23.09.2018 (Jesaja 49, 1-6): Gottes Ansager - Wir sagen euch an...

Gottes Knecht wird das Licht der Völker

1 Hört mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merkt auf! Der HERR hat mich berufen von Mutterleibe an; er hat meines Namens gedacht, als ich noch im Schoß der Mutter war.

2 Er hat meinen Mund wie ein scharfes Schwert gemacht, mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt. Er hat mich zum spitzen Pfeil gemacht und mich in seinem Köcher verwahrt.

3 Und er sprach zu mir: Du bist mein Knecht, Israel, durch den ich mich verherrlichen will.

4 Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz. Doch mein Recht ist bei dem HERRN und mein Lohn bei meinem Gott.

5 Und nun spricht der HERR, der mich von Mutterleib an zu seinem Knecht bereitet hat, dass ich Jakob zu ihm zurückbringen soll und Israel zu ihm gesammelt werde – und ich bin vor dem HERRN wert geachtet und mein Gott ist meine Stärke –,

6 er spricht: Es ist zu wenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern ich habe dich auch zum Licht der Völker gemacht, dass mein Heil reiche bis an die Enden der Erde.

 


 

1.      Einleitung

Es ist nicht ganz einfach über das heutige Thema des Predigttextes zu reden. Es geht um das Volk. Wenn wir heute in Deutschland zum Wort „Volk“ uns äußern, dann schweben unausgesprochen zwei Aspekte mit, die uns wie ererbte Güter immer als Verpflichtung auferlegt bleiben:

Zum meinen die Frage, ob man vom Volk nach den Gräueltaten der Deutschen reden kann, die sich als selbsterwähltes Herrenvolk über die Rassenhygiene zu Schlächtern der NICHT genehmen Völker aufgeschwungen haben und am Fließband mordeten. Auch wenn der SS Chef Himmler selbst nach seiner Posener Rede vom Okt. 1943 ein „schlechtes Gewissen“ und Ekel hatte bei der Ausrottung der Juden, betonte er die Pflicht zur Ausrottung als höheres Ziel.

Jede Geschichte ist uns als Aufgabe und Erinnerung auferlegt; auch die böse, in die wir hinein geboren werden. So obliegt es allen nachfolgenden Generationen im Blick auf den Begriff Volk, sich der Verantwortung gegenüber allen Menschen, egal welcher Couleur an Hautfarbe, Religion oder Intelligenz an- und wahrzunehmen. Allein heute noch von den Ermordungen der Juden zu reden und nicht von Deutschen, Polen, Franzosen jüdischen Glaubens oder teils fragwürdiger genetischer Abstammung zu reden, macht die fortgesetzte Ausgrenzung der Ermordeten deutlich.

Zweitens: Vom DEUTSCHEN Volk zu reden, wird ja gerade bei manchen Hirnen wieder modern. Was auch immer diese selbsternannten Oberdeutschen damit meinen, Trachtenlederhosen, Mozart oder die Nazis, eine Vereinnahmung von „Volk“ als eine neue Wichtigkeitsklasse ist offensiv anzusprechen und in jeder Rede deutlich zu begegnen. Wer Deutschtum als Lösung ansieht, ist in geringsten Fall nur durch Angst im Hirn erkrankt. Dass mache dort Deutschsein wieder als eine neue Endlösung aller Probleme der Gesellschaft ansehen, ist das Böse an sich!

Wir sind die Fremden in einer Welt. Denn egal wo wir sind, wir sind keine deutschen Götter der Ewigkeit, sondern Menschen, denen auf Zeit Leben und Verantwortung anvertraut ist. Wir besitzen nichts, wenn wir dem eigenen Tod ins Auge sehen. Das ist letztlich die Erkenntnis, die Christen in sich tragen.

