Thema: Verantwortung

Predigttext: Jeremia 1, 4-10 (9. Sonntag nach Trinitatis)

1.         Einleitung

Wenn man den Meinungsforschern Glauben schenkt, dann nimmt in Deutschland z.Z. die Verantwortung die Menschen übernehmen ab. Vereine klagen darüber, dass immer weniger ehrenamtliche Mitglieder vorhanden sind, Kirchengemeinden trauern um das Ehrenamt.

Die größte Partei in Deutschland ist die Partei der Nichtwähler. Selbst in Wirtschaftsunternehmen beklagen Führungskräfte verstärkt den Mangel an Einsatzbereitschaft, Verantwortungsübernahme.

Die Freizeitgesellschaft in Deutschland scheint, wenn man dem glauben mag, allen Ortes durchzuschlagen. Die Jugend vor 20 Jahren, die sich kritisch-sozial an dem Geschehen beteiligte (Startbahn West, republikfreies Wendland, Nato-Doppelbeschluss), scheint heute zu einer Jugend verändert zu sein, die um Werte wie Freizeit, Clique, Disco, Techno und anderes kümmert. Aber nicht nur bei der Jugend scheint die Verantwortlichkeit abzunehmen.

Auch in der Scheidungsrate, die so hoch ist wie nie, scheint sich die Verantwortlichkeit und Verantwortungsbereitschaft abzunehmen.

Auch die Geburtenzahlen sinken und man könnte meinen dahinter steckt auch die fehlende Bereitschaft, Verantwortung für Kinder und deren jahrelange Erziehung zu übernehmen. Das gleiche scheint zu gelten für die eigene Bereitschaft und die Verantwortung für die Pflege der Eltern oder alten Menschen anzunehmen. Pflegeversicherung, Altenheimlätze und Seniorenanlagen, die wie Golfplätze aus den Boden sprießen, scheinen dies zu bestätigen. Verantwortung ist nicht immer leicht und nicht immer wird mit der Verantwortung auch eine leichte Aufgabe übernommen. Verantwortung zu übernehmen im richtigen Moment erfordert Mut und Hilfe.

2.         Textbezug

Genauso geht es unserem Jeremia, von dem ich eben den Predigttext vorgelesen habe. Wir schreiben das Jahr um 600 v. Chr. und befinden uns in Jerusalem. Der Staat Juda wird bedrängt vom Syrerkönig Nebukadnezar. Fünf Jahre (605) zuvor hat er das ägyptische Heer geschlagen und die Macht übernommen.

In dieser Situation erhält Jeremia, ein einfacher Beamter, eine Verantwortung übertragen, eine sogenannte Berufung. Gott überträgt ihm die Verantwortung zum König zu gehen, und ihm die Meinung zu sagen, prophetisch zu reden. Und das heißt nichts anderes als ihm vorherzusagen, dass der Untergang besiegelt ist. Das muss man sich nun vorstellen, da wird ein Mensch aus seinem Bezug gerissen, und darf – jetzt mal bildlich ausgesprochen- das Furunkel an einem wichtigen Körperteil des Königs sein. Begeisterung ist bei Jeremia deshalb auch wenig zu spüren. Er hat Angst vor der Aufgabe, obwohl er sich bewusst ist, dass er die Verantwortung für diese Aufgabe übernehmen muss. Sie ist zeitlich begrenzt die Aufgabe, wie so viele Aufgaben im Leben. Und dennoch besteht eine Veränderung für ihn bevor, Herausforderung und Anforderung. Er muss sich angreifbar machen, er muss demonstrieren, dass das, was in der Regierung gemacht wird, keinen langen Bestand mehr haben wird. Er muss den Untergang und das Gericht voraussagen. Es geht also um das Thema Verantwortung und wie ich die Verantwortung im Leben übernehme.

3.         Verantwortung

Verantwortung – das ist das Thema heute.

Was verbirgt sich hinter diesem Begriff ?

Zum einen – geht es um eine Entscheidung, die dann für eine gewisse Zeit ein Verantwortliches Handeln erfordert.

Verantwortung ist also immer zeitlich befristet:
Ob für Verantwortungen im Beruf, wo ich vielleicht eine Aufgabe oder ein Projekt leiten und zum Erfolg führen muss;
oder in der Familie als Mutter oder Vater Verantwortung für eine Zeit für die Kinder oder den Haushalt zu übernehmen;
Verantwortung ist zeitlich begrenzt auch bei einem politischen Amt;
ja selbst die Ehe als eine lebenslange Verantwortung, die begrenzt ist – maximal auf die Lebenszeit des Ehepartners.Und auch im Sport-, Gesang-, oder Kerweverein ist die Verantwortung von Menschen nur zeitlich begrenzt.

