26.11.2017 - Ewigkeitssonntag

Thema: Was wiegt Gerechtigkeit?

Lk 12, 42-48

 

42 Und der Herr sprach: Wer ist nun der treue und kluge Verwalter, den der Herr über sein Gesinde setzt, dass er ihnen zur rechten Zeit gebe, was ihnen an Getreide zusteht?

43 Selig ist der Knecht, den sein Herr, wenn er kommt, solches tun sieht.

44 Wahrlich, ich sage euch: Er wird ihn über alle seine Güter setzen.

45 Wenn aber jener Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr lässt sich Zeit zu kommen, und fängt an, die Knechte und Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich vollzusaufen,

46 dann wird der Herr dieses Knechts kommen an einem Tage, an dem er's nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt, und wird ihn in Stücke hauen lassen und wird ihm sein Teil geben bei den Ungläubigen.

47 Der Knecht aber, der den Willen seines Herrn kennt und hat nichts vorbereitet noch nach seinem Willen getan, der wird viel Schläge erleiden.

48 Wer ihn aber nicht kennt und getan hat, was Schläge verdient, wird wenig Schläge erleiden. Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen; und wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern.

 

 

1.       Einleitung

Was wiegt Gerechtigkeit? Wenn wir Gerechtigkeit auf eine Waage legen würden, was wäre die Anzeige an der Skala?

Was wiegt Gerechtigkeit, wenn ich mein eigenes Leben oder auch das Leben des Verstorbenen, den wir heute gelesen haben oder die Entwicklung unseres Lebens oder der Kirche oder auch des Lebens seit dem Tod des Verwandten, des Mannes, der Ehefrau, des Vater, der Mutter, des Freundes, der Freundin Revue passieren lassen?

Was für ein Gewicht lastet auf mir, meiner - sagen wir - Seele, meiner heutigen Existenz? Wie schwer oder wie leicht ist diese Gerechtigkeit, die ich mit mir im Leben rumschleppe. Wie schwer ist es, wenn man meint, nicht gerecht vom Leben, auf der Arbeit, beim Erbe oder überhaupt behandelt zu werden.

Was wiegt Unrecht und Ungerechtigkeit? Wie schwer haben wir an Dingen zu tragen, die uns auferlegt sind.

Wie haben wir mit Entscheidungen, Erlebnissen oder auch Erzählungen zu kämpfen, die uns in unserem Innersten berühren, angehen und auch ins Straucheln bringen können?

Wie gehe wir damit um, dass die Welt sich ihren eigenen Weg sucht, Wahrheit, Gerechtigkeit und Verlässigkeit ins Recht oder Unrecht zu setzen? Wie gehen wir damit um, dass wir nun in einer Welt voller Einfachungen, voller Unzulänglichkeiten und voller Bosheit unseren Mann, unsere Frau stehen müssen, obwohl die Mehrzahl sich allein in einer Zuschauerfunktion belässt.

Jüngst bin ich gefragt worden: Wie hält man das aus? Wie hält man das aus, dass die Welt gegen alle Wahrheit und Gerechtigkeit und Verlässlichkeit gegen einen agiert? Wie kann man Leben, wenn Lüge öffentlich gesagt, geduldet und noch weiter getratscht werden kann.

Ich habe gefragt: Wie hält man es aus, den Tod eines geliebten und nahen Menschen über die Zeit nach dem Sterben zu verkraften? Wie lebt man mit dem Bewusstsein, dass die Stimme, das Lachen, die Nähe und letztlich die Geborgenheit der Gewohnheit mit dem Tod des Ehepartners, der Eltern, Kinder, Freunde.

Letztes Jahr stand ich hier mit Krücken, einer Schiene, einer abgerissenen Achillessehne - und mit dem unmittelbaren Tod meines Vaters einen Monat zuvor.

Nun - ein Jahr später sind die Krücken und die Schiene für alle sichtbar verschwunden. Aber - und das wissen alle die Trauer als Gefühl wahrnehmen - die Verletzungen, die Krücken, die Narben und die Tränen bleiben. Wie lange? Ich weiß es nicht. Denn Gerechtigkeit ist nicht in der Welt, weil die Welt keine Zeit für Gerechtigkeit, keine Zeit für Trauer, keine Zeit für Wahrheit hat.

2.       Predigttext

Unser Predigttext heute beschäftigt sich mit dieser Frage dem Gewicht, der Gravität (Gewichtigkeit) von Wahrheit, Gerechtigkeit und Verlässlichkeit. Letztlich geht es dabei um eine Frage: Wo stehe ich? Wo stehe ich, wenn es darum geht in dieser Welt verlässlich, gerecht und wahrhaftig zu sein? Wo stehen Sie? VORLESEN

Aus unserem heutigen Predigttext wird die Intention des Evangelisten Lukas überdeutlich. Er hört sich auf den ersten Sound komisch an, aber es geht nur um die Frage: Wie ist es mit dir? Wie verlässlich, gerecht und wahrhaftig bist du, wenn es um die Hoffnung in Christo geht?