Die Frage der Veränderung von „Volk“ oder Familie ist auch immer eine Auseinandersetzung um Veränderung, Aufbruch und Neuanfang. Z.B. dort, wo Kinder der Arbeit, der Bildung oder der Entwicklung wegen von Zuhause aus- und wegziehen. Wir haben z.B. in der Paulusgemeinde im letzten 18 Monaten durch Abwanderung gerade an 12 Jährigen (22) oder 18-22 Jährigen (35) ca. 60 junge Gemeindegliedern an die Welt da draußen verloren. Diese Form der Veränderung des Ab- & Zuwanderung in neue Lebensräume allein bei uns Evangelischen in Raunheim macht deutlich, dass das Raunheimer Volk der Evangelischen höchst dynamisch ist. Dass wir den größten Zuwachs von fast 60% in der Altersdekade an Evangelischen im dem Jahrzehnt von 95-104 Jahren haben; von sieben Evangelischen auf 11, innerhalb nur eines Jahres, sei nur angemerkt.

Wir Menschen als Teil eines größeren Ganzen (ob Volk, Gemeinde, Familie oder was auch immer) leben immer in Veränderung und die Frage ist, wie fähig wir sind, damit umzugehen. Denn nur die wenigsten von uns können homogene Haus-/Familien­strukturen über mehrere Generationen heute etablieren. Die, die diese Form (Mehrgenerationenhäuser) haben, sind – das muss man sich bewusst machen – die absolute Ausnahme. Und es gilt gerade nicht etwas sich Auflösendes als ideal zu postulieren.

2.      Bibeltext

Wir stehen somit auch - wie ebenso der Prophet Jesaja – beim heutigen Predigttext in der Pflicht und Aufgabe, die Zukunft neu und anders zu gestalten, und künstlich Ideale oder Illusionen aufrecht zu erhalten.

Jesaja 49, 1-6 lesen

Bevor wir uns nun aber auf den Predigttext stürzen, schauen wir auf das Umfeld von Jesaja Kap. 49.

Allgemein: Im Buch Jesaja sind drei Zeitepochen zusammengefasst.

Im ersten Hauptteil (Kap. 1-39) wird vom eigentlichen Propheten Jesaja gesprochen, der um 740-700 vor Christus in Israel lebte und den getrennten Reichen Israel / Juda, den Untergang durch die Assyrer vorhersagt.

Im zweiten Hauptteil des Buches Jesaja (Kap. 40-55: Deutero-Jesaja, der zweite Jesaja genannt) wird von der Zeit der Gefangenschaft des Volkes Juda in Babylon um 545 vor Christus berichtet.

Und im dritten Hauptteil (Kap. 56-66: Trito-Jesaja, der dritte Jesaja) geht es um die Zeit nach der Befreiung aus der Babylonischen Gefangenschaft also nach 539 v. Chr., also als Babylon von den Perser (Xerxes) erobert wird und die Juden wieder zurückkehren dürfen.

Schauen wir auf Jesaja 49, aus dem Buch des "zweiten" Jesaja:

Das Volk Israel hat kein Land mehr und ist in der Gefangenschaft. Im Jahr 587 vor Christus haben die Babylonier unter Nebukadnezar den Rest des ehemaligen israelitischen Reiches unterworfen, Jerusalem zerstört und die Menschen, vor allem die judäische Oberschicht in das damalige Zentrum der Welt - nach Babylon – als Geiseln verschleppt. Der Predigttext dürfte im Jahr 545 v.Chr. spielen, also ca. 40 Jahre nach der Verschleppung. Viele Judäer haben sich vom Glauben abgewandt und werfen Gott nur noch Versagen vor.

Unser heutiger Predigttext ist zudem das zweite von vier „Lieder“ des Knechtes Gottes, der durch den Ruach, den Geist Gottes zum Auftrag gerufen ist, das Volk wieder sammeln. Gott ist das Licht der Völker – Dies ist sein Auftrag, seine Botschaft, die er frustriert den in Babylon angepassten Judäern zu verkünden hat. Wie mühsam das gewesen sein muss, davon spricht ja der Text: (V4) „Ich aber dachte, ich arbeitete vergeblich und verzehrte meine Kraft umsonst und unnütz.“

Was soll man sagen, wenn alle anderen sich von Gott, dem Volk und der Tradition abwenden?

Die Botschaft ist einfach: Gott hält – trotz aller aktuellen Erfahrung – die Fäden der Zukunft in der Hand. Deine Aufgabe ist Zuversicht und nicht zu verzagen, sondern zu vertrauen; dem der das Licht der Völker ist.

