18.08.2019 (Phil. 3, 7-14): Der E-Modus der Christen

Phil. 3, 7-14

7 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet.

8 Ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck (σκyβαλα - Skyballa: Wörtlich = Scheiß), auf dass ich Christus gewinne

9 und in ihm gefunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott kommt durch den Glauben.

10 Ihn möchte ich erkennen und die Kraft seiner Auferstehung und die Gemeinschaft seiner Leiden und so seinem Tode gleich gestaltet werden,

11 damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten.

12 Nicht, dass ich's schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin.

13 Meine Brüder und Schwestern, ich schätze mich selbst nicht so ein, dass ich's ergriffen habe. Eins aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist,

14 und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.

 

1.      Einleitung

Nun – wie war das mit den anvertrauten Pfunden? JOSCH – und du bist jetzt mal ruhig. Es geht nicht um die Speckröllchen. [Josch: Röllchen, anvertraute RINGE….] Josch zur Seite nehmen.

Aber mal ernsthaft. Was ist uns anvertraut? Was tragen wir als Christen mit uns rum?  Was ist eigentlich die Last oder die Batterie, durch die wir als Christen letztlich als Christen in der Welt erkannt, als Christen sichtbar werden. Wodurch wir als Christen schließlich zum Licht der Welt werden?

Was ist es, wodurch wir evangelisch sind und als evangelisch Erwachsene in dieser Welt die Vergangenheit, die Gegenwart und auch die Zukunft in den Blick der eigenen Verantwortung nehmen?

Und natürlich kann ich als Pfarrer da einfach reden. Denn ich habe ja das Evangelisch sein als Beruf gewählt. Und sogar als eine Art Lebensberuf, der mich letztlich eben nicht mehr zwischen meinem PRIVAT- und BERUFSLEBEN trennen lässt; auch wenn es häufig gefordert wird.

Letztlich geht es für uns als Christen mit all den Pfunden, Gaben und Röllchen; mit allem was wir sind, was wir darstellen, was wir haben, DARUM, sich einer Sache zu verschreiben, die da heißt „Evangelisch“.

Was heißt aber nun Evangelisch? Was wäre das, wie wäre das, wo wäre das: Evangelisch sein zu können, dürfen oder sollen?

Also: Evangelisch ist nicht, in das Hilfsverb „sollen“ verliebt zu sein. Also stellen sie sich mal einen Journalisten vor, der in einem Artikel nur darüber schreibt: Es soll gesagt worden sein, Der Dr. YX soll so was getan, gesagt, gedacht, geschrieben haben-  vielleicht 10 Mal im Artikel.

Das und jenes; und übrigens auch das noch, so jener oder natürlich auch der Pfarrer gesagt haben sollen. So nur beispielsweise als Beispiel.

Ungeachtet dessen, ob es eine Sternstunde journalistischer Lebensexistenz sein kann, sein Licht unter einen Sollen-Scheffel zu stellen und damit Nachrichten – im Übrigen für jeden beim Lesen schon spürbar – für den Eimer zu produzieren - UNgeachtet dessen, ist evangelisches Leben, keine Leben im Möchtegern-, im Sollen- oder Wunsch-Modus.

Nicht die Belanglosigkeit, das wirre Rumfaseln, das Showleben in einer Kulissenwelt ist die evangelische Verpflichtung und Berufung für unser Leben, sondern das bewusste Leben. Es geht evangelisch eben nicht um ein Leben als eine Feder im Wind, oder eine mit lila Tüchern behängte Existenz, die eine lebensfremde Nische besetzt. Es geht auch nicht darum, der neue Martyrer oder die neue Greta zu werden; ich meine nicht eine neue Greta Gabor, sondern Greta Thunberg. Es geht letztlich um eine Klarheit im Evangelischen, die selbst dem Evangelium entspringt.

Oder noch kürzer: Konjunktiv ist Scheiße. Ja, es ist Mist, wenn wir meinen, machen zu müssen, zu sollen oder so sein zu wollen oder was auch immer im MÖCHTEGERN MODUS zu sein.