Zweitens ist neben der zeitlichen Begrenzung von Verantwortung wichtig wem gegenüber ich die Verantwortung übernehme:
Kindern – zum Beispiel oder den Kollegen im Unternehmen, dem Ehepartnern, den Eltern, oder den Aktionären oder bei der Pfarrerwahl den Gemeindegliedern gegenüber.
Welche Erwartungen hat derjenige oder diejenigen und wie kann ich meine eigenen Vorstellungen dabei mit einbringen.

Und als drittes fordert die Verantwortung eine Ausrichtung auf die Zukunft. Denn Verantwortung zu übernehmen bedeutet, dass ich mich dafür entscheide, Dinge die noch vor mir liegen zu tun oder zu übernehmen.

Wenn ich Verantwortung übernehmen muss, stehe ich in meinem Leben an einem Punkt, an dem ich für das zukünftige Leben eine Entscheidung treffen muss.
Das können Fragen sein über meinen Beruf oder meine Firma sein. Jugendliche, die sich entscheiden müssen welchen Berufsweg sie einschlagen. Ode nehme ich eine berufliche Herausforderung mit allen Veränderungen an. Wie geht es weiter in meiner Beziehung, meiner Ehe oder meiner Familie? Das können Entscheidungen sein, die mein Leben zukünftig beeinflussen. Was mache ich in meinem Rentendasein?

Diese Eckpunkte, die unser Leben bestimmen, fordern von uns Verantwortung. Ich beobachte, dass Menschen die Verantwortung übernommen haben glauben, diese nach zwei, drei Wochen bzw. Monaten zurückgeben zu können, den Vertrag zu Kündigen, die Verantwortung zurück zu geben, damit zu glauben, es sei alles beim Alten. Sicher lassen sich viele Dinge in unserem Leben wieder rückgängig machen, vielleicht mit mehr oder weniger Schmerz, leichter oder schwieriger und dennoch ist die Frage, wie gehe ich an eine Aufgabe, an eine Rolle, an eine Verantwortung die übertragen wird oder die ich mir selbst zuspreche heran und wie erfülle ich die Aufgaben die damit verbunden sind. Jede Aufgabe die wir übernehmen, ist sicher eine zeitgebundene Aufgabe, manche die kürzer, manche die länger dauert.

Gemeindemitglieder erwarten etwas von ihrem Pfarrer und Neuenhain sucht sich zur Zeit für diese Verantwortung die entsprechende Person. Verantwortung für Entscheidungen, die eine ganze Zeit lang gelten können.

Das gleiche gilt auch für das Patenamt. Sie übernehmen Verantwortung; nicht nur für Geschenke zu Geburtsagen oder Feiertagen, sondern auch Verantwortung für dieses Kind und dessen Entwicklung. Begleitung der Eltern bei der Aufgabe der Erziehung. Da zu sein für die Fragen und Sehnsüchte der noch kleinen Carla Henriette.

4.         Christlicher Bezug

Auch in der Botschaft von Jesus Christus wird von Verantwortung geredet. Wir als Christen und Theologen reden davon, dass Gott in Jesus Christus Verantwortung für uns übernommen hat. Das hört sich für uns heute seltsam an, weil ich doch selbst für mich die Verantwortung übernehmen kann. Aber auch wenn wir glauben, das wir alles können und vermögen, so stößt doch unser Können und Tun vielfach an Grenzen. ob diese Grenzen im Körperlichen liegen oder in der Zeit , die uns nicht zur Verfügung steht oder in dem Mitteln, die uns fehlen.

Gott selbst, dass ist die christliche Botschaft, hat die Verantwortung für uns im Leben und über das Leben hinaus übernommen und auch für unsere Grenzen und Unvermögen. Dabei ist die Zusage Gottes ohne eine zeitliche Begrenzung. Sie fordert uns auf im Leben und im Sterben verantwortlich zu sein, auch mit unseren Grenzen. Die Taufe ist das Symbol dafür, dass Gott zu seiner Verantwortung steht und wir uns darauf verlassen können.

Und das ist die Botschaft für den heutigen Sonntag: Entscheide und Verantworte, denn darin spiegelt sich die Zusage Gottes an wider. AMEN.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen