19.07.2020 (Hebräer 13, 1-3.5b.6): Zukunft bauen

Hebräer 13, 1-3.5b.6 (Luther 2017 Hebräer 13, 1-3.5b.6 (Neue evangelistische Übersetzung)

1 Bleibt fest in der brüderlichen Liebe.

2 Gastfrei zu sein vergesst nicht; denn dadurch haben einige ohne ihr Wissen Engel beherbergt.

3 Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr Mitgefangene, und an die Misshandelten, weil auch ihr noch im Leibe lebt.

5b. Denn Gott hat gesagt (Josua 1,5): »Ich will dich nicht verlassen und nicht von dir weichen.«

6 So können wir getrost sagen (Psalm 118,6): »Der Herr ist mein Helfer, ich werde mich nicht fürchten; was kann mir ein Mensch tun?«

 

 

1 Die geschwisterliche Liebe möge euch ganz erhalten bleiben!

2 Vergesst nicht, Gastfreundschaft zu üben! Denn auf diese Weise haben einige, ohne es zu wissen, Engel bei sich aufgenommen.

3 Denkt an die Gefangenen, als wärt ihr selbst mit im Gefängnis, und an die Misshandelten, als wär's euer eigener Körper!

5b Denn Gott hat gesagt: "Nie werde ich dich aufgeben, niemals dich im Stich lassen."

6 Deshalb können wir getrost sagen: "Der Herr steht mir bei, nun fürchte ich nichts! Was kann ein Mensch mir schon tun?"

Gottesdienstblatt mit Umschlagsbild als PDF

Umschlagsbild

Philadelphia (griech.: Geschwisterliche Liebe)

Von oben aus, links nach rechts: die Skyline Philadelphias, Statue von Benjamin Franklin, die Liberty Bell,
das Philadelphia Museum of Art,
die Philadelphia City Hall und Independence Hall

 

 

1.       Einleitung

Die us-amerikanische Stadt Philadelphia hat sowohl für den Amerikaner als auch die komplette Welt eine besondere Bedeutung.

Philadelphia, einige Postkartenbilder habe ich auf den Umschlag des Gotesdienstblattes abgedruckt, steht für die bewegte und freiheitsliebende Geschichte der Menschen in den USA.

Denn in Philadelphia hat der damalige Kontinentalkongress, einem Art untergeordneten Parlament für die britische Kolonien in Nordamerika, am 4. Juli 1776, die sogenannte Unabhängigkeitserklärung also vor 234 Jahren beschlossen. Diese wurde dann zum Sinnbild der Freiheit von Leben, Religion und der eigenen Zukunftsgestaltung.

Symbole dieser Bestrebungen sind heute immer noch der Ort der Unterzeichnung der Unabhängigkeitserklärung (Independence Hall, auf dem Bild unten rechts) oder die Glocke, (Liberty Bell, Bild in der Mitte), die am 8. Juli 1776 anlässlich der Verlesung der Unabhängigkeitserklärung geläutet wurde.

Es ist nicht verwunderlich, wenn man auf den ersten Blick auf die Skyline oben meint, man sähe Frankfurt. Es ist die Skyline von Philadelphias (der 7. größten Stadt in den USA), die Partnerstadt von Frankfurt am Main (die 5. größte Stadt Deutschlands).

Historisch wurde Philadelphia im Jahr 1681 durch den Quäker William Penn gegründet. Er hatte das Gebiet vom englischen König Karl II. erhalten, als Gegenleistung für die Schuldentilgung, die König Karl II. bei Penns Vater, dem verstorbenen Admiral Wiliam Penn, hatte. Karl II. legte auch den Namen der Gebietsschenkung fest; in Erinnerung Admiral Penn Pennsylvania.

Als Quäker wird heute eine Weltanschauung beschrieben, die in jedem Menschen das Licht Gottes sieht und damit eine individuelle Besonderheit. Gewissen und Menschenwürde spielen dabei eine wesentliche Rolle. Nicht alle Quäker bezeichnen sich als Christen, die meisten nutzen die Bibel als ihre Heilsschrift. William Penn wollte mir einem Heiligen Experiment eine Religionsfreiheit etablieren und dies geschah nun 1681 damit, dass er Pennsylvania als Land erhielt und dessen Gouverneur wurde.

Im gleichen Jahr, 1681, gründete William Penn, der Quäker, also der Admiralssohn die Stadt Philadelphia. Er gab der Stadt den Namen, den die standhafte Gemeinde, die in Stadt Philadelphia in Kleinasien im 3. Sendschreiben der Offenbarung des Johannes (Offenbarung 3, 7-13) als die Standhafte bezeichnet wird.

Der Name Philadelphia (Φιλαδέλφεια) ist als ein ursprünglich griechischer Name, der sich aus den Worten Philos (φίλος; deutsch: lieb, teuer, liebevoll, freundlich‘) sowie Adelphos (αδελφός; deutsch:  Bruder) zusammengesetzt ist. Wie Philharmonie – Freund der Harmonie oder Philipp (der die Pferde Liebender).

Die Stadt in den USA trägt also genau den Namen, den wir heute im Predigttext als Anrede bzw. Verpflichtung finden.

2.       Bibeltext

Ich lese aus dem Hebräerbrief 3, 1-3+5b.6:

Der heutige Bibeltext ist recht einfach und klar. Bleibt geschwisterlich beieinander. Übt Gastfreundschaft, gedenkt der gefangen und Misshandelten. Und die große zusagen:

5b Denn Gott hat gesagt: "Nie werde ich dich aufgeben, niemals dich im Stich lassen.“ 6 Deshalb können wir getrost sagen: "Der Herr steht mir bei, nun fürchte ich nichts! Was kann ein Mensch mir schon tun?"[1]

Die hier beschrieben Hinweise sollen bewusst die geschwisterliche Liebe der Christen fassen und an diese erinnern.

Diese Mahnrede in Kap. 13 ist in den letzten Abschnitt des Hebräerbriefs eingeordnet. Wer den Hebräerbrief verfasst hat, ist unklar.

Drei Teile hat der Hebräerbrief.

Im Ersten Teil (1,1 bis 4, 13, Die Narratio) fasst der gebildete Autor die theologischen Erkenntnisse der letzten 50 Jahre als Christusanhänger zusammen.

Im zweiten Teil (4,14 – 10,18) argumentiert der Autor über die besondere Funktion von Jesus als christlicher Hohepriester.

Und der letzte Anschnitt aus dem auch unsere Stelle stammt steigt in die Ermahnung (die per-oratio) ein. Die Ermahnung oder Paränese nimmt die beschriebenen, akute Ermüdungserscheinungen in der Gemeinde der Adressaten auf. Ursache ist auch der auf der Gemeinde lastende Druck einer abweisenden bis feindseligen Umwelt resultieren. So werden scheinbar Zweifel an der Gültigkeit der Verheißungen Gottes laut (10,23.35f.). Die angeschriebenen Christen sind glaubensmüde geworden (6,12, vgl. 5,11 "schwerhörig"). Der Verfasser sieht die Gefahr, dass sie ihre Glaubenszuversicht "wegwerfen" könnten (10,35-39).

Und so meint der Autor einen Art Glaubenskurs oder ein Mutmacherbrief vorlegen zu müssen zur Bekräftigung der Christen (5,12-6,2).

Weil: Einige Gemeindeglieder sogar den Gemeindeversammlungen fernbleiben (10,25). Insgesamt ergibt sich das Bild einer zutiefst verunsicherten Gemeinde im nachapostolischen Zeitalter. Um die erschlafften Hände und die wankenden Knie (wie es in 12,12 steht) zu stärken, schreibt der Autor des Hebräerbriefes dieser Gemeinde eine "Mahnrede" (13,22).

Verdächtig ähnlich zu heute. Man könnte meinen, Corona wäre schon da gewesen; damals. Auch wir haben Ebbe in der Kirche, mal vom vielen Geld abgesehen. Wir haben unglaublich viele Pfarrer und scheinbar zu wenige mit dem nötigen Elan; dem Elan für die Sache.

Vielleicht liegt das an der Behäbigkeit, dass Kirche nicht mehr meint sich für das Evangelium einzusetzen, sondern für die eigene Existenz. Vielleicht liegt das daran, dass wir und ich hier nicht genug für die Verkündigung tun. Wer weiß es?

3.       Jesus als Messias, als christlicher Hohepriester

Die heutige Vergewisserung ist ziemlich deutlich: „Was kann mir ein Mensch schon antun, wenn ich Christus für mich als Fürsprecher und Gott als denjenigen, der mich nie aufgeben will.

Der Hebräerbrief macht dabei eine interessante, theologische Wende. Er erklärt Jesus zum Hohepriester, also zum höchsten Priester, Papst der Stellvertretend für die Menschen spricht.

Der Theologe des Hebräerbriefs tut dies in Abkehr des levitischen Hohenpriesters, also der Priester aus dem Stamm Levi die die Aufgabe der priesterlichen oder pastoralen Versorgung der Gemeinde im Judentum haben. Mit Christus läuft der jüdische Bund aus und in Christus wird der Bunde Gottes mit den Menschen erneuert.

Die Erneuerung besteht gerade darin, dass dieser Christus uns zu Freiheit von der Sünde befreit. Also eine Freiheit deutlich macht, die wir getrost jenseits der Beschränkung durch unseren Instinkt unterliegen. Damit werden wir zu neuen Menschen, wiedergeboren aus dem Alten, weil Gottes Zusagen uns nun anhaftet.

4.       Heute

Wie ist das heute mit der geschwisterlichen Liebe unter Christen? Wie ist das mit dem gemeinsam oder getrennt einsam? Wie ist dass mit der Zukunft, die im Angesicht Gottes zu gestalten und zu gründen haben. Ja gründen. Denn die Zukunft ist unsere Heimat, unser Land und unsere Verheißung – wie für die Menschen die nach Amerika gingen, um Glaube und Hoffnung als eigene, erlebbare Zukunft zu verbinden.

Schaffen wir das? Schaffen wir diesen unseren Glauben als Geschenk und dieses unsere Hoffnung als Geschenke als Geschenk für die Gestaltung der Zukunft für uns andere zu sehen?

Oder wollen wir mit den Veränderungen in Ruhe gelassen werden?

Meine Ermahnung heute lautet: Baut, glaubt, hofft – was? ZUKUNFT! AMEN. Herr, schenke Glauben, Hoffnung und uns Zukunft.  Amen.