3.      Christus

Als Christen sind wir schnell dabei diesen Jesus von Nazareth als Licht der Völker zu sehen. So einfach ist es aber nicht.

Zunächst scheint das Licht den Judäern, die schon in 5 Jahren wieder nach Juda dürfen (ohne es zu wissen); weil ein noch größerer Hai; nun die Perser mit dem König Xerxes, den babylonischen Staat besiegt.

Für uns Christen ist es aber auch einfach: Wir können in dieser Zusage des Knechtes Gottes auch Jesus als Christus als das Licht der Welt, der den Völker, das Licht dieses Gottes der Juden gebracht hat. Ja. Das Licht des Gottes der Juden. Dessen Kinder sind wir; auch wenn wir so tun als ob dieses Erbe vergessen wird.

Jesus ist Jude. Ebenso Petrus und Paulus und alle die Anderen. Sie sind es, die in Christus das Licht Gottes zum Licht für die Völker werden lassen. Es ist die NEUE Ansage, das Neue Testament, die Hoffnung, Glaube, Zuversicht und Gottes Gnade an alle Welt verkündet.

4.      Heute

Diese Botschaft der Zuversicht, der Gnade steht heute im Mittelpunkt der Predigt, des Predigttextes. Egal, wie viel Angst wir haben. Egal, welche Zeichen der Zeit sich in unser schwaches Herz bohren. Und egal, welche Hoffungslosigkeit es beim Glaubensverlust in Raunheim zu geben scheint. Die Hoffnung ist einfach und die Botschaft ebenso: Wir sind die aufgerufenen als Gottes Bodenpersonal, damit der Laden am Laufen bleibt. Sicher passiert nicht immer das was wir wollen.

Nicht immer mag man den Pfarrer, den Kirchenvorstand oder diese oder jene Aussage; oder auch Veränderung. So what? Also was solls?
Nicht der Pfarrer ist das Heil, weder der von heute noch von Gestern. Alles Madensäcke, vergänglich wie Luther sagt. Hoffnung hofft nicht auf Vergänglichkeit, sondern auf die Beständigkeit im Evangelium.
Kirchenvorstand – bringt kein Heil, sondern übernimmt zeitlich Verantwortung. Es ist also nicht unsere Aufgabe einer Welt zu gefallen, die sich vor Menschen, vor Veränderung oder vor Unsicherheit ängstigt. Unsere AUFGABE ist es dieser jammernden Welt  eine Ansage zu machen.

Jede derartige Ansage ist zu UNZEITEN. Wir sollten uns nicht davon schrecken lassen, beim Geburtstag, auf der Arbeit, Straße oder wo auch immer uns der Ansage bewusst zu sein, wenn Menschen zurückgesetzt werden, wenn Völker, Personengruppen oder Andere allgemein verächtlich gemacht werden. Es ist unsere Aufgabe dann eine Ansage vom Licht der Völker zu machen. Wie? Vielleicht so - leise, bestimmt und klar. Wir sagen an ...

Ansagen: Wie im Adventslied, also einem Lied, dass die Ankunft unserer Hoffnung ausdrückt: „Wir sagen euch an den lieben Advent“. JA, dieses Lied sagen wir Raunheim an, das Kommen der Hoffnung Gottes, welches NIE verschwunden war. Das ist die Aufgabe, ob wir 10, 30, 60 oder 90 Jahre alt sind.  (Erste Strophe singen – EG 17) Wir sind das scharfe Schwert, der spitze Pfeil und die, die das Licht den Völkern in Raunheim zu bringen haben, wie der zweite Jesaja es heute sagt. Im großen wie im Kleinen. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist der Auftrag und das ist die Aufgabe. Und eines sollten wir nie vergessen. Wir dürfen diese Aufgabe mit Freude, Spaß und Zuversicht erledigen.

Na, denn. Amen

Herr, öffne unsere Herzen für dein Licht. Schenke uns erquickliche Zungen des Bezeugens deiner Botschaft, mache uns zu Lichtern deiner Gerechtigkeit. Amen.