Das ist die Botschaft des Lukas. Er schreibt ca. 50 Jahre nach der Kreuzigung und der Auferstehung Christi. Unser Lukas ist möglicherweise der Begleiter des Paulus auf der zweiten Missionsreise wie in der Apg. 16 beschrieben ist. Sofern er das ist, schreibt er nun auch 20 Jahre nach dem Tod des Paulus sein Evangelium auf. Sein Evangelium welches die wesentlichen Stationen Jesus nicht mehr in der Naherwartung, also dass Jesus nach der Himmelfahrt bald wieder zurückkehrt, sondern in einem anderen Bewusstsein.

Seine Botschaft ist einfach an die Christen, die seit 50 Jahren auf die Wiederkunft warten und deshalb sich der Welt abwenden!

Was sitzt ihr auf gepackten Koffern? Lebt in der Welt und seid: verlässlich, gerecht und haltet es mit der Wahrheit.

Wahrheit: Kreuz und Auferstehung sind historische Einschnitte in die Geschichte der Welt, die wir heute und zu jeder Zeit neu interpretieren müssen.

Gerechtigkeit: Weil Christus uns erlöst hat, erhebe dich nicht über andere, sondern trete ein für die Schwachen und Entrechteten.

Verlässlichkeit: Stehe zu deinem Glauben, deinem Auftrag in der Welt für Evangelium, für die Gnade Gottes aufzutreten und einzutreten.

Das ist die Einfache Botschaft heute: Tretet ein - weil Gott für euch in Christus eingetreten ist.  

Tretet ein in seine Gerechtigkeit, seine Wahrheit und seine Verlässlichkeit, das ist die einfache Botschaft.

3.       Christologische Aussage

Einfach? Ist das wirklich einfach?

Nun - was einfach ist, hängt häufig davon ab, wie man, wie ich mich in eine Ecke drängen lasse, selbst hineindränge oder hinein gedrängt werde. Die Frage der Beständigkeit, der Aufrichtigkeit, der Klarheit als die Ausprägungen für verlässlich, wahr und gerecht, sind recht einfach im evangelischen zu beantworten.

Bleibt am Ball, weil Christus für euch eintritt. Seid getröstet, weil er für euch der Trost sein will und sein wird. Lasst die Welt weltlich reden, denn auch wir müssen einst den Weg gehen, den unsere Angehörigen dieses Jahr gegangen sind. Den Weg durch den Tod hindurch zum Leben.

Und ich kann es nicht häufig und oft und direkt genug sagen. Würde man das ganze Evangelium auf einen Satz reduzieren, einen Satz, den ich bei der Beerdigung meines Vaters in den Mittelpunkt der Botschaft erstmals stellen durfte. Ein Satz der so einfach und so groß ist, wenn man ihn zulässt, ihn vertraut und ihn im Evangelium annimmt. Diese Kernbotschaft des Evangeliums lautet: Das Leben geht weiter.

Das Leben geht weiter - gesprochen am Sarg, an der Urne bedeutet nichts anderes als das unser Leben keinen Tod mehr kennt. Tod wo ist dein Stachel. Die, die uns vorangehen, werden uns einst begrüßen. Das ist die Botschaft.

Und das Leben geht auch hier weiter; mit Trauer, mit Schmerz, mit schwerwiegender Gerechtigkeit und unwahren Sätzen.

Das Leben geht für uns weiter, hier auf Erden, hier in Rauheim, hier - wo immer wir leben und stehen.

Dieser banale Satz, das Leben geht weiter, ist in unserem Glauben so gewaltig, so groß, so mächtig, dass er den Abgrund des Todes mit der Brücke der Auferstehung überspannt. All das ist nicht Hoffen, sondern Hoffnung; also Gewissheit, für uns alle.

4.       Heute

Was wiegt nun unser Leben in den Händen des gerechten, des wahrhaftigen Gottes. Des Gottes der Verlässlichkeit in Christus in die Welt bringt?

Welches Gewicht haben wir im Angesicht dieser Verheißung?

Werden wir mit der Gerechtigkeit, die wir in der Welt anbringen und aufbringen in die Arme Gottes schweben?

Sind wir so Wahrhaftig, dass die Menschen bei sich denken. Wow - das ist keine Belastung, kein Niederdrücken, kein falsch Zeugnis reden wider den nächsten.

Sind wir verlässlich, dass Gott auch zu uns stehen mag, nicht weil wir seiner Gnade nicht bedürfen, sondern weil wir zu dem stehen, was uns zugesagt ist:

Er war der Rechte zur rechten Zeit, weil er sich als Zuverlässig erwiesen hat.

Sie war diejenige, die Wahrhaft gutes getan hat, nicht um sich zu retten, sondern andere.

Die Frage ist und bleibt: Wo stehe ich? Und wo stellt mich Gott hin?

Heute am Ewigkeitssonntag ist es die Frage für uns. Weil die, die wir betrauern, bestattet und in Gottes Hand übergeben haben, sind voraus.

Wir folgen. Das ist gewiss; nur wie beladen, dass ist legen wir in Christi Hand.

Herr, schenke Kraft zu verlässlichen Atmen, Geborgenheit zu Wahrheit, und Liebe zur Gerechtigkeit. Danke Herr, denn das Leben geht weiter. Amen.