Thema: Sinn des Lebens – sinniges Leben (1. Kor. 1, 18-25)

18Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden ist's eine Gotteskraft 19Denn es steht geschrieben: "Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen." 20Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weltweisen? Hat nicht Gott die Weisheit dieser Welt zur Torheit gemacht? 21Denn dieweil die Welt durch ihre Weisheit Gott in seiner Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben. 22Sintemal die Juden Zeichen fordern und die Griechen nach Weisheit fragen 23wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit24denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christum, göttliche Kraft und göttliche Weisheit. 25Denn die göttliche Torheit ist weiser, als die Menschen sind; und die göttliche Schwachheit ist stärker, als die Menschen sind.

1.      Einleitung

Was ist der Sinn des Lebens? Was bedeutet es überhaupt von Sinn im Leben und von Lebenssinn zu reden?

Vergleicht man die Nachrichten, Zeitschriften oder Internetforen, so wird heute häufig über Lebenssinn und die Notwendigkeit von zukunftsorientiertem Handlungen gesprochen, geschrieben und fabuliert.

In jedem Parteiprogramm, das etwas auch sich hält, werden die sinnhaften Zukunftsthemen besprechen. Sinn macht es scheinbar auch von Nachhaltigkeit zu reden. Mittlerweile ist das Gerede von Nachhaltigkeit (gemeint ist eigentlich das engl. Wort sustainability, was aber andere Schwerpunkte als das deutsche Nachhaltigkeit setzt) zu einem wirren Geplapper um alles oder nichts geworden. Nachhaltige Energieerzeugung, nachhaltige Steuer, nachhaltige Bildung und vieles mehr.

Hört man genau hin, Sinn lässt sich in mindestens drei Aspekte zerlegen: Sinn als Sinnes-Wahrnehmung. Sinn als Verstehen & Verständnis von Worten und Sätzen. Sinn als Zielrichtung, Erfüllung des Lebens.

a. Sinn als Wahrnehmung: Dann reden wir in aller Regel von den fünf Hauptsinnen wie Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Fühlen/Tasten. Es gibt aber eine Vielzahl von weiteren Sinneswahrnehmungen wie Gleichgewichtssinn, Gesichtssinn, Temperatursinn (deshalb: gefühlte Temperatur, die dann hinten am Hemd gerade runterläuft). Und je nach Aufnahmefähigkeit schwanken die Informationen, die das Gehirn von den Sinnen verarbeiten, zwischen 1000 Bits bis zu 10.000.000 Bits/Sekunde.

b. Sinn als Verständnis: Sinnige Sätze zu sagen, ist nicht immer ganz einfach. Verstehen und Verständnis haben eine ganz eigene Dynamik. Was einer versteht, will oder kann der andere nicht verstehen. Verständnis gibt es dann schon gar nicht. Die Welt ist voll von Geplapper, von geräuschen und Gerede. Sinnhaftes zu denken, zu sagen oder zu verstehen, wird gemeinhin als besonderen Gabe angesehen. Luhmann, ein Soziologe aus den 1980er Jahren definiert diesen Sinn als „laufende Aktualisieren von Möglichkeiten“. Sinn wäre demnach die laufende Aktualisierung von Möglichkeiten. Im aktuellen Vernetzungszeitalter, in dem die Informationen mit irrsinnigen Geschwindigkeiten durch das Internet, Handy, über die Tageszeiten und Zeitschriften oder durch die LCD Fernseher gejagt werden, entdeckt man auch immer mehr sinnlose Dinge als aktualisierte Möglichkeiten. Dass die Menschen heute eine irrsinnige Menge an Sinnlosem als SMS, als Chat oder Mails absondern, können wir täglich beobachten.

c. Sinn des Lebens: Was ist schon der Sinn des Lebens? Ausbildung, Arbeit, Geld, das eigene Haus, Familie, Politik, Kirche, Glauben oder nachhaltige Energieerzeugung? Was macht das Leben als sinnhaftes Leben aus? Gibt es einen Sinn oder Ziele im Leben? Sind die Ziele auch sinnig für das ganze Leben oder ändert sich diese; vielleicht sogar sprunghaft? Die Diskussion ist vielfältig, was Sinn des Lebens sei.

2.      Textbezug: Christlicher Glaube ist Torheit; un-sinn-ig

Der Predigttext aus dem Korintherbrief des Paulus beschäftigt sich auch mit dem Sinn und dem Lebenszweck, nämlich von Paulus selbst. Paulus ist ein Bote der frohen Botschaft von Jesus als Christus. Jesus als Christius, das heißt Jesus ist der Messias, der Sohn Gottes, der die Welt rettet. Das ist die Botschaft von Paulus. Sie ist heute etwas hausbacken. Zwar oft gehört, aber eben nicht verständlich. In dem heutigen Predigttext fabuliert Paulus über deshalb "Sinn" der Botschaft, die er verkündet. Für Paulus ist das Evangelium denkbar einfach: Es ist un-sinn-ig. Das Evangelium ist für den gebildeten Menschen dümmlich; ja eine Torheit. Das Evangelium, die Botschaft lässt sich nicht wie 1+1=2 zusammenrechnen oder mit logischen Sätzen aus Wahrheit herausarbeiten. Christsein – so Paulus - ist dumm, dreist und töricht; in den Augen der Welt.

