21.07.2018 (Mt 9, 35-38; 10, 1(2-4)5-10): Nachfolge – Folge nach

 

Predigttext: Matthäus 9, 35-10,10 (ohne 10,2-4)

 

35   Und Jesus zog umher in alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen und predigte das Evangelium von dem Reich und heilte alle Krankheiten und alle Gebrechen.

36   Und als er das Volk sah, jammerte es ihn; denn sie waren geängstet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben.

37   Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter.

38   Darum bittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter in seine Ernte sende.

10, Die Berufung der Zwölf

1      Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unreinen Geister, dass sie die austrieben und heilten alle Krankheiten und alle Gebrechen.

2      Die Namen aber der zwölf Apostel sind diese: zuerst Simon, genannt Petrus, und Andreas, sein Bruder; Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und Johannes, sein Bruder;

3      Philippus und Bartholomäus; Thomas und Matthäus, der Zöllner; Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus;

4      Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn verriet.

Die Aussendung der Zwölf

5      Diese Zwölf sandte Jesus aus, gebot ihnen und sprach: Geht nicht den Weg zu den Heiden und zieht nicht in eine Stadt der Samariter,

6      sondern geht hin zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel.

7      Geht aber und predigt und sprecht: Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.

8      Macht Kranke gesund, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus. Umsonst habt ihr's empfangen, umsonst gebt es auch.

9      Ihr sollt weder Gold noch Silber noch Kupfer in euren Gürteln haben,

10   auch keine Tasche für den Weg, auch nicht zwei Hemden, keine Schuhe, auch keinen Stecken. Denn ein Arbeiter ist seiner Speise wert.

 

1.      Einleitung

Wenn man den Medien und den Analysen glauben schenken mag, so ist der Wirtschaftsstandort gefährdet. Gefährdet – nicht weil unsere Leistungskraft oder die Intelligenz oder der Erfindungsreichtum abnimmt.

Die Zukunft der deutschen Wirtschaft ist gefährdet, weil es keine Nachfolge mehr gibt. Die Mehrzahl aller Unternehmen in Deutschland sind Familienbetriebe (Link - S. 6 der Studie). Von 3.3 Mio. Unternehmen sind 2,95 Familienbetrieb (davon 2,8 Mio. Eigentümer geführt.)

Die Nachfolge in dem eigenen Unternehmen ist ein großes Thema, weil einerseits die Kinder fehlen, die übernehmen könnten, und die Kinder fehlen, die übernehmen wollen.

Nehmen wir das Bäckerhandwerk. 1960 gab es 55.000 Bäckereien allein in der alten BRD. Heute sind es noch 11.000 Bäckereibetriebe, die ca. 46.000 Standorte versorgen. Durch die Systembäckerei, also das Fertigbacken von gekühlten, vorgefertigen Teigwaren, sind zudem in fast allen Verkaufsstandorten wie Lidl, Aldi, Netto, Penny oder Rewe/Edeka – und natürlich den Tankstellen - auch „Bäckereien“ enthalten. Bei etwas mehr als einem Zentner an Brot und Backwaren pro Haushalt gibt es einen unglaublichen Bedarf an Brot, Brötchen und sonstigen Systemteigwaren.

Es gibt eigentlich überall Brot, selbst im Baumarkt, aber immer weniger Bäcker, auch weil die Nachfolge unter den aktuellen Bedingungen kaum erfolgt. Gleiches bei Metzgereien. Raunheim hatte mal welche.

In Thüringen und Bayern kommen ca. 45 Metzgereien auf 100.000 Einwohner, in Berlin sind es nur 5 auf 100.000 Menschen, also für ganz Berlin lediglich 150 klassische Fleischerei. Auch hier gleichen die Systemmetzgereien mit den verpackten und vorgefertigen Wurst und Fleischwaren den Bedarf der Menschen aus, bei wenigen Frischfleischtheken.

Die Nachfolge in das eigene Familienunternehmen ist heute häufig zudem kein besonders interessantes oder gar reizbares Thema.

Die Kinder haben häufig die aufopfernde Arbeit der Eltern erlebt und erfahren. Ein geregelter Arbeitstag, Urlaub oder Ferien sind dabei neben den Nöten oder auch Existenzängsten teils greif- und spürbar.

Nachfolge ist zudem eine Herausforderung unter der eigene Mutter oder dem Vater als Junior aus seine Chance zu warten, damit man ans Ruder kann. Denn abgeben ist häufig genau so schwierig wie annehmen.

Die Folge ist eben, dass die Nachfolge in einer Welt, die mehr Privatleben haben will als Berufs- oder Arbeitsleben unattraktiv wird.

Auch im Pfarrberuf ist das mittlerweile so. Die Nachfolge ist gering. Die Kirchen haben durch ihr Auftreten dieses pastorale Handwerk der Jugend vermiest. Und als Handwerk, nicht mehr als Sakrament, hatte Luther den evangelischen Pfarrer erfunden. Drei Anforderungen hatte Luther an die nachfolge im Pfarramt gestellt: Gewollt, befähigt und geschickt müsse ein Pfarrer sein; gewollt, befähigt und geschickt – so Luther in einem Brief Anfang 1523. Befähigung, also Intelligenz sei eine Sache, die Fähigkeit diese Intelligenz auch – sozusagen geschickt – in Predigten, Gottesdienst, Beerdigung auf die „Straße“ zu bringen eine ganz andere.

Beruf und Berufung – das ist bei Luther eines; egal ob als Metzger, Pfarrer, Soldat oder Köchin. Denn Diplome kochen kein Essen oder halten keine Predigten oder machen die Wurst nicht schmackhaft. Also überall ist da so eine Sache mit der Nachfolge.

2.      Bibeltext

Also, was hat die Bratwurst oder das Croissant mit dem heutigen Predigttext zu tun? Richtig – Es geht im Text und am heutigen Sonntag (5. n. Trinitatis) um die Frage der Nachfolge, um unsere Nachfolge Jesu.

Ich lese die vorgegebene Bibelstelle: Mt 9, 35-38; 10, 1(2-4)5-10

Also: Macht euch auf, ohne Habe, mit dem, was ihr am Leib tragt. Keine Tasche oder Tramperrucksack, sondern alle mit der Bevollmächtigung des Herrn. Tretet in die Nachfolge Jesu ein! Es hat Zeiten gegeben, wo dies umgesetzt wurde, auch heute noch. Aus den USA treffen Missionare immer noch irgendwo ein: Predigen, Heilen und Gesundmachen. Bei uns in Deutschland ist das eher gering.

Es geht um Nachfolge in dem heutigen Predigttext und um die Botschaft. Also - wer folgt dem bestehenden Auftrag nach und setzt sich dafür ein? Nicht nur – wer übernimmt als Kind, als Meister das Geschäft oder Unternehmen – sondern es geht um viel mehr. Es geht darum: Wer stellt sich und seine Person, sein Können, seine Zeit, sein Vermögen in den Dienst der Sache um Jesus. Ohne wenn und aber.

Also Freunde, wer macht das? Nackt - jeder Absicherung und jeglichen Rentenanspruchs oder Mitarbeitervertretung. Ohne Kreditkarte, Smartphone oder Urkunde; eine Urkunde, die zum Verkündigen, Heilen, Tote auferwecken oder Dämonen austreiben legitimiert.

Der Evangelist Matthäus hat, so wird im Predigttext deutlich, die Juden, also den Volksstamm Jesu im Blick hat, nicht die Samaritaner oder wie Paulus uns Heiden. Wesentlich ist die Botschaft: das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen. Es wird sichtbar in Jesus selbst und in seinem durch Gott bevollmächtigten Handlungen und Wundern. In Anlehnung an das Alte Testament wird bei Matthäus Jesus als Messias und der Gesalbte präsentiert. Wesentlich sind die fünf großen Reden im Evangelium (Bergpredigt: Kap. 5–7; Missionsrede: 9,35-10-42; Rede der [7] Gleichnisse: 13; Weisungsrede: 18; Endzeitreden: 23-25). Unser Text stammt aus der Missionsrede. Es ist der Aufruf zur Nachfolge für Botschaft und Handlung.