Es geht also um den Evangelischen Modus; also den E-Modus, also den wirklichen E-Modus des Lebens: Wie bin ich evangelisch im Leben.

Und vielleicht haben es einige schon gemerkt. Das Wort Skyballa kam eben in meiner Predigt vor. Skyballa – also das altgriechische Wort für „Scheiß“, „Mist“, welches ja in der Bibel so nur einmal vorkommt.

Und ja, der heutige Predigttext, der vorgeschriebene Predigttext ist derselbe, wie zu meiner ersten Predigt  am 25.07.2016, vor drei Jahren.

2.      Bibeltext

Für die, die nicht das Glück und den Genuss hatte damals dabei zu sein, ist also heute die Chance, den Text aus dem Brief des Paulus an die Philipper nochmals zu hören und die Botschaft wahrzunehmen.

Philipper 3, 7-14: Text lesen.

Paulus ist sauer, grottensauer. Er ist sauer auf die Möchtegern-Christen, auf das Konjunktiv-Christsein. Auf jene sauer also, die meinen, dass Jesus eine geschnitzte Holzfigur sei soll, die super zum Porzellangeschirr in den Sonntagsschrank gehört.

Nur rausgeholt, wenn die gute Stube des Evangelischen zu Feiern wie Taufe, Konfirmation, Hochzeit oder Beerdigung betreten wird. Dies Abstauben-Christentum, also das Leben, welches erst zu Anlässen rausgeholt, abgestaubt werden muss, um letztlich einer Kulissenwelt den Schein zu wahren. Paulus ist sauer, so was von sauer, weil das, was er mit dem Evangelium als Weltapostel verkündigt, durch dieses Kulissen und besserwisser-Christentum einen Bärendienst für das Evangelium selbst erweise. Paulus ist so sauer, dass er von Skybala, also Scheiß redet, den diese Kulissenchristen produzieren und alles zunichte machen.

Warum genau ist Paulus sauer? Ganz einfach.

Das Evangelium befreit zu Klarheit, zu Wahrhaftigkeit, zum unverstellten Leben. ZUM UNVERSTELLTEN LEBEN im Leben. Niemand muss sich verstellen oder sich hinter geschnitzten, tradierten oder sonst wie gemachten Nippessachen VERSTECKEN. Das Versteckspiel vor dem wirklichen Leben ist Paulus zuwider. Zuwider, weil wir in Christus befreit sind, zum wahren Leben, also zum evangelischen Leben, zum Leben in der Gewissheit des Evangeliums.

3.      Christus – der E-Modus-Geber

Die Antwort, die wir verkünden, gilt es zu leben, zu zeigen als INDIVKATIV, als TU-FORM im Leben. Christsein – ist die Tu-Form des eigenen Lebens; nicht was ich tun sollte, sondern ich tue es. E wäre so einfach: Weil Christus für dich, mich eintritt – eingetreten ist vor aller Zeit-, brauchst du keine Schminke, keine gefakten Lebensläufe, Wohnungen, Klamotten, Autos, E-Bikes oder hippe, coole Dinge mehr. Der E-Modus ist der Modus, den Christus im Evangelium uns geschenkt hat.

Nichts anders ist Evangelium: den ganzen Mist dieses Lebens, die ganzen Vorgaben, Verstellungen, die ganzen Konjunktive sind der Müll, der im Evangelium als Lebenspflicht von uns WEG genommen ist. Früher hat man dann davon gesprochen, Nicht das Gesetz, also die Kulissenwelt rettet dich, sondern das Vertrauen und die Gewissheit in Christus. Also E-Modus. Der Evangelische Modus, der Modus im Evangelium ist angesagt.

4.      Heute

Wie geht das? Wo ist der Knopf diesen Modus einzuschalten?

