4. Advent: Johannes 1, 19-28

Thema: Die Mitte des Lebens

1.         Einleitung

Wenn ich mich an meine Kindheit erinnere und Advent und Weihnachten vor mir sehe, sehe ich immer meine Oma vor mir. Ich bin aufgewachsen in einem kleinen Dorf im hessischen Hinterland in der Nähe von Marburg Biedenkopf. Dort gab es viele gute Geister, die das Weihnachtsfest vorbereiteten. Meine Oma backte Plätzchen, sie bereitete das Essen vor. Es wurde immer eine heimelige und warme Stimmung vor und um und nach Weihnachten verbreitet.

Viele fleißige Hände, die im Grunde viele kleine Dinge vorbereiteten, damit wir, wenn nun Weihnachten vor der Tür stand, alles (Essen, Trinken, Schmücken, Freuen) vorbereitet war. Damit wir uns freuen können. Da gab es den Duft von Plätzchen, die gebacken wurden, von faszinierenden Dingen, die mich als Kind begeistert haben. Der Baum, der noch im eigenen Wald geschlagen wurde; das Schmücken des Baumes, die Kerzen und auch das Sichtreffen mit den Nachbarn zu einem kleinen Plausch. Um alles so festlich zu haben, muss es Menschen geben, die im Hintergrund, die kleinen und wichtigen Dinge für das Feiern und das Fest vorbereitet haben. Oft werden diese Kleinigkeiten übersehen, aber sie sind solche Feste und Feiern nicht möglich sind. Das ist wie in einer Kirchengemeinde, wo viele helfende Hände so ein Fest wie Weihnachten oder auch den Bazar vorbereiten. Die Menschen bleiben im Hintergrund und treten gar nicht so direkt in Erscheinung. Und doch sind wir auf diese Menschen, die den Weg bereiten für die Feste und Feiern angewiesen.

Wenn beispielsweise  zu einer Weihnachtsfeier nicht von vielen Menschen etwas beigetragen wird, dann wird eine solche Weihnachtsfeier auch nicht so ablaufen können, wie wir uns das gerne wünschen. Die Vorbereiter, die Wegbereiter, das ist das heutige Thema des Predigttextes.

2.         Text (Johannes 1, 19-28)

Der Text, den ich vorgelesen habe, handelt von Johannes dem Täufer. Johannes - ein Prophet, der als Asket in der Wüste lebte. Die Menschen ruft er zur Buße, zur Umkehr auf. Als äußeres Zeichen tauft er diese Menschen im Jordan. Sein Anspruch ist, dass Mensch sich wieder auf die wahren Werte im Leben besinnen. Ersaht damit, macht euch Gottes Gebote bewusst und zeigt es mit der Bußtaufe, dass ihr menschlich im Horizont Gottes leben wollt.

Die Taufe des Johannes ist eine andere Taufe, als die die wir heute kennen. Er tauft mit Wasser zu Buße. Er ist – nach den biblischen Texten - der Wegbereiter für einer umfassendere Taufe. Johannes bereit die Menschen vor für Jesus als der Gesalbte Gottes. Er ist nicht selbst Christus oder den Gesalbte, sondern er ist der Wegbereiter, Vorbereiter. Er sagt von sich selbst: Ich bin eine Stimme des Predigers in der Wüste und ebene den Weg des Herrn. Ich taufe mit Wasser, nicht mit dem heiligen Geist.

3.         Christlicher Bezug

Johannes ist Vorbereiter, jemand, der in den Hintergrund tritt, in dem Moment, als Jesus die Bühne der Welt betritt. Und wir feiern heute den vierten Advent, im Gedenken daran, dass Jesus auf der Bühne der Geschichte aufgetreten ist. Nicht nur als Prophet, nicht nur als jemand der zur Umkehr und Buße aufruft, sondern als die Mitte der Geschichte selbst. Im Abendland haben wir unsere Zeitrechnung danach ausgerichtet und reden im Grunde von Jahren vor Christi Geburt und Jahren nach Christi Geburt. Es ist nichts anderes als der Ausdruck dessen, dass durch das Eingreifen Gottes in Jesus Christus, die Geschichte eine Mitte erhält.

Eine historische Mitte, von der wir heute am Heilig Abend und an den Weihnachtstagen in den Gottesdiensten hören werden. Gott ist angekommen, mitten in der Geschichte und zwar in Gestalt von Jesus Christus.

Wozu tut das dieser Gott? Warum sollte Gott ankommen in der Geschichte der Menschen?

Es gibt das Alte Testament mit seinen Geboten und Gesetzen – die Bibel des Volkes Israel. Zur Zeit Jesu war die jüdische Religion fest verankert. Es gab Priester und Propheten, eine Verwaltung.

Warum also soll Gott überhaupt in die Geschichte hineinkommen, wenn er schon eine verfasste Religion auf Erden hat? Eigentlich ist doch alles schon geregelt.