Dietrich Bonhoeffers Buch „Nachfolge“ von 1937 wurde nach seinem Tod kurz vor Kriegsende als einer der Widerstandskämpfer rund um den 20. Juli 1944 ein Bestseller. Eine „Billige Gnade“ sei die Nachfolge Jesu, wenn diese ohne Folgen im Leben sei. Also eine billige Nachfolge, weil diese Gnade Gottes nichts koste oder keine Lebensänderung auslöst.

Teuer müsse die Gnade und Nachfolge sei, also einen Lebenssinn und –wert im eigenen Leben haben, der auch Veränderung im Alltag bedeute.

3.      Christus als Auslöser der Botschaft

Denn, was bedeutet der Ruf in die Nachfolge, die Antwort auf die Missionsrede Jesus anderes, als dass wir nicht uns selbst als das Wichtigste der Botschaft Jesu ansehen, sondern die Botschaft als Dienst verstehen. Nicht selbst plappern, sondern dienen. Verkündigen statt die Botschaft aufgehübscht kommunizieren. Sichtbar in Gebet, Handeln und Reden für Jesu und das Evangelium eintreten. Anderen dienen statt selber wollen.

Unser Konsum in der Welt wird plötzlich in der Nachfolge Jesu, in den Dienst der Botschaft für die anderen gestellt. Ich gebe weiter. Ich stehe ein für den Nächsten. Ich helfe und diene. Und – ich häufe nicht an, sondern verschenke; Geld, Liebe, Zeit, Wohlwollen, Zuneigung, Hoffnung, Zukunft, Gewissheit, Zuversicht und Mut. Das ist Nachfolge. Kein persönliches Bedenkenträgertum oder eine ökologische Mode an Freitagen, die keine freien Tage sind. Vielmehr geht es um den persönlichen, direkten Einsatz für das Leben und die Zukunft. Jesu Nachfolge in Kreuz und Auferstehung wird letztlich für uns zum Aufruf nachzufolgen seiner Botschaft.

4.      Heute

Im Hinterland heißt es deshalb, der letzte Wagen im Leben hat keine Anhängerkupplung. Will sagen: was kannst du in den Himmel (also das Leben) oder die Hölle (also den Tod) mitnehmen? Angeblich hat ja auch das letzte Hemd hat keine Tasche mehr.

Bild – Hinweis. Dass das nicht mehr stimmt, habe ich in Frankfurt auf dem Friedhof erfahren. Aber niemand, der auf der Lafette gefahren wird, kann etwas dranhängen; weder an Lebensspann noch an Gütern, Besitz.

Also warum hängen wir Menschen so viel dran; an uns? Warum tun wir nicht einfach Gutes; schenken Zeit, Zuneigung, Liebe; geben das Gefühl von Geborgenheit, Sicherheit; und vermitteln eine Zukunft, die jenseits von Koffern lebt? Fahren Sie mal ohne Koffer in Urlaub! Das wäre Nachfolge, nämlich die Hoffnung auf etwas setzt, was wir nicht einpacken, versichern, festgehalten oder vererben können.

Starker Tobak – wie mein Opa sagte; - und letztlich mit 66 an Lungenkrebs krepiert.

Was uns trägt, sind nicht die Schätze der Welt, sondern die Bereitschaft, uns in die Nachfolge Jesu zu setzen, sich ihm an zu vertrauen und auf ihn und durch ihn zu hoffen.

Starker Tobak – wirklich. Denn der Tod ist uns gewiss. Und das Leben über den Tod hinaus wird zum Geschenk, weshalb die Anhängerkupplung letztlich egal ist. Denn im Evangelium wird nicht mit billigem Tand gehandelt, sondern wir als Menschen durch Nachfolge Jesu teuer erkauft.

Also: Mutige voran!

Amen.

Herr, schenke du die Kraft, mutig, teuer und lebendig zu sein. Amen.

 

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