das?

Glaubst du, dass ich, Jesus Christus, die Auferstehung und das Leben bin, fragt Jesus?

Glaubst du, dass deine Angst vor dem Tod in die Hoffnung und Gewissheit auf ewiges Leben mündet, wenn du mir im Glauben folgst?

Glaubst du, dass dein Leben schon im Diesseits eine neue Dimension bekommt, wenn du dich an mein Evangelium, an meine frohe Botschaft hältst?

Glaubst du daran, dass du auch leben wirst, auch wenn du stirbst?

Und glaubst du daran, dass du durch deinen Glauben an mich nicht mehr sterben wirst?

Glaubst du das?

 

 

Liebe Schwestern und Brüder,

das ist eine Bekenntnisfrage, und ich glaube fest daran. Ich glaube daran, dass Jesus Christus unsere Auferstehung und unser Leben dereinst und auch jetzt ist. Das ist die gewaltige Botschaft des christlichen Glaubens, die durch keine irdische Ideologie oder andere Religion zu überbieten ist. Und mit dem Bekenntnis zum Auferstandenen hat das Christentum seinen Siegeszug um die Welt angetreten. Und diese Botschaft muss in Beerdigungsansprachen zu hören sein, sie ist der Kern unseres christlichen Glauben. Sie ist unerlässlich und muss immer wieder neu wiederholt werden, um uns die Botschaft von der Auferstehung näher zu bringen.

Die Botschaft Jesu Christi an uns ist, dass er für uns die Auferstehung und das Leben ist.

Das ist die Antwort Gottes auf unsere Angst vor dem Tod und der einstmals kommenden Stunde des Todes. Es ist die Verheißung Gottes gegen alle Unüberschaulichkeit und Unwegsamkeit des Lebens. Es ist die frohe Botschaft gegen die Trostlosigkeit des Alltags und die Antwort auf die vermeintliche Machbarkeit und Kontrolle des eigenen Lebens.

Jesus antwortet darauf, erklärt seinen Zuhörern, spricht zu uns:

Ich bin das Leben. Und im Glauben an mich empfängst du das Leben in seiner ganzen Fülle. Du brauchst dein Leben nicht zu erhalten und zu machen, denn bei aller übertriebenen Selbstverwirklichung oder Vorsicht, wirst du deinem Leben keine Elle oder Spanne zusetzen können. Verlass dich auf mich, ich gehe den Weg im Leben und über das Leben hinaus mit.

Wage den Glauben an mich, nimm das Angebot des Glauben, entscheide dich für mich, und ich schenke dir die Krone des Lebens, das ewige Leben und die Auferstehung von den Toten. Es wird dir angeboten den Krampf und Kampf des Lebens zu durchschauen, denn er, Jesus der Christus, dein Erlöser, kommt auch heute zu Dir. Er hält dich dort, wo du fällst. Er ist schon da, wo du noch hingehen musst. Er führt dich zu einem neuen Leben, er schenkt dir eine neue Sicht der Dinge. Eine Sicht der Dinge, die es erträglicher werden lässt, wenn die Situationen schwer in deinem Leben werden.

 

Das alles und noch unendlich viel mehr bedeutet es, wenn er sagt: ich bin das Leben, ich werde zu deinem Leben!

und so möchte ich die wichtigen Worte nochmals wiederholen.

Er sagt: "Ich bin die Auferstehung", sagt "ich bin das Leben."

Zweimal vier gewichtige Worte! Ich bin dazu da, sagt Jesus, damit du nicht im Schrecken vor dem  Tode lebst- damit aus deinem Leben zwischen Geburt und Sterben eine Kostbarkeit und keine atemlose Hetze von einer Erschütterung in die nächste wird.

Wenn wir dieses Angebot wählen, wenn wir dieser Botschaft nachfolgen, der einzigen Botschaft die ewiges Leben verheißt, dann erfahren wir im Glauben immer wieder neu, was es heißt, wenn er sagt:

"Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt;

und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben."

Amen.