Ein Beispiel: Jüngst war ich in einem Kirchenvorstand, der Schwierigkeiten mit seiner Kita und seiner Leitung hat. Der ganze Frust aus dem Evangelisch-sein in diesem Leitungsgremium war, dass man Lösungen wollte. Lösungen für die Krise, für die CO2 Frage, für das Robbensterben oder die Plastikproblematik der Welt. Diese Belastung, letztlich als Kulissenschieber Christus ersetzen zu wollen, diese Selbstüberforderung war auch dort das Problem: Menschen, die eine Harmoniewelt spielen und bei Krisen diese Belastung sollte so schnell, so radikal, so unverzüglich gelöst werden. Konjunktive überall; Leben im Sollen und Möchtegern-Status. Also man müsste mal: die Meinung sagen, Abmahnen, Entlassen oder was auch immer.

Evangelisch sein, ist keine Existenz des Konjunktiv, also kein Leben des „Vielleicht einmal“. Denn das Leben im Konjunktiv, also ein Leben im Dauerbelastungsstress mit der Aufforderung man müsste, sollte, könnte mal, ist nur eines: NERVIG. Und es ist nicht evangelisch. Ein solches Wunsch-, Forderungsleben ist letztlich nur eine Kulissenwelt, einer Welt vor künstlich erzeugten Wirklichkeitserwartung Das ist NICHT Evangelisch oder Evangelium. Dieses Möchte-Gern-, Man-Müsste-Mal-Leben ist nur eines: DUMM. Oder Wie Paulus sagt: Skybala, Mist. Es ist – so Paulus - ein Scheiß-Leben. Weil man nur auf den Mist reagiert, den andere verzapfen, fordern oder auch dümmlich in die Zeitung bringen. Ein solches Leben ist ein abhängiges Lebens, abgehängtes Leben weil Idealzielen, Idealbilder oder Wunschvorstellung gefolgt wird. Quasi Hanny und Nanny für Erwachsene, in dem wir letztlich glücklich, zufrieden mit einer Blume im Haar dem kirchenlilalen Sonnenuntergang entgegen reiten.

Schluss damit. Schluss mit diesem Mist. Und das sage nicht ich, sondern das sagt Paulus: DIR, DIR; DIR und MIR.

Hör auf dich durch Wünsche, Regularien durch Konjunktive zum Retter der Welt machen zu wollen. Das ist schlicht unnötig, weil die Welt in Christ schon gerettet ist. Du bist ein Narr, eine Närrin, wenn du dich nicht auf das Evangelium, auf dein evangelisches Leben verlässt, weil allein darin dein Heil, deine Rettung, deine Zukunft ohne Konjunktiv schon realisiert ist. Oder ganz einfach: Lebe im Bewusstsein, dass der Herr dich trägt, hält und leitet.

Und wie macht man das? Indem du zu dir selbst findest, als Mensch unter Menschen, als Mutter, als Vater, als Single, als Oma, als Sterbende, als Konfirmand, als Pfarrer oder als Mensch; eben im Evangelium.

Die Lösung ist einfach, auch für den Kirchenvorstand: Wer bist du eigentlich. EIN Mensch mit Verantwortung gegenüber Familie, Kirche, Beruf oder wo auch immer. Und das einfachste ist diese Verantwortung im E-Modus wahrzunehmen. Was hindert uns, dem Nachbar, dem Partner, der Kita-Leitung oder wem auch immer – selbst dem Bürgermeister oder Pfarrer zu sagen: So wie du das Machst finde ich das gut, durchwachsen oder Scheiße? Was hindert an Wahrheit, Klarheit und Direktheit?

Nun – der Anstand oder eine andere dieser Kulissenwelten, der hindert uns, aber darf er das? Sicher nicht – wenn es nach Paulus geht.

Denn der E-Modus, unser Modus als Evangelische, das Leben durch und im Evangelium fordert eigentlich nur dieses: Raus aus dem Konjunktiv, aus der Aufgesetzten, Geschminkten, aus der erfundenen Scheinwelt und hinein in das Leben. Denn letztlich ist der E-Modus nur eines: Leben in dem Bewusstsein und der Gewissheit, dass unsere Leben im Evangelium trägt, hält und aufbaut; selbst über den Tod hinaus. Amen.

 

Herr, dreh du den Knopf. Dreh du uns auf den E-Modus. Bitte. Amen.