Predigt am Sonntag Okuli (18.3.2001)

Thema: Gelassenheit

Predigttext: Jeremia 20, 7-11(13)

1.         Einleitung

Ich weiß nicht wie es Ihnen geht, aber diese Lackaffen und Dummschwätzer, die zur Zeit durch die deutschen Landen tingeln, finde ich unerträglich. Alle jene meine ich damit, die scheinbar alles besser wissen oder sich permanent in den Vordergrund schieben müssen. Jene die glauben, singen zu können, nur weil Sie schrill sind. Jene, die alles besser wissen und schon immer schlau getan haben. Und wenn ich die Vergangenheit so betrachte, dann habe wir schon so manchen Skandal und manchen Propheten erlebt, der als brennender Busch die Bühne betrat und dann aber als Strohfeuer endete. Die Idole, die gestern modern waren, modern heute vor sich hin. Die Idole von heute werden morgen auch wieder verschwunden sein. Jede Zeit weiß sich selbst in Szene zu setzen. Auch wenn es ein Markenzeichen unserer gegenwärtigen Zeit ist, sich nach vorne zu drängen und die eigenen Vorteile zu betonen, kann das doch schon ziemlich auf den Wecker gehen. Es gibt selbsternannte Fitness Gurus, Gesundheitsfanatiker oder Börsenexperten (meine Güte), Weissager im Zeitalter des BSE und anderer Horrormeldungen. Ratschläge sind gefragt und doch irgendwie gibt es keine klare Antwort, auf die man setzen kann. Der Drang, seine Fähigkeiten zu äußern und sich selbst zu verkaufen, nimmt schon seltsame Züge an. Dort muss ich mich im Container outen, mit dem nackten Hintern auf Tischen tanzen, um „in“ zu sein und zu zeigen, was ich alles kann. Show ist angesagt. Denn dem die Stunde schlägt, darf die Sekunden nicht vergeuden. Auch in Zeiten vor der Wahl werden die steilen Aussagen und Versprechen wieder hervorgekramt, denn schließlich will ich meine Meinung verbreiten. Alles nur Strohfeuer, die morgen erloschen sein werden. Big brother wird wieder abgesetzt und wir überleben es genau so wie „ Wie werde ich Millionär“. Der Hang zur Selbstvermarktung ist zum Trend geworden. Das Feuer, das mit Inbrunst in Menschen lodert, ist eine Stichflamme und morgen tanzen wir dann um ein anderes goldenes Kalb. Selbst mein Sohn berichtet davon, dass er später in eine WG einziehen will, die mit WebCams im Internet übertragen werden soll. Na – da habe ich wohl versagt? Oder war ich auch so?

Wie ist das mit dem Feuer, das in uns brennt. Das Feuer, das uns antreibt?

2.         Situation Jeremias

Jeremia spricht auch von diesem Feuer. Er beschreibt seinen Drang zum Prophetenamt. Wir schreiben das Jahr 600 vor Christus und alles in Juda und Israel scheint drunter und drüber zu gehen. Heere durchziehen das Land. Und das, was gestern noch bestand hatte, ist heute schon Vergangenheit. Jeremia ruft zur Umkehr im Blick auf diese Turbulenzen. Aber die Mehrheit der Menschen in Israel wollen nicht auf ihn hören. Jeremia predigt gegen die Schönredner, die nur trendy sein wollen. Obwohl ihn alle verspotten, kann er sein Klappe nicht halten. Er kann das Feuer, das in ihm lodert nicht unterdrücken. Er kann nicht lassen von dem Wort Gottes, es zu verkünden, weil seine Berufung ist. Es ist seine Lebensaufgabe, der er sich voll uns ganz widmet. Sicher auch Jeremia hat als Prophet eine begrenzte Zeit, aber die gilt es auszufüllen. Es ist – so sagt er – ein innerer Drang. Das Wort Gottes, die Wahrheit und der Blick in die Zukunft treibt den Propheten dazu sind nach außen zu wenden. Ein Feuer brennt in ihm.

3.         Christliche Verkündigung – Feuer und Gelassenheit

Dass wir heute scheinbar in den ev. Kirchen wenig von diesem Feuer haben. ich höre es immer öfter. Statistisch gesehen stimmt das auch. Die Gottesdienstbesucher werden weniger, die Mitglieder treten aus und das Feuer für religiöse Handlungen reduziert sich oft auf eine schöne Feier zur Taufe, Konfirmation, Trauung oder Beerdigung. Was ist das für ein Feuer, das eigentlich lodern müsste und die Welt in Brand stecken könnte? Während Jeremia noch konkret auf geschichtliche Ereignisse verweisen kann, fällt uns das heute schwer. 2000 Jahre und scheinbar nichts passiert seit der Auferstehung. Das ist doch etwas wenig für den heute „Action“ verliebten Bürger. Wen geht es eigentlich von uns noch etwas an, dass dort sich ein Gott an ein Kreuz nageln lässt, um für uns zu sterben. Ist das nicht auch nur eine weitere Action Geschichte ?

