Thema: Die Weite der christlichen Freiheit

Psalm 31,9 (Kirchentagslosung) "Du stellst meine Füße auf weiten Raum".

1.         Einleitung

Der Raum. Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2001. Das Raum-Schiff evangelische Kirche veranstaltet seine große Veranstaltung. Thema der weite Raum. Berechnet auf die Ausdehnung des Universums sicher gigantisch. die Forscher berichten davon, dass es Millionen von Erdähnlichen Planeten gibt. Die Dimensionen des weiten Raumes sind scheinbar unendlich. Wir als Menschen erfassen; ja was erfassen wir eigentlich von dieser Weite, die von den Christen dort beschrieben wird.

Was nimmt unser Auge wahr? Wie viel können Sie hier in diesem Raum – Schiff, dem Raum Kirchen Schiff eigentlich erfassen? Was sehen wir? Lassen Sie uns einen Test machen. Wie viele Engel hängen an der Orgel? Wie viele Menschen sind heute in Gemeinde-Schiff? Wie viele Bänke/Stühle stehen in der Kirche? Welche Kleidung haben die Menschen an? [Warten]

Na – wie war das mit den Dimensionen, mit dem Wahrnehmen des Raumes und seines Inhaltes. Wie viel haben Sie von dem Raum wahrgenommen? Es ist einfach so, dass wir nicht alles wahrnehmen und aufnehmen können, weil wir nur eine gewisse Anzahl von Aufnahmekapazität haben. 250.000 Menschen und jeweils ca. 150.000 bis 200.000 Menschen haben den Kirchentag bevölkert. Haben Sie dazu gehört? Über 30.000 Beteiligte, vom Posaunenbläser bis zum Müllentsorger, vom Bundestagsabgeordneten bis zum Kleinkind, vom Manager bis Taubstumme. Der weite Raum ist teils gewichen der Hitze, Nähe, überfüllte Räume, Gedrängel, Menschenmassen - das sind einerseits die Attribute des Kirchentages. Auf der andere Seite gibt es Meditationen, Gottesdienste und musikalische Angebote, die zur Besinnung einladen.

2.         Textbezug

Du stellst meine Füße auf weiten Raum - dieser Vers aus dem Davidpsalm 31 ist das Motto des Kirchentages. Der Psalmbeter vom Psalm 31 beschreibt sein Vertrauen in den Gott an den er glaubt. Er beschreibt die Eingrenzungen des Lebens. Die Bedingungen, unter denen Leben funktioniert, enthält Aspekte der Freude, Trauer und Trost. Der Psalmbeter sieht in Gott den starken Fels, die Burg auf di erbauen kann. Er verschränkt sich in die Tiefe dessen, der im Alltag, im Handel, im Tun und Lassen, nicht direkt sichtbar wird.

Die Netze und die Strukturen, die diesen Menschen gefangen halten, ruft der Beter zu dem, von dem er Hilfe, Rettung und Trost erwartet. Wenn Sie auf das Blatt sehen mit dem Auszug aus dem 31 Psalm, dann können Sie die Worte entdecken, mit dem der Beter dies ausdrückt: Errette mich; leite mich, erlöse mich, nimm mich an, stelle mich, hilf mir. Und die Aussage „ meine Zeit steht in deinen Händen“. Der Beter widmet sich Gott. Er redet von der Verbundenheit mit Gott und der Freiheit des Menschen im Horizont der Welt. „Füße - soweit sie tragen“, „Gedanken - soweit sie gedacht werden“, „Gefühle - so umfassend wie sie gelebt werden“ - das ist die Beschreibung der Freiheit, die Gott den Menschen gibt. Gott stellt unsere Freiheit auf weiten Raum.

3.         Christliche Freiheit

 Als christliche Aussage liegen dem zwei Aspekte zugrunde:

- Freiheit im Glauben

- Grenzen im Handeln

1. Die Freiheit eines Christenmenschen ist unbegrenzt, weil Gott uns das Vertrauen zuspricht. Keine Gesetze, Regeln oder moralischen Vorstellungen hemmen unsere christliche Freiheit.  Keine Bedingungen sind an die Liebe Gottes gesetzt. Nicht ein „quid pro quo“ (Etwas erhalten nur durch eine Gegenleistung) bestimmt das Verhältnis zwischen Gott und uns Menschen. Gott schenkt uns - ohne Gegenleistung - in Jesus Christus sein Vertauen.

Kein 'Dealen', keine Vorbedingungen, nichts Kleingedrucktes belastet dieses Freiheit im Glauben. Es war Martin Luther, der diese Glaubensansicht zum reformatorischen Grundprinzip erhob und als evangelisches Proprium (Identität) aussprach. Bis heute spielt diese individuelle Freiheit im evangelischen Glauben ein entscheidende Bedeutung. Christliches Leben ist somit auf weiten Raum gestellt. „Alles ist erlaubt“ wie selbst Paulus im 1.Korintherbrief in Kapitel 6 Vers 12 feststellt.

2. Grenzen des Handeln

Trotz unserer absoluten Freiheit im Glauben unterliegen wir als Menschen hier in dieser Welt gewissen Regeln, Gesetzen und Vereinbarungen. Sie dienen dazu das gemeinsame Leben zu regeln. Was nehmen wir wahr? was können wir wirklich wahrnehmen? Wie eingeschränkt ist unsere Sicht und unser Tun. Wir haben alle den blinden Fleck. Einen Fleck, der uns sichtbar eigentlich vor Augen ist, aber den wir nicht sehen. Den Raum sehen wir wohl, die Freiheit, die Möglichkeiten. Aber allzu leicht verlieren wir dann wichtige Aspekte aus den Augen.

Lassen Sie uns ein kleines Experiment machen. Auf der Rückseite des Blattes sehen Sie 2 Punkt links und rechts, die ein Kreuz oder Pluszeichen in der Mitte haben.

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Verdecken Sie mit der rechten Hand Ihr Rechtes Augen (nicht zu fest zudrücken). Und beachten Sie das Kreuz in der Mitte. Wenn Sie nun das Blatt ca. 20 cm vor Ihr Gesicht halten verschwindet der linke Punkt, obwohl er da ist. Bewegen Sie das Blatt langsam hin und her, wenn es nicht sofort funktioniert. Es gibt einen Punkt, wo Ihr Auge aufgrund der Krümmung des Augapfel und der Verteilung der Sehnerven diesen Punkt nicht wahrnehmen – obwohl er direkt vor Augen ist. (Warten)

Sie können das auch mit dem linken Auge tun, dann verschwindet der rechte Punkt. Ab und zu erfordert dies etwas Übung. Bei wem verwindet der Punkt? (Übung notfalls wiederholen) Dies ist der blinde Punkt. Der Punkt, wo wir zwar die Freiheit sehen, aber oft vergessen, dass wir nicht alles erfassen können- auch wenn wir das meinen. Die Weite des Raumes, die Möglichkeiten des Leben sind einerlei, aber auch die Grenzen und blinden Punkte der eigenen Sicht wahrzunehmen etwas anderes.

4.         Übertrag

Die christliche Freiheit, aus der wir leben, ist ein Geschenk. Das heißt aber, Freiheit bedeutet auch immer die Freiheit des anderen. Der weite Raum, den ich betrete, kann vielleicht von  anderen Menschen belegt sein. Oder die Freiheit, die ich mir nehmen will, verletzt andere; ob im Beruf, im Alltag oder in der Partnerschaft.  So sind die eigenen Grenzen  dort zu sehen, wo ich die Freiheit der anderen einschränke.

Weil die Freiheit, die Gott uns geschenkt hat, uns auch in anderen Menschen gegenübertritt, sind die Grenzen bestimmt. Deshalb ist unser Individualismus nicht grenzenlos, sondern orientiert sich an der Freiheit, die Gottes meinem Gegenüber schenkt. Für uns heute bedeutet dies, die Verantwortung im Umgang mit der christlichen Freiheit zu leben.

Es gibt Menschen, die leben vor unseren Augen, die wir aber nicht wahrnehmen. Dass ist nicht unbedingt der Bettler an der Straße, sondern der Kollege, der seine Arbeit im Verborgen tut. Die Frau, die sich für die Familie einbringt. Die Alten, die an uns vorüber ziehen, bis wir selbst zu ihnen werden. Die Taubstummen, von denen ich einen brillanten Maler traf, mit dem ich aber keine gemeinsame Sprache hatte. Ich braucht einen Dolmetscher für das Sprechen und Verstehen mit einem Deutschen. Ein blinder Fleck meiner Wahrnehmung bisher.

Die Überwindung des blinden Flecks eröffnet die weite des Raums. Das beachten der Menschen, die schon und mit mir diesen Raum betreten – das ist Herausforderung. Und niemand sagt uns, wann wir den blinden Punkt haben. Bei der Wahl der Arbeit, des Partners, der politischen Einsicht, des Umgangs mit mir selbst. Deshalb bleibt unsere christliche Freiheit: Die eigenen Grenzen zu setzen und Grenzen zu verschieben. Das Blatt zu verschieben, denn dann sehe ich mehr, dann stellt mich Gott auf weiten Raum.

Und das ist die Botschaft für den heutigen Sonntag:

Stelle dich auf weiten Raum, bemerke die eigenen blinden Punkte und öffne dich mit deinem Nachbarn und Nächsten für Freiheit Gottes.

Amen.

Und die Freiheit Gottes, die unbegreiflicher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus unserem Herrn. Amen