Die Welt, in die Paulus damals hineinschreibt, ist die griechisch-römische Welt. Sie ist ein Imperium, gesteuert aus Rom, gedacht mit griechischer Logik, das auf der Basis eines erzwungenen Friedens (dem pax romana) zustande kommt. Demnach werden die Völker von römischen Legionären unterworfen und unter die Hoheit von Rom gestellt. Die Logik dazu liefern die Waffen und die gigantische Wirtschafts- und Kriegsmacht, die der römische Staat aufbieten kann. Die Denkweise und Logik um 50 nach Christus ist im römischen Reich stark geprägt von der eigenen Sinnhaftigkeit und der eigenen Logik überzeugt. Die Errungenschaften der römischen Infrastruktur, der Wasserversorgung, der Architektur und des Transport oder Postwesens sind phänomenal. Und wir sollten heuten nicht meinen, dass die damals Steineklopper waren, während wir als Tastenklopper am PC die Welt bewegen würden.

Wie jede Epoche ihre eigenen Denk- und Lösungsmuster hat, so ist es auch in der Epoche des römischen Imperiums. Dort wird gemessen, politisiert, geplant und realisiert; das ist nicht anders als heute. Sinn macht in diesen Kulturen nur das, was dem eigenen Sinn, den eigenen Ziel nützt. Unsinn ist das Uneigennützige, das, was eben nicht nach dem "normalen Muster" läuft; wie heute.  Das Evangelium, das Paulus verkündet, ist völlig konträr dazu. Denn es geht nicht um den Eigennutz, sondern um das sich wahrhaftig und gänzlich einsetzen für andere; nicht für den Eigennutz. Dies ist das un-sinnige, die Torheit, von der Paulus spricht.

3.      Christologischer Bezug: Leben für andere

Was ist auch heute noch das unsinnige des Christseins?

Die Botschaft ist gleich geblieben, bis heute. Nicht das Prinzip "Eigennutz", sondern der Nutzen des Anderen. Dieses Prinzip hat Dietrich Bonhoeffer als "Leben für andere" oder "Kirche für andere" in seiner Theologie vor 70 Jahren im Nazi-Deutschland dargelegt. Bonhoeffer war selbst ein Überflieger. Mit 17 Abitur mit 23 den Doktortitel. International für die Kirche aktiv. Sein ganzes Leben bis zum Tod im KZ 1945 ist geprägt von der Erkenntnis; Christsein ist ein Leben für andere.

Leben für andere – das ist der Kern der christlichen Botschaft, weil es die Lebenserfahrung als Christ und der Glaubensinhalt durch die unsinnige Tat Jesus am Kreuz bis heute ist. Nicht Macht, Geld, Dinge oder Ideologien sind das Lebensprinzip, sondern die Gestaltung der Zukunft in der Gewissheit, dass ich mich nicht selbst erretten kann.

Gnade wird ohne Verdienst zugesprochen, Heilung ohne Krankenkasse, Sinn-Erfüllung ohne eine Lebensversicherung. Das Leben, das christliche Leben wird geprägt durch diese Erkenntnis, dass das eigene Leben ein Endliches ist und alle Güter, Ideologien und Wünsche zerbrechen an dieser Endlichkeit. Jeder Eigennutz, jede Selbstverliebtheit, jedes Hängen an Dingen wird letztlich scheitern müssen, weil das Leben für sich, der Eigennutz und die Frage nach dem, was es mir bringt, zerbrechen vor der Torheit, die Paulus beschreibt.

Das Evangelium ist so einfach wie töricht: Gott selbst erniedrigt sich, damit wir eine Chance in der Endlichkeit des Lebens haben. Dies lässt sich nicht beweisen oder dogmatisch festlegen (hier irren alle Kirchen!) oder mathematisch nachzeichnen. Diese Erkenntnis ist nicht rational. Sie ist so töricht wie Liebe, Glück oder Zufriedenheit. Nur wenn man es hat, weiß man, dass man es gerade erlebt.

4.      Leben für andere

Was bedeutet dies für uns heute, wenn Paulus uns zu Töricht-Sein aufruft? Die Aufgabe, vor der wir stehen, ist ein Leben für andere zu leben. Sicher brauchen wir uns und unsere Genüsse nicht zu verstecken und jeder toten Sau nachzutrauern, die unser Herz und den Magen – hoffentlich – erfreuen wird.

Es geht um eine einfache Sache. Wir sind aufgerufen, die Torheit der Welt mit unser Sicht- und Handlungsweise jeden Tag neu aufzuzeigen. Es geht um nichts anderes, als fröhlich Zukunft in der Gewissheit der eigenen Endlichkeit zu gestalten. Dummheit, Borniertheit, Eigennutz, Verschwendungssucht, Fehler, Egozentrik darf und wird von uns als solche direkt angesprochen und entlarvt. Das Leben, das eigene endliche Leben hat seinen Sinn im der Entlarvung von Torheit, die sich an irdische, materielle und ideologische Dinge klammert. Wie heißt es so schön. Der Leichenwagen hat keine Anhängerkupplung. Wir werden nichts mitnehmen; außer der Gewissheit:Das, was der Welt als rational, sinnig und erstrebenswert erscheint, wird im Angesicht der frohen Botschaft, weil sie un-sinnig, töricht ist, mit einem negativen Vorzeichen versehen. Was zurückbleibt, ist das gefühlte und nicht mit Geld aufgewogene Leben für andere. Für die Kinder, das Dorf, für die Alten, die Jungen, die anderen und ganz sicher für unser Nächsten. So sei es. Amen

Und die Torheit Gottes bewahre uns vor unserm menschlichen Übermut durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen.