Thema: Entdecke deine Möglichkeiten

Predigttext: Johannes 21, 15-19

1.         Einleitung

Was haben Sie heute morgen gesehen als Sie in den Spiegel schauten? Hat es Ihnen gefallen, was Sie gesehen haben? Waren Sie zufrieden? Oder gab es dort Defizite? Oder was können sie nicht? Wo haben Sie linke Hände oder nur eine ausgeprägte linke Gehirnhälfte? Wo sollte man Sie nicht dranlassen? Wo sind Sie gänzlich ungeeignet oder nicht einsetzbar? Was sind die Defizite, die Sie haben? Auf was lässt sich ein Mensch ein, wenn er mit Ihnen zu tun hat? Wer heute einen höher dotierten Job haben möchte, muss sich zwangsläufig einige Testverfahren unterwerfen. Neuhochdeutsch sind das Assessment. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als der Test, welche Kompetenzen ein Mensch hat, der sich für einen bestimmten Posten bewirbt. Das geht schon los im Jugendlichen Alter mit der Bewerbung um eine Ölehrstelle, ein Auslandsjahr oder für einen Ferienjob. Es gibt Kriterien, die wir und auch andere haben, nach denen wir uns Menschen als Geschäftspartner, als Lehrlinge, als Freunde oder als Bekannte aussuche.

Auswählen, Menschen und Dinge beurteilen, das tun wir jeden Tag.

Wir haben Kriterien, nach denen wir Beurteilungen vornehmen. Dies geschieht nicht nur im Beruf, sondern auch im Privat – und Alltagsleben. Freunde bekommen und auswählen, ist etwas, was vorkommt. Die Kriterien aber, mit denen wir auswählen sind meistens negative Kriterien. Menschen nicht riechen können, eine besondere Art, die mir nicht gefällt. Die Sprache oder das Aussehen sind solche Auswahlkriterien. Negativauswahl ist meistens das Kriterium, nach dem wir messen. Der Ursprung ist ganz einfach. Wir werden dazu erzogen, negativ auszuwählen. Positive Auswahl geht schwieriger. Lassen Sie uns das mal probieren: Wann haben Sie zum letzten Mal einen Menschen gelobt? Wann haben Sie jemanden die positiven Seiten seines Tuns, Aussehens gesagt. Bitte – es geht nicht um Kinder. Dort können wir sehr wohl noch loben. Aber das hört auf so mit 6, 7, 8 10 Jahren. Der Auslöser ist einfach. Die Schule, damit beginnt das richtige Leben. Und richtiges Leben bedeutet, dass man bewertet wird. In Deutschland bewerten wir in der Schule Fehler. Noten werden verteilt nach Anzahl der Fehler. Ohne Fehler – das ist selbst für eine sehr gute Leistung an der negativen Sicht gemessen. ic könne – wie es andere Länder machen – auch positiv bewerten. Stellen Sie sich vor, ihr Kind käme nach Hause und hätte 68 % Leistung. 68%. (Pause). Wenn Sie jetzt 32 % Fehler hören, dann haben Sie negative Auswahl getroffen, nicht eine positive. Schlimm ist das nicht, denn dadurch arbeiten wir schnell an den Fehler oder wir wissen wer schuld war, dass es nicht funktioniert hat.

2.         Textbezug

Auch Jesus führt hier im Bibeltext nach Johannes eine Assessment Center durch. Der Job, der zu vergeben ist, ist der Job des Papstes. Freilich gab es damals noch keinen Papst und noch keine römische Kirche. Aber diese Bibelstelle ist die Begründung für das Papsttum und die Vorherrschaft des Bischofs von Rom.

Jesus macht das schon intelligent. Hast du mich lieber als die anderen? ist die erste Frage. Und wenn Sie genau hinhören, merken Sie das Assessment, den Test. Hast du mich lieber - das ist die Frage nach der Selbsteinschätzung des Simon. Wie sieht er sich selbst im Verhältnis zu den andern Jüngern. Eine Falle baut Jesus hier geschickt auf. Wer Hirte sein will, muss auch dienen können. Also darf sich nicht besser als die anderen ansehen.
Hast du mich liebt? – die zweite Frage fragt nicht nach Simons Selbstverständnis, sondern nach den Wurzel. Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb? Verleugnet Simon seine eigenen Wurzeln, wenn er eine solche wichtige Aufgabe erhält. Nein.
Die dritte Frage wiederholt die zweite. Der Tenor liegt hier auf der Emotion und der Aufgabe. Das Weiden der Schafe bedeutet nichts anderes als Umgang mit Menschen. Führe. Jesu Auswahl ist nach positiven Kriterien. Die Auswahlkriterien sind keine hardfacts, keine Wissenspunkte, sondern die Gefühlsseite. Jesus testet Emotionen und Verantwortung. Er scheint nach Johannes schlicht von der Managerfähigkeit des Simon überzeugt zu sein. Jesus testet Menschen auf positive Fähigkeiten und nicht auf Defizite – so sieht es der Evangelist Johannes. Es geht ihm nicht um die Dinge, die er nicht kann, sondern um das, was die Stärken eines Menschen sind.