Was macht das besondere aus?

Wozu Erlösung, wozu ein Reich Gottes nach meinem Tod. Hier im Leben spielt die Musik, hier gilt es sich zu behaupten und sich durchzusetzen. Hier muss der Spass erlebt werden und hier muss ich meine Punkte sammeln. Selbst wenn es Payback Punkte sind. Und doch gilt diese Botschaft gerade an den Stellen des Lebens, wo Leben nicht so reibungslos und so brav und so tv-like funktioniert. Was ist das Feuer, das uns bewegt? Was ist der Beweggrund unseres Tun und Handelns? Was macht mich, dich, uns als Christen aus? Um es zu verdeutlichen, möchte ich von einem Mann berichten, der ein anderes Bild für mich zeichnet, indem was christlichen Glauben heute ausmacht. Dieser Mensch hat seine Position und sein Feuer lodert hier schon 3 Jahrzehnte. Es geht nicht um das große Schreien von Neuerungen, sondern es geht um das Feuer der Besonnenheit, der Ruhe und der Souveränität. Sicher kein Mensch ist immer ausgeglichen oder gleich gut drauf. Aber eines fasziniert mich: Denn dieser Mensch tut etwas, was der christliche Glaube in unserer wirren Zeit fordert. Nicht mit zu machen, nicht permanent neue Feuer zu entfachen, sondern klare Position auch gegen Trends zu beziehen. Schlicht: christlichen Glauben mit Gelassenheit zu bekennen. Dies ist eine christliche Tugend, weil wir wissen, dass es Gott ist, der uns und die Welt in Händen hält. Wir haben ein Ende und auch jede gemeinsame Zeit findet ihr Ende. Und auch hier ist diese christliche Tugend, die uns als Vorbild so attraktiv scheint gefordert.

4.         Gelassenheit und Freude

Es sind zwei Dinge, die der Predigttext mit auf den Weg gibt:

  1. Besinne dich auf dein Feuer, das in dir brennt
  2. Gewinne Gelassenheit und Freude in dieser Zeit

1. Rückbesinnung

Im Wirtschaftsbereich würde wir nun eine Analyse machen; eine Bestandaufnahme. Wie viele Feuer lodern in der Brust, wenn es um die eigenen Neigungen, Überzeugungen, Wahrheiten und versteckte Geheimnisse geht? Wie viele dieser Feuer bringen jemanden zum Brennen oder ist dessen Feuer und Wärme schon erlöschen? Einstehen für etwas, das ist die Aufgabe, das ist die Richtung. Einstehen für die eigenen Überzeugungen. Und doch gilt es die auch kritisch zu überprüfen. Denn an uns wird diese Welt nicht genesen. Das braucht sie auch nicht, denn das habe wir schon in Jesus Christus erhalten.

2. Gelassenheit und Freude.

Neuenhain verabschiedet sich nächsten Sonntag von einem Hirten, der zu seinem Hirten geworden ist. 30 Jahre prägen. 30 Jahre hinterlassen an allen Orten ihre Spuren. Das ist gut so. Und doch muss sich gerade auch in der nächsten Zeit etwas von der Gelassenheit breit machen, die uns als Christen in dieser Zeit ausmacht; und nicht nur in Neuenhain. Gelassenheit und Freude über das Vergangene. Aber auch Gelassenheit und Vorfreude auf das Kommende. Propheten werde nicht benötigt, sondern das Feuer für die Zukunft. Das heißt auch:

Gelassen sein – gegenüber den Trend der Zeit
Gelassen – gegenüber den Läusen im Kindergarten
Gelassen – im Umgang mit den Kindern und Jugendlichen
Gelassen – beim Streben nach Macht und Reichtum
Gelassen – im Blick auf die eigene Situation, Krankheit oder vielleicht den Tod im Augen.

Bitte – hier geht es nicht um dumme Weisheitssprüche, sondern um die Quelle der Gelassenheit, die uns trägt. Das Leben ist turbulent genug. Wir dürfen aber dabei ein Lächeln auf den Lippen haben; nicht als überhebliche, sondern als Wissende. Lächeln Sie. Zeigen Sie ihre Freude. Denn nur dem, der die Freude nach außen bringt, kann Sie auch verkünden.

Und das ist die Botschaft für den heutigen Sonntag: Wir als Christen sind ein fröhlich-gelassenes Völkchen. Das auszudrücken, das ist heute das Feuer der Verkündigung.

Amen

 

Und der Friede Gottes, der uns die Gelassenheit im Leben schenkt, ist mehr, größer und weiter als alles, was wir erfassen können. Sie bewahre uns in Christus Jesus.

Amen