Text: Markus 13, 31-37
Harry Potter hat sich in unsere Sinneswelt geschlichen. Letzte Woche ist der erste Potter Film angelaufen und die Kinder, Eltern und große Kinder laufen in die Kinos. 100 Millionen Bücher wurden verkauft von dem 11-jährigen Jungen, der eine Schulausbildung als Zauberer beginnt und Abenteuerliches bestehen muss: Durch Wände gehen, auf Besen fliegen, zaubern und Fabeltiere bekämpfen. Dort wird eine so völlig andere Welt beschrieben als die, die wir mit unseren Sinnen erfassen können. Sehen, hören, anfassen, riechen oder schmecken sind bekanntlich die 5 Sinne. Harry Potter eröffnet den Blick in eine Parallelwelt, die so gänzlich unterschiedlich zu sein scheint wie unsere alltägliche Welt, in der wir leben.
Heute am Ewigkeitssonntag wird deutlich, dass zum Leben
Sterben und Tod dazugehört. Gerade diejenigen von Ihnen, die im diesem
Kirchenjahr einen Menschen beerdigen mussten, wissen darum Tod eines nahen
Menschen, geliebt oder gelitten, das bedeutet vor allem aber, dass die Sinne,
das Hören der Stimme, das Riechen des anderen, das Anfassen des Körpers, das
Schmecken und das Sehen der Menschen nur noch Erinnerung ist. Die Sinne – all
das, worauf wir heute in unserer aufgeklärten Welt so stolz sind – diese
Sinne fangen an, uns im Stich zu lassen. Erinnerungen verblassen, Gerüche
verwehen, und viele gesagten Worte verschallen in den Erinnerungen. Es tut oft
weh, sich nicht mehr erinnern zu können an das eine oder andere. Und am
schlimmsten ist es dann, wenn man selbst ein Versprechen abgegeben hat, jemanden
nicht zu vergessen. Auch wenn Sie es versuchen, die Erinnerung an die
sinnstiftenden Worte, Gesichter, Gerüche und das Anfassen verblassen.
Tod, das bedeutet den Verlust der 5 Sinne. Das heißt, sich verabschieden müssen
von all dem, was wir gewohnt sind. Die 5 Sinne bestimmen unser Leben. Und doch
scheinen sie das Leben nicht komplett beschreiben zu können. Denn nicht alles lässt
sich in dieser Welt mit diesen 5 Sinnen beschreiben oder erfassen.
Das Vertrauen, das Lächeln, das Geborgenheit auslöst, die Stimme, die im
Innersten eine Sehnsucht eröffnet oder auch der Körper, der ein Verlangen auslöst.
Dies alles lässt sich zwar beschreiben, aber nicht erfassen mit allem was wir fühlen
und sind. Aber von dem Sinn, der hinter den 5 Sinnen steht, mit denen wir messen
und beweisen können oder wollen, wird kaum oder selten gesprochen.
Auch in unserem Text geht es um diesen Sinn, der hinter
allen alltäglichen Erfahrungen und Sinneswahrnehmungen liegt. Es geht im
Predigttext um die Erfahrung der Jünger, dass Jesus nicht mehr „sinnesgemäß“
unter ihnen weil. Tod am Kreuz, die Entrückung in den Himmel. Weg, einfach weg
ist dieser geliebte und geachtete Mensch Jesus.
Als Markus sein Evangelium schreibt ist das schon über 30 Jahre her. Dreißig
Jahre – eine ganze Generation ist vergangen und die Worte dieses Jesus, der
als Sohn Gottes verehrt wird, gehen verloren. Das Aufschreiben in Briefen durch
Paulus und in Biografien, „Evangelien“, ist ein Schritt diese Worte und
Erinnerungen nicht ganz verblassen zu lassen. Gleichsam wie unsere Fotoalben,
Videoaufnahmen, die verstauben und doch uns wieder die Szenen in Erinnerung
rufen, so werden auch die Erinnerungen an Jesus konserviert, damit möglichst
wenig der Erinnerungen verloren gehen. Genauso wie bei uns halten sich dann
Dichtung und Wahrheit die Waage. Was zu Lebzeiten kritisch betrachtet wurde wird
dann zu dem Besonderen hochgehoben. Das ist normal.
Markus versucht in seiner Zeit deutlich zu machen: Versteift euch nicht auf die
Wiederkunft Christi, sondern seit bereit die Erfahrungen und Erinnerungen zu
bewahren und weiterzutragen.
Das kleine Gleichnis mit dem Herrn, der über das Land zog und das eigene Haus
zurücklässt und von den Wächtern fordert, dass sie aufpassen auf das, was den
Herrn gehört, will dieses deutlich machen. Die Wächter, die die das Haus während
des Urlaubes betreuen, müssen nicht besonders wachsam sein, sondern das Haus
mit den Augen des Herrn sehen. Das Haus mit den Augen des Herrn sehen, das ist
die Botschaft, die Markus mit dem Bibeltext aus seiner Biographie zu Jesus
hinterlässt. Erinnert euch seiner Worte, weil der Sinn, der hinter diesen
Worten steht, vergeht nicht. Seine Taten und Worte dürft ihr nicht verwässern,
nur weil er nicht da ist. Eure Aufgabe ist es in der Nachfolge Jesus den Sinn,
der hinter seinen Worten und Taten stand, weiter zu tragen.
Der Sinn, den es galt und auch heute als Christen noch gilt
weiterzutragen, ist die Botschaft von der Qualität des Leben, das auf Erden und
im Himmel ist. Gott wird Mensch, um dieser Lebensqualität eine Brücke zu
bauen. Es ist eine andere Qualität als die eigene westliche Lebensqualität. Es
geht um die Erfüllung des Sinnes des eigenen Lebens im Diesseits und im
Jenseits. Dass, was wir mit unseren 5 Sinnen erfassen, ist eben nicht
ausreichend für die persönliche Lebensqualität. Wenn es so wäre, ginge
irgendwann diese Qualität verloren. Sie würde spätestens mit dem Tod
beerdigt.
Die Botschaft ist die Botschaft der Lebensqualität über den Tod hinaus. Es
gibt Liebe hinter dem Schmecken und Anfassen des Anderen. Es gibt Geborgenheit
hinter dem Ansehen und Riechen eines Vertrauten. Es gibt Heimat hinter dem Hören
der Weihnachtslieder. Der Sinn, der hinter den 5 Sinnen steckt, macht die Qualität
des Lebens aus. In Christus kann diese Qualität, dieser Sinn des Lebens, auch
schon in diesen irdischen Leben erfühlt werden. Wie höre ich zu, wie sehe ich
Menschen an, wie fasse ich zu und wie schmecke ich die Speisen – das WIE macht
die Lebensqualität.
Die Qualität des Leben ist die Botschaft, die wir als Kirchen verkünden. Die
Botschaft Jesu ist dabei recht einfach. Alles Jesus nach den überlieferten
Texten getan hat, versucht den Sinn hinter den scheinbar klaren Antworten zu
finden. Die Lebensqualität, der Sinn des Lebens der Menschen, das WIE ist das
Eigentliche des Lebens im Diesseits und im Jenseits sind. Das hat Auswirkungen
auf unser Leben hier, wenn wir uns selbst nach der Qualität des eigenen Lebens
befragen.
Es ist die Frage nach Geborgenheit, Liebe, Beachtet werden, Zuneigung, den
eigenen Platz finden; es ist die Frage nach Vertrauen haben können.
·
Gesetze sind deshalb für die Menschen nicht umgekehrt.
·
Kirche ist für den Menschen nicht für den Pfarrer oder Bischof.
·
Reichtum ist nur dann eine Lebensqualität, wenn der Lebenssinn
den Reichtum bestimmt und
nicht
umgekehrt.
Markus möchte darauf verweisen. Es geht um die Unvergänglichkeit dieser Lebensqualität im Diesseits und Jenseits. Deshalb fordert er uns auf Wächter zu sein. Betrachtet den Sinn, der hinter den Worten liegt. Vergesst Sie nicht und seht die Welkt und die Menschen mit diesen Augen.
Die Erinnerung an einen geliebten oder vielleicht gelittenen Menschen können verblassen, aber niemals, das, was diesen Menschen in seiner Lebensqualität ausgedrückt hat. Diesen Sinn, das „Wie der Mensch gelebt hat“ gilt es aufzunehmen. War es, die Lebensqualität, eine hohle Nuss, dann wird es uns vielleicht kaum berühren. War es aber eine Lebensqualität, die mir Liebe, Geborgenheit, Vertrauen, Heimat, Nähe gegeben hat, dann trage ich sie weiter. Das Leben und der Tod gilt uns als Zeichen, die eigene Lebensqualität zu hinterfragen. Gebe ich Geborgenheit, kann ich mit mir und meinem Körper leben, kann ich anderen Menschen Nähe und Vertrauen schenken – das ist die Frage nach dem Leben und seiner Qualität. Gott hat in Jesus diesen Lebenssinn, diese Qualität gebracht. Sie gilt es zu bewahren und an andere weiterzugeben.
Und das ist die Botschaft am heutigen Sonntag: Erinnere dich. Erinnere dich an die eigene Lebensqualität, denn Sinn des Lebens während wir auf Erden sind und darüber hinaus.
Amen.
Und die Lebensqualität Gottes, welche unser Leben bestimmt, schenke uns den Sinn und die Sinnhaftigkeit im Leben
Amen