3.         Christliche Kompetenzen

Das Menschbild, das uns als Christen prägt, ist nicht den modernen Menschbild entnommen. Nicht der perfekte Mensch steht im Vordergrund. Der Mensch, der zum Ideal durch Werbung und Wirtschaft erhoben wird, sondern jeder einzelne Mensch. Das christliche Menschenbild gestaltet sich durch jeden einzelnen selbst. Nichts von der Stange, sondern jede und jeder ist individuell.

Die einzelnen Fähigkeiten und Kompetenzen sind somit nicht mehr austauschbar. Wir sehen den Menschen, uns, als ein Unikat, ein Einzelfall. Die kleine Marie ebenso wie jeder von uns hier im Kirchengebäude, jeder in Neuenhain, Deutschland oder sonst wo auf dieser Erde – dann erhält das Leben und die Fähigkeiten eines jeden Menschen eine besondere Stellung. Der christliche Glaube sieht in jedem Menschen, das von Gott geliebte Wesen. Dies gilt auch für Menschen, die wir nicht mögen oder die aufgrund ihrer Unzulänglichkeiten durch unser Raster der negativen Kriterien fallen.  Für jeden einzelnen heißt dies, ich kann auch meine Fähigkeiten schauen und diese Fähigkeiten ausbauen. Ich brauch mich nicht zu verstecken hinter meinen negativen Seiten oder den Ängsten, ich könnte etwas verkehrt machen. Auch wenn nicht alles gelingt, auch wenn das Leben die eigenen Unfähigkeiten in der Partnerschaft, im Berufsleben oder bei der Kindererziehung aufzeigt, bleibt die Frage Jesu an uns alle. Die Frage nach der eigenen Aufgabe und dem Ausbau der Fähigkeiten.

Nicht die negative Wahl – die Selektion des Schwächeren – ist die christliche Botschaft, sondern die Unverwechselbarkeit ist die entscheidende, sondern die Ausbau der Kompetenzen. Dies geschieht immer im Blick auf die anderen Menschen, weil auch mein Nachbar in der Kirchenbank die christliche Freiheit im Glauben genießt.

4.         Entdecke deine Möglichkeiten

Immer wieder erlebe ich Menschen, die sich nichts zutrauen. Menschen, die an sich und an ihrer Situation verzweifeln. Eine zerbrochene Partnerschaft, ein missglückter Bewerbungsversuch, eine Sackgasse des Leben, die scheinbar keine Lösung mehr bereit hält. Bis zu der Tragik, dass Menschen die negativen Stimmen in sich überhand werden lassen und dem Leben keinen Sinn mehr abgewinnen können. Es gibt Momente im Leben, die Krise, Trauer, Unfähigkeit, Negatives ausstrahlen. Ich weiß nicht, wo sie sich gerade befinden. Für uns als Christen gibt es die Hoffnung, dass die Sackgasse auch eine Öffnung hat. Die Öffnung liegt bei einer Sackgasse vor uns. Wir müssen nur die Fragen, das Denken und uns selbst umdrehen. Nicht der Blick auf das Negative, auf das Ende der Mauer, sondern die 180 Grad Drehung ist angesagt. Der Blick in die Richtung der eigenen Möglichkeiten. Was kann ich? Was kann ich noch ausbauen? Auch die Frage, wem kann ich mit meinen Fähigkeiten helfen? Welche unverwechselbare Kompetenzen haben Menschen? Das sind die Fragen, die wir in die Welt hineinstellen müssen. Es ist schlicht unsere Aufgabe, für die Möglichkeiten, das was Menschen leisten können, einzutreten.

Was können Sie uns schenken mit Ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten. Und selbst das Lächeln der kleine Marie oder Anna Lena sind Geschenke, die das Positive, der Weg unserer Möglichkeiten eröffnen.

Das ist die Botschaft für heute: Frage dich nach deinen Möglichkeit und helfe anderen auch diese zu finden.

Und Gott dessen Vernunft unsere Möglichkeiten eröffnet, bewahre unsere Herzen und Sinne in Ewigkeit. Amen.