Und hier kommen wir zu unserer christlichen Grundbotschaft, dass gerade in Jesus Christus, durch das Menschwerden Gottes (durch das geschichtlich Werden Gottes) die Menschheit eine neue Mitte erhält. Diese Mitte ist ein Geschenk Gottes an alle Menschen. Es ist ein Geschenk und deshalb nicht verfügbar, nicht bestimmbar. Geschenke können nur angenommen und geachtet oder abgelehnt und verworfen werden.

Was ist dieses Geschenk? Nichts von Geldwert oder etwas zum Anfassen, nichts, was dem Modetrend von Weihnachtsgeschenken unterliegt.

Das Geschenk ist das Urvertrauen Gottes gegenüber uns Menschen. Er schenkt sich selbst, weil wir nicht uns selbst retten können.

Wir werden uns nicht selbst Unsterblichkeit, bedingungslose Liebe, unendliche Geborgenheit zusprechen können. Alles, was wir tun, ist eingerahmt in unsere Unzulänglichkeit.

Sicher es gibt Menschen, die meinen alles zu können. Und doch stoßen auch diese Menschen an die Grenze des Lebens. Dieses begrenzte Leben erhält eine neue Mitte durch das Geschenk Gottes in Jesus Christus. Und damit spricht uns Gott sein Vertrauen zu, dass wir unser Leben in dieser Welt und Geschichte gestalten können. Wir müssen nicht mehr nach den Himmel oder einem anderen Paradies der Selbsterlösung streben, sondern wir können, dürfen und sollen diese Welt, unsere Geschichte gestalten. Unser Glaube an dieses Geschenk Gottes eröffnet die Unsterblichkeit, die Liebe und die Geborgenheit; hier und heute.

Wir feiern dieses kleine Geschenk, dieses kleine Baby in der Krippe als Heilsbringer in dieser unseren Welt.

Nicht ein König des Reichtums sondern ein König der Liebe und ein König für die Menschen. Jesus Christus ist die Mitte unserer Geschichte. Er hat den Vorhang am Heiligen Abend aufgezogen für das, was erwartet. Nämlich, das Grundgefühl einer Geborgenheit, die wir auch in kleinen Punkten an diesem vierten Advent oder an Weihnachten spüren dürfen; das Geborgensein in einer Familie, die guten Geister der Vorbereitung, das Sich Geborgenfühlen oder Gehalten von Freunden werden in schwierigen Zeiten.

Die Wärme und Nähe, die Weihnachten ausstrahlt, ist ein Teil dessen, was wir hinter diesem Vorhang erwarten dürfen. Gott ist angekommen, in dieser Welt, in Jesus Christus vor 2000 Jahren. Die Geborgenheit, die Wärme, die wir heute spüren, spüren dürfen, sind Ausläufer dessen, was in der Vergangenheit passiert ist und was uns zukünftig noch bevorsteht.

4.         Übertragung auf heute

Was heißt das für uns heute? Jeder von uns als Christ trägt etwas von dieser Mitte der Geschichte in sich. Und zwar dort, wo wir das Leben gestalten und die eigene Mitte des Leben gestalten.

Im Glauben an Gott, im Glauben an das Vertrauen, das Gott in uns setzt, werden wir gerecht und können als Vorbereiter und als Nachfolger im Glauben tätig werden. Ob das in kleinen Dingen des Lebens ist, wie bei meinen Großeltern, die Weihnachten so perfekt vorbereitet haben, oder ob das in großen Dingen ist, als Mensch des öffentlichen Lebens, als Politiker, als Ehemann, als Partnerin, als Kinder oder als Single.

Wir als Christen sind gefordert die Mitte der Geschichte und die Mitte unseres Lebens zu leben. Das heißt, wir dürfen und können heute auf Menschen zugehen.

Wir sollen das Leben in dieser Geschichte annehmen und genießen, weil es Gott selbst ist, der uns die Augen für das Leben heute öffnet.

Es ist der Mensch, der in der Mitte steht, weil Gott die Zusage dem Menschen gilt. Und deshalb dürfen wir als Christen, egal wo und wann wir mit Menschen in Kontakt kommen, offen auf diese Menschen zugehen. Ich kann, soll und darf mit diesen Menschen reden, lachen und weinen und das Leben teilen.Ob das im Blick der Gesellschaft angemessen ist, oder als normal angesehen wird - das spielt für uns Christen eine untergeordnete Rolle.

Die Mitte der Geschichte ist die Mitte der Botschaft.

Und das ist die Botschaft für den heutigen 4 Advent: Seit die Mitte eures eigenen Lebens, weil Gott selbst vor 2000 Jahren in Jesus Christus zur Mitte der Zeit und Welt geworden ist.

Amen.

 

Und das Vertrauen Gottes in uns Menschen ist höher als all unsere Vernunft. Er bewahre es uns zum ewigen Leben. Amen